Horst D. Deckert

Im Jahr 2020 fast 30% mehr Todesfälle durch Drogenüberdosierungen in den USA

Wie das British Medical Journal (The BMJ) am 4. August 2020 berichtete, haben die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) kürzlich zwei beunruhigende, zusammenhängende Gesundheitsstatistiken veröffentlicht.

Erstens sei die Zahl der Todesfälle durch Drogenüberdosierungen in den USA im Jahr 2020 um fast 30% gestiegen, und zwar in allen bis auf zwei der 50 Bundesstaaten, so The BMJ. Die Zahl der drogenbedingten Todesfälle belief sich 2020 auf insgesamt mehr als 93’000. Das sei ein Rekord, es stelle den grössten Anstieg in der Geschichte der USA dar. Nach Berechnungen der New York Times waren Drogenüberdosierungen im Jahr 2020 für den Verlust von mehr als 3,5 Millionen Lebensjahren verantwortlich.

Das sei eine schockierende, doch nicht überraschende Nachricht, stellte The BMJ weiter fest. Die Zahl der Todesfälle durch Überdosis sei in den USA in den vergangenen Jahren schleichend angestiegen, die Pandemie habe das Problem nur noch verschärft. Experten würden den Anstieg vor n auf die grosse Menge an Fentanyl und Fentanyl-Analoga zurückführen, die inzwischen Heroin, Kokain und sogar Amphetaminen beigemischt würden.

Man gehe davon aus, dass Fentanyl, ein starkes synthetisches Schmerzmittel, etwa 25 bis 50 Mal stärker als Heroin ist. Schon Spuren von Fentanyl könnten zur Unterdrückung der Atmung und zum Tod führen. Da die Substanzen leichter herzustellen und zu versenden seien als Heroin, würden sie zunehmend im ganzen Land gefunden.

Die Covid-19-Pandemie sei im Jahr 2020 direkt für etwa 375’000 Todesfälle in den USA verantwortlich gewesen, merkte The BMJ an. Doch viele Todesfälle durch Überdosierung seien auch im Zusammenhang mit Covid entstanden, da Drogenrehabilitationsprogramme geschlossen wurden, die Arbeitslosigkeit stark anstieg und die soziale Distanzierung die Rettung im Fall von Überdosierungen weniger wahrscheinlich machte.

Der zweite Datensatz, der letzte Woche veröffentlicht wurde, umfasste die vorläufigen Zahlen zur Lebenserwartung in den USA für 2020. Auch hier habe es eine Rekordveränderung zum Schlechteren gegeben, konstatierte The BMJ. Die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt sei um 1,5 Jahre gesunken, mehr als in jedem anderen Jahr seit Ende des Zweiten Weltkriegs.

Der grösste Teil des Rückgangs, nämlich fast 75%, sei auf Todesfälle im Zusammenhang mit Covid zurückzuführen. Aber auch die dramatische Zunahme von Überdosierungen habe eine wichtige Rolle gespielt. Experten würden davon ausgehen, dass die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Covid zurückgehen und sich im nächsten Jahr stabilisieren werde. Doch es sei unklar, ob dies auch für die Überdosierungen gelte.

«Was kann getan werden, um den Anstieg der Todesfälle durch Überdosierung umzukehren, während wir darauf warten, dass die Pandemie vorüber ist?», fragte The BMJ. Einige Lösungen seien unumstritten, zum Beispiel die Bereitstellung von Ausbildung und Instrumenten zur Integration der Drogensuchtbehandlung in die medizinische Grundversorgung. Derzeit werde die Behandlung von Opioidabhängigkeit durch Beschränkungen bei der Verschreibung von Buprenorphin behindert. Es seien bereits Finanzmittel zur Bekämpfung der Drogenepidemie bereitgestellt worden, doch es werde noch mehr benötigt, so The BMJ.

Ironischerweise habe die Pandemie zu politischen Veränderungen geführt, die die Zahl der Todesfälle durch Überdosierung auch verringert haben. Zum Beispiel dadurch, dass Menschen, die sich in Methadonbehandlung befinden, ihre Dosis mit nach Hause nehmen können und nicht mehr täglich zur Medikamentenabgabe erscheinen müssen. Dies habe die Therapietreue bei Methadon erhöht.

Andere, extremere und umstrittene Reformen, wie zum Beispiel kostenlose Drogentherapien, das Angebot von Einrichtungen für den überwachten Drogenkonsum oder die Legalisierung einiger oder aller Missbrauchsdrogen, würden jedoch in nächster Zeit wohl kaum durchgeführt werden. Solange der Kongress, die Bundesstaaten und die medizinische Gemeinschaft sich nicht stärker auf die Verhinderung von Todesfällen durch Überdosierung konzentrieren, würden diese wahrscheinlich weiter zunehmen, erklärte The BMJ.

Kommentar Corona-Transition

Der Missbrauch von Opioiden ist in den USA zu einer regelrechten Epidemie geworden. Die Opioide Fentanyl und das verwandte Oxycodon sind Pharmaprodukte. Heroin (auch ein Opioid), Kokain und Amphetamin ebenfalls. Nur sind Heroin und Kokain heute illegal. Früher konnte man sie sogar rezeptfrei in der Apotheke erhalten. Amphetamine werden heute noch medizinisch genutzt. Und Buprenorphin, das unter anderem zur Anwendung kommt, um Abhängigkeit von Opioiden zu behandeln, ist ebenfalls ein Opioid.

Es ist das bewährte Geschäftsmodell der Pharmaindustrie: Produkte auf den Markt bringen, die schädlich sind, und dann weitere, womöglich noch schädlichere Produkte als Lösung anbieten. Und so weiter. Praktisch ist es, wenn man die daraus resultierenden Krankheiten auch noch angeblichen Viren in die Schuhe schieben kann.

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