Nach monatelangen Spekulationen scheint die Gründung einer eigenen Partei durch die (noch) Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht jetzt nur noch eine Frage von Wochen zu sein. Wagenknecht will die endgültige Entscheidung erst Ende des Jahres treffen, doch Vertraute bestätigten gegenüber „Bild”, die Gründung stehe bereits fest. Inhaltlich droht dadurch vor allem der Linken Konkurrenz.
Den Berichten zufolge soll das Vorhaben nach der Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober Fahrt aufnehmen und konkretisiert werden. Wagenknecht selbst nannte bereits vier programmatische Kernpunkte ihrer neuen Partei.
Sozialistische Abgründe
Erstens sei dies „wirtschaftliche Vernunft“ – worunter sie allerdings eine Abkehr von der Marktwirtschaft und eine Hinwendung zu sozialistischen, wenn nicht kommunistischen dirigistischen Methoden sieht. Staatliche „Kontrollorgane“ sollen überwachen, was Betriebe herstellen und was nicht. Damit will sie „die irre Politik der Ampel beenden“, die Arbeitsplätze aus Deutschland verscheuche und „dem Markt alle Macht” überlasse.
Zweitens wolle ihre Partei „soziale Gerechtigkeit“ einfordern. Darunter versteht Wagenknecht höhere Löhne und mehr Geld vom Staat für Arme, außerdem auch „staatlich regulierte Höchstpreise“. Sie will „den Reibach der Großkonzerne abschöpfen“ und „Gewinne wegbesteuern“, lauten weitere Schlagworte.
Frieden und Freiheit als Köder fürs bürgerliche Lager
Als drittes Thema nennt sie „Frieden“: Wagenknecht will einen Waffenstillstand und eine diplomatische Konfliktlösung mit Russland. Der „Wirtschaftskrieg“ gegen Putin schade nicht diesem, sondern der deutschen Wirtschaft. Zudem will sie „eine Außenpolitik, die wieder auf Diplomatie setzt statt auf Waffenlieferungen“. Der Rüstungsetat dürfe nicht noch weiter steigen.
Und schließlich lautet der vierte Punkt „Freiheit“: Hier fordert Wagenknecht ein Ende unter anderem der „Cancel Culture“. Menschen würden ausgegrenzt, „wenn sie den Mainstream verlassen“, so Wagenknecht; wer etwa Zuwanderung steuern und begrenzen wolle, werde „als Nazi abgestempelt“, Bürger würden „moralisch geächtet“.
Während die ersten beiden Programmschwerpunkte klassische linke Utopien bedienen, die mit Sicherheit zusätzliches Gift für die bereits grün ruinierte deutsche Wirtschaft wären, stößt Wagenknecht mit dem dritten und vierten Punkt bis tief in bürgerliche Wählerschichten hinein auf Sympathie.
Anklang in bestimmter Zielgruppe
Hier finden sich auch die meisten Schnittmengen zu Anhängern der kritischen Gegenöffentlichkeit und zur AfD, die Wagenknecht aus diesem Grund – wie bei den Friedensdemos deutlich wurde – frenetisch feiern. Vor allem ihre Forderungen nach deutscher Neutralität und stattdessen diplomatischer Vermittlung im Ukraine-Krieg kommt hier gut an.
Dies gilt auch für ihre Kritik an linken Lifestyle-Themen wie den grotesken Auswüchsen des Gender-Wahns und der Wokeness, die vor allem bei materiell abgesicherten Grünen-Wählern dominant sind. Wagenknecht wirft ihrer Partei seit Jahren vor, sich bei dieser weltfremd-dekadenten Klientel anzubiedern und die eigentliche soziale Frage zu vergessen, weil man sich längst viel zu gut für die wahren Nöte armer Menschen sei.
Begrenzte Gemeinsamkeiten für eine Querfront
Auch die massenhafte islamische Einwanderung in die Sozialsysteme lehnt sie ab – wenn auch nicht aus kultur- und identitätspolitischen Erwägungen heraus oder aus Sorge um den nationalen Selbsterhalt, sondern weil sie die Verarmung ihrer proletarischen und sozial schwachen Hauptzielgruppe fürchtet.
Tatsächlich enden die Gemeinsamkeiten einer Links-Rechts-Querfront, die Wagenknecht zu verheißen scheint, hier aber auch schon: Das, was ihre Partei im Kern verkörpern soll, ist unterm Strich noch mehr Sozialismus, noch mehr Staat – und damit noch mehr Bevormundung. Freiheit ist das nicht.
Kontrollierte Opposition?
Es bleibt die Frage, ob die Bekanntgabe der konkreten Gründungsabsicht just zu einem Zeitpunkt, da die AfD ein historisches Umfragehoch erlebt, nicht auf eine strategische Planung zur Spaltung des Widerstandes gegen die linksgrüne Regierungspolitik hindeutet, eine Art kontrollierte Opposition, die geschaffen werden soll.
Denn auch wenn Wagenknecht vor allem die Linkspartei entkernen und zerstören würde (hier hat sie sich mit ihrer Gegnerschaft zur deutschen Nibelungentreue im Ukraine-Krieg endgültig ins Abseits manövriert): Sie könnte der AfD vor allem im Osten durchaus empfindliche Stimmanteile abjagen, wo ihre Popularität sehr groß ist. Dort stört man sich traditionell auch weniger daran, dass sie nach wie vor eine der Wolle gefärbte Sozialistin ist.
Selbst Nutznießerin des Systems
Dazu passt, dass Wagenknecht sich ganz bewusst als Gegenpartei zur AfD inszeniert: Ihre Partei solle ein Sprachrohr von Menschen werden, die die AfD „als Akt der Notwehr“ wählen, erklärt sie.
Vergessen werden sollte schließlich auch eines nicht: Sie ist und bleibt eine skrupellose Nutznießerin der Privilegien des Parteienstaates. Zusätzlich zu ihrer Abgeordnetentätigkeit strich Wagenknecht seit 2021 fast 800.000 Euro an Nebeneinkünften ein. Trotz vieler richtiger Ansätze wird ihre Partei deshalb zu weiten Teilen eine Mogelpackung sein, die ihr und anderen Renegaten der sterbenden Linken auch in Zukunft ein lukratives Betätigungsfeld sichern soll.
Zum Autor: Daniel Matissek ist Journalist mit pfälzischen Wurzeln, arbeitet neben für AUF1 auch für diverse deutschsprachige freie Medien (unter anderem „Journalistenwatch.com“). Gründungsherausgeber des Blogs „Ansage.org“. Schwerpunktthemen: Migrationspolitik, politischer Extremismus, Demokratie und Medienlandschaft. Freund differenzierter Zwischentöne, aber gerne auch leidenschaftlicher Polemiker. Devise: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos; es könnte aber auch umgekehrt sein.“
Wir sind unabhängig, weil Sie uns unterstützen!
AUF1 ist durch seine Zuseher finanziert. Wenn Ihnen unser Angebot gefällt, dann bitten wir Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten zu helfen. Nur mit dieser Hilfe können wir ein tägliches Programm aufrechterhalten und weiter ausbauen.