Horst D. Deckert

Neutralität oder Regime Change? So reagieren Präsidenten-Kandidaten auf WB-Recherche

Wochenblick berichtete bereits im Vormonat über die mutmaßlichen Regime-Change-Trainings an Österreichs Diplomatischer Akademie. Dort sollen seit Montag – im Auftrag des Schallenberg-Außenministeriums (ÖVP) – Exil-Weißrussen zu “Anführern demokratischer Reformen” in ihrer Heimat ausgebildet werden. Ein Insider, der dort unterrichten soll und als Mitarbeiter des Außenministeriums verifiziert werden konnte, bestätigte gegenüber Wochenblick, dass die Absicht bestehe, den Präsidenten Aleksandar Lukaschenko per “Regime Change” auszuschalten. Wochenblick fragte nun bei den Bewerbern für die Wahl zu Österreichs Bundespräsidenten nach, ob dies mit Österreichs Neutralität vereinbar sei. Und erhielt Antworten.

Wochenblick fragte sämtliche sieben Kandidaten – also auch Amtsinhaber Alexander Van der Bellen – ob das weißrussische Exilanten-Ausbildungsprogramm mit Österreichs Neutralität vereinbar sei. Denn: Viele Hinweise sprechen dafür, dass ihm “Regime Changing” und damit Putsch-Absichten zugrunde liegen. Offen wird damit geworben, dass von Österreich aus eine “Demokratie-Reform” in Weißrussland angestrebt werde. Drei der sieben Präsidentschaftskandidaten antworteten.

Marco Pogo aka Dominik Wlazny hat keine Zeit

Der systemkonforme Kandidat Dominik Wlazny alias Marco Pogo (Bierpartei), zeigte bereits in der Elefantenrunde im ORF, dass er kein glühender Verfechter der Neutralität ist. Darauf, dass sich alle anderen VdB-Gegenkandidaten für eine Aufhebung der Selbstmord-Sanktionen gegen Russland aussprachen, reagierte er empört. Zur Frage der Neutralität gab er keine klare Antwort. So nun auch nicht gegenüber Wochenblick.

Er ließt ausrichten: “wir bedauern sehr, aber aufgrund der Vielzahl an Anfragen und Terminen ist es uns leider nicht möglich, ihre Fragen zeitgerecht zu beantworten.”

Manfred Werner CC by-sa 4.0

Michael Brunner: “werde keine Neutralitätsverletzung dulden”

MFG-Kandidat Michael Brunner antwortete uns ausführlicher. “Für mich bedeutet Neutralität, dass auch jedwede Vorbereitungshandlungen, die zu militärischen Konflikten führen können, unzulässig sind. Das Gleiche gilt für alle direkten, oder auch nur indirekten Zusammenhänge mit kriegerischen oder gewaltsamen Akten.”

Screenshot: ICI / Vimeo

Er will rechtliche Schritte einleiten und erbat weitere Quellenhinweise, die wir ihm zukommen ließen: “Ich werde keine Neutralitätsverletzung in Österreich dulden und dagegen die mir zur Verfügung stehenden öffentlichen und rechtlichen Schritte einleiten, das heißt, Kommunikationsmacht üben und gegebenenfalls Strafanzeige einbringen.”

Walter Rosenkranz: Parlamentarische Anfrage der FPÖ soll Sachverhalt klären

Walter Rosenkranz sprach sich gegenüber Wochenblick klar gegen die Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder aus: “Die Einmischung in die Innenpolitik anderer Staaten geziemt sich generell nicht, schon gar nicht für ein neutrales Land wie Österreich.

Dr. Walter Rosenkranz

Screenshot: Youtube/FPÖTV

Er kündigte eine parlamentarische Anfrage der FPÖ in dieser Causa an: “Ich habe daher Ihre Bedenken an den Freiheitlichen Parlamentsklub weitergegeben, der versuchen wird, den Sachverhalt mit einer parlamentarischen Anfrage weiter zu erhellen.” Schallenberg wird also Stellung beziehen müssen!

