
Sprachmanipulationen sind für mich zu einer Art Lieblingsthema geworden, seitdem mir deutlich wurde, wie oft ich selbst schon darauf hereingefallen bin. Oft ist es auch eine Frage des eigenen Selbstbewusstseins, ob man sich davon beeindrucken lässt, wenn einem jemand in intellektuell klingenden Worten erklärt, dass „der Regen von unten nach oben fällt”, wie es Manfred Kleine-Hartlage einmal ausdrückte. Wer an seiner eigenen Urteilsfähigkeit zweifelt – und das passiert mir häufig -, der gerät dann schneller ins Schleudern, als ihm lieb sein kann. Nicht jeder hat den Mut, diese Sprachakrobaten als „Narren, Schwindler und Unruhestifter” zu bezeichnen, in dieser Hinsicht empfand ich Roger Scrutons gleichnamiges Buch als sehr befreiend und schlüssig – und seufzte erleichtert auf, dass ich wohl doch nicht so doof bin, wie ich immer dachte. Oder moralisch verkommen, weil ich hinter politischer Korrektheit nicht nur gute Absichten vermutete.
Manchmal stolpert man geradezu über die Beispiele manipulativer Sprache, weil man ihnen – egal, was man liest und schaut – kaum noch aus dem Weg gehen kann. Es verhält sich wie vor der Einführung der Beutelchenpflicht für die Hinterlassenschaften unserer Vierbeiner: Einmal nicht aufgepasst, schon klebte einem was am Schuh. Allerdings konnte man den Hundebesitzern nur Nachlässigkeit vorwerfen, ein Plan steckte nicht dahinter. Hinter den beiden Beispielen, in die ich gestern „trat“, allerdings schon. Das eine betrifft das Thema Islam und Integration an deutschen Schulen.
(Screenshot:Twitter)
Was mag „konfrontative Religionsbekundung” sein? Ich ahnte nichts Gutes, und vor allem musste ich diesmal wirklich kein Genie sein, um zu erkennen, dass an dieser Stelle nicht von Christen, Juden oder Baha’i die Rede war, die ihre Religion zwar auch bekunden, aber nicht so, dass anschließend Nasen bluten oder Tränen fließen – sondern vom Muslimen. Vor allem in Franziska Giffeys rot-rot-grünem Berliner Paradies wird in mancher Schule recht eifrig „bekundet” – und zwar nicht nur gegenüber „Ungläubigen“, sondern auch den nicht ganz so frommen Muslimen… etwa Mädchen, die sich dem Machogehabe der kleinen Schulsalafisten nicht beugen wollen. Nun begann das Elend schon lange vor Frau Giffeys Amtszeit – aber es ist auch nicht erwarten, dass sie etwas dagegen unternimmt- „Bekundung“, das klingt so schön harmlos. Und das Milieu ist immerhin interessant genug, um eine knallharte Fernsehserie daraus zu machen; Berlin bleibt Zentrum des deutschen Films!
Hingegen sind – um zum zweiten Beispiel für praktizierte Sprachmanipulation zu kommen – Menschen, die friedlich für ihre Rechte mit Lichtern in den Händen durch die Städte gehen, angeblich „Protofaschisten“ (diese Dreistigkeit muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen):
(Screenshot:Twitter)
Da gehen also Bürger gerade nicht im Gleichschritt, fordern, dass sich die Regierung zurückhält – und werden deshalb mit den Konservativen der Weimarer Republik verglichen, die mit Hitler liebäugelten. Der „Höcke-Jäger“ Andreas Kemper äußerte gar in einem Tweet zu einem Treffen in Thüringen, an dem Björn Höcke teilnahm, hier würde ein „Umsturz” geplant. Dabei verzichteten die Teilnehmer sogar auf jegliche politische Äußerung; sie wollten einfach durch ihre Präsenz zeigen, dass sie mit der Gängelung durch die Regierung nicht einverstanden sind.
Wir wissen alle, wie es aussieht, wenn die sogenannte „Antifa“ ihren Protest ausdrückt: Dann brennen Autos und Müllcontainer. Wer dem Schwarzen Block nicht rechtzeitig aus dem Weg geht, kann unter Umständen sogar verletzt werden. Bei solchen Bildern denke ich an geplante Umstürze; nicht aber bei den Corona-Spaziergängern. Kann es einen besseren Beweis dafür geben, dass Linke den Diskurs bestimmen, wenn solche Verdrehungen tatsächlich geglaubt werden? „Protofaschistisch”, das hört sich so herrlich bedrohlich an – man unterstellt dem politischen Gegner einfach einmal düstere Absichten, um ihm sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu entziehen. An dieses Grundrecht hat zwar auch der Gesetzgeber durchaus Bedingungen geknüpft – aber gleicher Meinung wie Impfbefürworter sein zu müssen, gehört mit Sicherheit nicht dazu. Friedfertigkeit hingegen schon. Aber wer verstößt hier wohl eher gegen diesen Grundsatz?
Auch wenn man ein gewisses Verständnis dafür aufbringen kann, dass eine Überzeugung einen bisweilen betriebsblind macht: Das hat nichts mehr mit einer rosaroten Brille zu tun, die einen über die Schwächen der eigenen Leute hinwegtäuscht. Wer aus Gewalt an Schulen eine Mücke in Form von „konfrontativer Religionsbekundung“ macht und aus friedlichen Maßnahmen-Gegnern den faschistischen Elefanten, weiß genau was er tut – so blind kann kein Mensch sein.
Um die Panik, welche letztere Manipulation befeuert, auf einem fruchtbaren Level zu halten, werden wir nun auf „Omikron“ eingestimmt. Da passte es so gar nicht ins Bild, dass der ins Nachrichtenstudio geladene Experte meinte, es werde „mit dieser Variante nicht so dramatisch werden”. Und schon folgt die nächste sprachliche Manipulation: Kanzler Scholz hat Omikron „analysiert” – als habe er es im Labor erforscht, und das ohne jede medizinische Qualifikation! Und obwohl seine Analyse ergab, dass ein Virus an Weihnachten keine Pause macht – welch für eine Erkenntnis! -, dürfen die Bürger doch tatsächlich im kleinen Kreis feiern. Wie gnädig! Diese Großzügigkeit lässt sich kaum noch überbieten.