Horst D. Deckert

Folgen der Corona-Politik: Die heimische Baubranche in Bedrängnis

Vor allem in der heimischen Baustoffindustrie machen sich seit Anfang des Jahres Lieferengpässe bemerkbar. „Wochenblick“ hat sich daher mit Thomas Magnet, dem Geschäftsführer eines oberösterreichischen Baustofflieferanten darüber unterhalten, welche Auswirkungen das auf Bauprojekte im Großen wie im Kleinen haben kann.

Herr Magnet, als Geschäftsführer eines Linzer Baustofflieferanten haben Sie von Berufs wegen einen guten Überblick über die Branche. Seit wann sind Lieferausfälle zu bemerken und bei welchen Materialien?

Seit zwei Monaten ist das jetzt schon so, dass wir das aktiv merken. Das betrifft Lieferungen von Eisen und Blechen sowie Holz und alles, was von Erdöl abhängig ist, also Sachen aus PVC und Plastik, Abdichtungen und Dämmstoffe – aber eigentlich quer durch die Palette. In weiterer Folge wird das dann auch die Zulieferer betreffen und Auswirkungen auf andere wie die Automobilbranche haben. Wir haben zum Beispiel gerade einige Lkws bestellt. Die Firma kann uns aber keinen Liefertermin und auch keinen Preis nennen, weil sie selbst nicht wissen, wann sie welches Material zu welchem Preis bekommen werden.

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Was bedeutet das für die Baubranche?

Was da auf uns zukommt, ist gewaltig. Die ersten Baukonzerne stellen schon Baustellen ein und schicken ihre Leute wieder in Kurzarbeit. Die Stehzeiten auf den Baustellen werden zu lange, weil man wochenlang auf Material warten muss. Das Problem stellt sich vor allem bei größeren Lieferungen, bei Kleinmengen läuft derzeit alles normal. Die großen Bauprojekte werden daher als erste davon betroffen sein. Da schaut’s düster aus.

Fallen eher aus- oder inländische Lieferanten aus?

Als Erstes sind uns Lieferanten aus dem Ausland ausgefallen. Da haben manche schon ihre Werke geschlossen und produzieren gar nicht mehr. Vor allem wenn es um den Bereich der PVC- und Dämmstoffe und überhaupt der erdölabhängigen Stoffe geht, funktioniert überhaupt nichts mehr. Dann stürzen sich natürlich alle auf den heimischen Markt, der das so nicht leisten kann.

Probleme für Häuslbauer

Wirkt sich das schon auf Preise aus?

Bei Eisen sieht es beispielsweise sehr schlecht aus. Hier gibt es momentan nur Tagespreise. Das heißt, wenn ich heute Preise für Eisenmasken oder Baustahl-Bewehrungen abfrage, müssen die Morgen nicht gleich sein. Es gibt derzeit keine Planungssicherheit und die Frage wird sein, wer zuerst aufgeben wird müssen: die Firmen, weil sie kein Material mehr bekommen, oder weil sie die Preise, die jetzt bezahlt werden, nicht in die Baustellen einkalkuliert haben? Oder sind es die Endverbraucher, für die das Endprodukt dann um das x-Fache teurer wird? Zusätzlich wird auch die NoVA-Reform (ab 1. Juli auch für leichte Nutzfahrzeuge) am allermeisten die Betriebe treffen. Ein Elektriker, ein Installateur, jede Baufirma zahlt dann ein paar Tausender pro Bus mehr. Auch das muss am Ende irgendwer bezahlen.

Für den Häuslbauer ist davon aber noch nichts zu bemerken?

Na ja, sie merken es schon. Wir haben sehr viele klein- und mittelständische Baufirmen im Einfamilienhaus-Bau. Die merken es, wenn sie den Keller rundherum nicht zuschütten können, weil sie die Kellerdämmung nicht bekommen. Auch die Fassadenfirmen, die ja auch Dämmstoff brauchen, haben ein Problem, weil das Material ausbleibt. Die müssen teilweise die Leute in Kurzarbeit schicken, weil sie die Aufträge nicht abarbeiten können. Also, Arbeit über Arbeit, aber du kannst sie nicht ausführen, weil kein Material kommt.

Wie sieht es mit Lagerbeständen aus? Können die großen Firmen das irgendwie abfedern?

Lagerbestände sind zu vernachlässigen. Seitens der Industrie ist es momentan gar nicht möglich, Bestände aufzubauen. Die Lieferanten sagen dir, du bekommst pro Woche eine Lieferung, aber keine zehnfache Menge, weil das einfach gar nicht geht. Ein Einlagern ist derzeit nicht möglich.

Zusteuern auf Katastrophe

Was sind die Hintergründe für ausbleibende Lieferungen?

Bei Eisen und den Baustoffen, die vom Erdöl abhängen, wissen wir es nicht. Beim Holz glauben wir schon zu wissen, was der Grund sein könnte. Da spielt wieder etwas anderes hinein. Das Handelsabkommen in Nordamerika (NAFTA) wurde, ich glaube noch unter Trump, aufgekündigt. Die Europäer liefern jetzt lieber in die USA, weil sie dort einen minimal besseren Preis für einen Kubikmeter Holz bekommen.

Wie schätzen Sie die Lage für Ihre Branche auf längere Sicht ein?

In der Baubranche muss man sich ansehen, ob sich die Lage irgendwann wieder beruhigt. Wenn nicht, wird die Handlungsfähigkeit früher oder später eingeschränkt sein, gerade bei den Großbaustellen. Die großen Konzerne werden wohl nicht lange warten und ihr Personal in Corona-Kurzarbeit schicken. Das haben sie im Vorjahr auch schon so gemacht und manche fangen bereits wieder damit an.

Ich glaube, wir steuern gerade auf eine mittlere Katastrophe zu. Ich komme gerade von einem Termin mit einem führenden Lastwagenhersteller. Der meinte, die Lage erinnere ihn ganz stark an 2007. Für uns aber am merkwürdigsten ist die Tatsache, dass man in den sogenannten etablierten Medien über diese Situation kaum etwas liest.

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