Immer mehr Stromkunden werden von ihren Anbietern trotz bestehender Verträge und Preisgarantie gekündigt oder vor die Wahl gestellt, höhere Tarife zu akzeptieren. Allein in der Steiermark betrifft dies mehr als 39.000 Kunden. Bei den derzeitigen massiven Teuerungen kann man deshalb, wenn man wegen der Kündigung einen neuen Anbieter suchen und einen neuen Vertrag abschließen muss, sehr schnell mehrere hundert oder tausend Euro mehr zahlen müssen. Dagegen wehrten sich Verbraucher in Vorarlberg und bekamen nun vor Gericht Schadenersatz zugesprochen.
Das Urteil des Vorarlberger Bezirksgerichts in Dornbirn ist ein erster Etappensieg für geplagte Energiekunden. In einer Sammelklage erstritten sie sich mit Unterstützung des Verbraucherschutzvereins Schadenersatz von ihrem originären Stromanbieter. Denn dieser hatte ihnen wegen der Preissteigerungen Ende des vergangenen Jahres die Stromverträge gekündigt. Dies auch rechtens, wie der beklagte Stromanbieter vor Gericht darlegte. Denn in den AGBs und den Allgemeinen Stromlieferbedingungen war eine Bindungsfrist von einem Jahr vorgesehen, nach der jede Vertragspartei das Recht zur ordentlichen Kündigung hat.
Preisgarantie vs. Vertragsbindung
Allerdings warb der Stromanbieter mit einer 18-monatigen Preisgarantie. Und als er die Kündigungen verschickte, konnten die Kunden eigentlich noch mit fixen Preisen für zumindest 6 weitere Monate rechnen. Das Gericht stellte dabei fest, dass zwar in den AGBs die Möglichkeit einer Kündigung sowohl von Kunden- als auch von Anbieterseite nach einem Jahr vorgesehen war. In seinem Urteil erklärte der Richter jedoch: aus “der Sicht eines verständigen durchschnittlichen Verbrauchers ergibt sich, dass die Beklagte an die Preisgarantie in der vereinbarten Dauer von 18 Monaten (doch) gebunden ist und somit zu Unrecht schon zum Ende des ersten Vertragsjahres (somit vor Ablauf des gewährten Garantiezeitraumes von 18 Monaten) die Energielieferverträge (auf)gekündigt hat.” Denn eine “Preisgarantie ist nur dann mit Leben erfüllt, wenn dem Garantiegeber nicht durch Aufkündigungsmöglichkeit während des Garantiezeitraumes die vertragliche Möglichkeit eröffnet wird, seinen Garantieerfüllungspflichten entgehen zu können.”
Schadensersatz für Kläger
Den 25 Klägern wurde somit Schadenersatz zugestanden, da die “von der Beklagten zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen von den klagenden Verbraucher so verstanden werden konnten/durften, dass die Beklagte für die Dauer des Garantiezeitraumes auf die Kündigung verzichtet und bei der erfolgten Unternehmerkündigung bereit ist, die damit für den Garantiennehmer (Kunden) verbundenen Mehrkosten zu tragen, sodass die gewährte Preisgarantie in der versprochenen Länge (von 18 Monate) mit Leben erfüllt ist.” Laut Verbraucherschutzverband könnten jedoch bis zu 11.000 Kunden Anrecht auf Schadenersatz haben. Auf der Internetseite kann man sich über das Urteil informieren.
Auch wenn das Urteil richtungsweisend sein könnte, betrifft es jedoch nur einen konkreten Stromanbieter, der mit einer Preisgarantie warb und somit Schadenersatz in der Höhe der Differenz zwischen garantierten Strompreis und den Mehrkosten eines neuen Anbieters an die Kunden leisten muss. Allgemeine Gültigkeit hat das Urteil nicht, bei Problemen mit den Stromanbietern sollte man daher immer beim Verbraucherschutzverband oder bei einem Rechtsanwalt Rat einholen.