Horst D. Deckert

Kriegerfriedhöfe als touristische Attraktion vorm Vergessen bewahren

Mit einem ungewöhnlichen Vorschlag ließ der Generalsekretär des Schwarzen Kreuzes, Alexander Barthou, dieser Tage auf dem „Russenfriedhof“ im niederösterreichischen Sommarein aufhorchen. Um den Kriegerfriedhöfen zu mehr Zulauf zu verhelfen, schlägt er vor, diese sollten in das touristische Programm der jeweiligen Orte aufgenommen werden.

Das erlahmende Interesse der Enkel- und Urenkel-Generation der Toten des 2. Weltkriegs ließe viele Kriegerfriedhöfe in Österreich dem Vergessen anheimfallen, wenn es nicht das „Schwarze Kreuz“ gäbe, das sich darum kümmert. Wir werden Euch nie vergessen!“ kann man auf vielen Mahnmalen, Grab- und Gedenksteinen lesen, doch dieses einstmals den Toten gegebene Versprechen scheint allmählich immer mehr zu einem bloßen Lippenbekenntnis zu verkommen.

Wir bemühen uns aber nach Kräften, die Anlagen zu pflegen, und das Gedenken an die toten Soldaten aller Länder, die in unserer Erde liegen, hochzuhalten, betont ÖSK-Generalsekretär Alexander Barthou am Dienstag (4. Juli) auf dem sogenannten Russenfriedhof in Sommerein am Leithagebirge, wo mit einem Festakt die Teilrenovierung des rumänischen Gräberareals gefeiert wurde.

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ÖSK-Generalsekretär Alexander Barthou (in Bundesheeruniform) assistiert dem rumänisch Botschafter Emil Hurezeanu bei der Kranzniederlegung vorm rumänischen Ehrenmal. 

Neben Rumänien haben auf diesem Friedhof vor allem Russen, aber auch Polen, Bulgaren, Jugoslawen, Italiener und Belgier, die alle im ehemaligen Kriegsgefangenenlager Kaisersteinbruch interniert waren, in Sommerein ihre letzte Ruhestätte gefunden. 

Allerdings sind die Inschriften auf den Grabsteinen in den letzten Jahrzehnten schon sehr verblasst und vom angrenzenden Bundesheergelände wucherten sich Bäume und Gebüsche im Übermaß in das Totenareal. 

Manche Gedenksteine waren schon nicht mehr zu sehen“, sagte Barthou. Seinem Finanzreferenten Gerhard Gürtlich, einem ehemaligen Sektionschef im Verkehrsministerium, war dieser prekäre Zustand aufgefallen und er machte sich spontan und sofort für die Renovierung der in die Jahre gekommenen Gedenkstätte stark. 

Dabei konnte das ÖSK auch auf die Unterstützung durch das Innenministerium zählen, wie Andrea Drmola von der Abteilung für historische Angelegenheiten bestätigte. Bei der Entfernung des grünen Überwuchses hat Oberst Markus Ziegler, der Kommandant des Truppenübungsplatzes Bruckneudorf, mit seinen Leuten engagiert mitgeholfen. 

Wir sind für jede Hilfe dankbar“, betont Barthou, zumal es auch beim ÖSK an freiwilligen Helfern mangelt und die Spenden ebenfalls nicht mehr so üppig fließen wie früher. Das weiß auch der an der Feier teilnehmende Botschafter in Österreich, Emil Hurezeanu, sehr zu schätzen, wie er versicherte, ebenso sein Militärattachè Oberst Julian Soare. Direkt aus Bukarest hatte die rumänische Armee sogar eine Abordnung ihrer Repräsentationstruppe, der Garde, nach Sommerein entsandt.

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Der rumänische Botschafter Emil Hurezeanu (Bildmitte) mit seinem Militärattaché und den ÖSK-Vertretern Alexander Barthou (r.) und Gerhard Gürtlich (l.).

Die Rückschau und die Erinnerung sei notwendig, waren sich die Versammelten auf dem Russenfriedhof einig. Dabei stützen sie sich mit Barthou auf das bekannte Winston Churchill-Zitat: „Je weiter man zurückschaut, desto weiter kann man vorausschauen.“

Botschafter Hurezeanu revanchierte sich mit der Erkenntnis eines Schriftstellers seines Heimatlandes, der gesagt hatte, dass „die Gesichtslosen sehr oft auch die Geschichtslosen sind.“

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Sommereins Bürgermeister Karl Zmierschitz.

Um die Kriegerfriedhöfe wieder stärker ins Bewusstsein der Leute zu bringen, schlug Barthou vor, diese jeweils in die Liste der örtlichen Sehenswürdigkeiten aufzunehmen.

Der Bürgermeister von Sommarein, auf dessen gemeindegebiet der „Russenfriedhof“ liegt, hat prinzipiell nichts dagegen, auch wenn sich Karl Zmierschitz keinen großen Zulauf davon verspricht. Aber dies sei immerhin besser als Nichts!

Zum Autor: Kurt Guggenbichler war Mitbegründer und Chefredakteur des „Wochenblick“. Sein journalistisches Handwerk hat er bei der „Goslarschen Zeitung“ in Norddeutschland erlernt, wo er acht Jahre lang als Redakteur, Reporter und Kolumnist tätig war. Wieder zurück in seiner Heimat, arbeitete Guggenbichler in der Funktion eines Ressortleiters dann 25 Jahre lang für die „Oberösterreichischen Nachrichten“. Zum „Wochenblick“ wechselte er einige Zeit nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichs Neue“ und für AUF1-Info ist Guggenbichler nun als Nachrichten-Redakteur, Kommentator und Reporter im Einsatz.

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