An unguten Erfahrungen mit siegestrunkenen Schreibtischstrategen, die vom sicheren Bunker aus fiktive Armeen im Sandkasten verschieben und dabei höchst real junge Männer scharenweise in den Tod schicken, herrscht in der deutschen und europäischen Geschichte kein Mangel. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter ist zwar vom Dienstgrad her nur Oberst a.D., doch wenn er über den Ukraine-Krieg schwadroniert, blitzt der Größenwahn des Möchtegern-Feldherrn ungefiltert durch.
Kiesewetters Obristen-Jargon kommt so schlicht wie martialisch daher. Wenn die Ukraine den Krieg gegen Russland verliere, wäre dies „das Ende unserer Welt, wie wir sie kennen“, schmettert er den Endsieg herbei. Die Welt, wie Kiesewetter sie kennt, ist allerdings irgendwo vor einem guten halben Jahrhundert im Kalten Krieg bei Dr. Seltsam und im Dunstkreis von säbelrasselnden Pentagon-Apokalyptikern steckengeblieben: Russland böse, muss besiegt werden, und dafür muss alles verheizt werden, was die Bundeswehr an Waffen und die Ukraine an noch nicht gefallenen oder zum Krüppel geschossenen Männern zusammenkratzen kann.
Von daher versteht sich, dass Kriegstreiber Kiesewetter hellauf begeistert ist vom Plan des Kiewer Bunker-Präsidenten Selenskyj, nochmal eine halbe Million Ukrainer für die nächste zum Scheitern verurteilte „Gegenoffensive“ zu mobilisieren und dafür vor allem die hunderttausende Männer im wehrpflichtigen Alter auszuheben, die sich im Westen und vor allem im deutschen „Bürgergeld“ in Sicherheit gebracht haben.
Direkt an die Front abschieben will er die Drückeberger zwar nicht, das gäbe hässliche Bilder und so. Kiesewetter will es raffinierter anstellen: Einfach denen, die Zelenskyj für die Verlängerung seines verlorenen Kriegs braucht, das Bürgergeld streichen, um sie zum Waffendienst zu motivieren. Und nicht etwa, um dem deutschen Steuerzahler das Anlocken ukrainischer Kostgänger aus ganz Europa zu ersparen; dafür müsste nämlich das absurde Bürgergeld-Geschenk für alle „Flüchtlinge“ abgestellt werden.
Statt in den Schützengräben könnten die Heimgeholten ja auch im Heimatschutz eingesetzt werden, meint Kiesewetter noch mit Rücksicht auf empfindsamere deutsche Seelen. Als ob die ukrainischen Kommandeure ausgerechnet den im Ausland eingefangenen Abseilern die gemütlichen Druckposten in der Etappe zuschanzen würden. Man merkt, dass der schneidige CDU-Oberst seine Dienstzeit vor allem in Stäben, Hauptquartieren und Nato-Kommandozentralen zugebracht hat und kaum bei der Truppe.
Roderich Kiesewetter, das CDU-Pendant zur FDP-Panzerhaubitze Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat aber sowieso die ganz große weltpolitische Bühne im Blick. Mehr Ersatzteile und Nachschub für die deutschen Leopard-Panzer an der Russen-Front, Ausweitung der Rüstungsproduktion für die schnellere Belieferung der Ukraine, dazwischen der Ruf nach Nibelungen-Gefolgschaft zu den USA auch im Roten Meer, und immer wieder mehr Waffen, Zack-Zack!
Bloß „keine Schwäche“ zeigen, schnarrt Kiesewetter, der Krieg „wird militärisch entschieden“, und wenn es bisher schon kein einziges Mal mit den westlichen Wunderwaffen als „Game Changer“ geklappt hat, dann wird es die Lieferung von Taurus-Marschflugkörper für die Ausweitung des Krieges auf das russische Hinterland aber ganz bestimmt richten.
Geistig befindet sich Roderich Kiesewetter bereits im dritten Weltkrieg. Der Russe muss niedergerungen werden, sonst greift er sich als nächstes das Baltikum und Moldawien, sabotiert unsere Infrastruktur und stiftet auch bei uns „Unruhen“, auf die wir „kaum vorbereitet“ sind. Derlei Verschwörungstheorien schüttelt der Sofageneral nur so aus dem Handgelenk.
Kiesewetter sieht überall nur Feinde, China, Russland, Iran und Nord-Korea, kurz „CRINK“, sind die neue Achse des Bösen, und wenn die USA unter einem Präsidenten Donald Trump zur Besinnung kommen und ihr Engagement zurückfahren, dann wird der Ukraine-Krieg eben ein „rein europäischer Krieg“. Trommler Roderich marschiert weiter, bis alles in Scherben fällt.
Dass die Ukrainer und ihr vermeintlicher Kampf um „Freiheit“ und „westliche Werte“ dabei nur Bauern auf dem Schachbrett im Spiel um ganz andere Interessen sind, hat Kiesewetter beiläufig auch noch ausgeplaudert. Das „Existenzrecht“ der Ukraine, schön und gut, aber es gehe „im Hintergrund“ auch noch um „ganz andere Ziele“, nämlich wirtschaftliche: Im umkämpften Donbass seien nämlich die größten Lithium-Vorkommen Europas zu finden, und die bräuchten „wir“, also „Europa“, für die „Energiewende“ und die Schimäre von der „Elektromobilität“.
Weltkriege führen um Rohstoffe? Das hat schon mal nicht so richtig funktioniert. Der Welthandel wäre eine bessere Alternative. Klappt aber auch nicht so gut; beim Versuch, sich in Bolivien Zugriff auf die weltgrößten Lithium-Vorkommen zu sichern, hat die deutsche „feministische Außenpolitik“ sich eben erst von Russland klassisch ausspielen lassen.
Und in der Ukraine werden es ebenfalls nicht „die Europäer“ sein, die nach dem erhofften Endsieg den großen Reibach mit den Reichtümern des Landes machen könnten, sondern Blackrock und US-Finanzinvestoren, die sich schon längst die Pole Position gesichert haben.
Die Ukrainer dürfen also für fremde Interessen bluten, aber nicht für die, von denen Roderich Kiesewetter in seinen Kriegsspielen am Schreibtisch so träumt. Sein weltpolitischer Größenwahn macht Deutschland lediglich zum nützlichen Idioten, der die Rechnung mitbezahlen darf, aber beim Aufteilen der Beute dann doch leer ausgeht.
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