Als Bundespräsident würde Rosenkranz: “Den Außenminister damit konfrontieren und ihm klarmachen, dass die Neutralität einer der höchsten Werte unseres Landes ist und in keiner Weise ausgehöhlt werden darf. Kritik an anderen Staaten ist selbstverständlich zulässig und oft auch nötig, aber der Boden dafür ist das diplomatische Parkett.”

Was ist ein “Regime Change”?

Es ist die klassische Vorgehensweise, wie sie in CIA-Thinktanks präsent ist: Der Putsch nicht-US-unterworfener Nationen durch gezielte psychologische Operationen und das Installieren von Protestbewegungen. Als wesentlicher Vordenker ist hierbei der US-Politologe Gene Sharp nicht wegzudenken, der im Auftrag der CIA Handlungsanleitungen für den funktionierenden Regime Change erstellte. Mit Werken wie “From Dictatorship to Democracy” gelang es den USA letztlich, erfolgreich das Modell der Farbrevolutionen zu etablieren. Den Beginn machten die USA mit dem erfolgreichen Sturz Slobodan Milošević’ in Serbien im Jahr 2000 über die nachweislich US-gesteuerte Oppositions-Bewegung “OTPOR”. Mindestens 77 Millionen Dollar investierten die USA in den serbischen Umsturz.

Spätere Farbrevolutionen – Ukraine doppelt betroffen

Auf OTPOR folgte die Rosenrevolution in Georgien 2003, die Orange Revolution in der Ukraine 2004, die Zedernrevolution im Libanon 2005 sowie die Tulpenrevolution in Kirgisistan – ebenso 2005. Später folgte der “Arabische Frühling” 2010, der beinahe den gesamten Nahen Osten sowie Nordafrika in Chaos und Gewalt versetzte. 2014 wagte man dann die Neuauflage in der Ukraine, die uns als Maidan-Protest geläufig ist. Wochenblick berichtete über den US-Putsch der Ukraine.

US-Ordnung durch Chaos

Serbiens Umsturz ist von allen Farbrevolutionen bisher am besten dokumentiert und die US-Beteiligung steht außer Frage. Doch die Handschrift Gene Sharps zieht sich für Sachkundige eindeutig durch alle folgenden Farbrevolutionen. Ein wesentliches Merkmal ist das Eintreten für die “westlich liberale Demokratie”, die aber nicht wie vielleicht angenommen für Meinungsfreiheit oder Souveräntität, sondern lediglich für die unreflektierte Übernahme des US-amerikanischen Demokratie-Verständnisses und deren Herrschaftsverhältnisse steht. Stets wird eine Gruppe landeseigener Oppositioneller ausgewählt, um US-Know-How sowie finanzielle Unterstützung zu erfahren. Das Prinzip “Ordo ab Chao”: Immer wird das Land dadurch in große Unruhen und Chaos versetzt werden, um später die eigene Ordnung manifestieren zu können.

Für die USA ist dies von Vorteil: Die Kosten für einen herkömmlichen Krieg wären sowohl in finanzieller als auch – vor allem – in moralischer Hinsicht wesentlich höher. Die Suggestion, es handle sich um inländische Konflikte, in denen sich plötzlich – wie durch Zauberhand – Mehrheitsverhältnisse verändern würden, also “ehrliche” Revolutionen die aus dem Volkswillen resultierten, stattfinden, lässt die USA beinahe völlig schadlos zurück.

Revolutionen nach Drehbuch: Sogar die Symbolik ist gleich. Quelle: Bananenrepublik1/Youtube

Wiederkehrend ist das verwenden vereinender Symbolik, die sich oft in einer Faust manifestiert. Wir kennen sie sowohl von “OTPOR” als auch aus dem Arabischen Frühling. Pikant ist, dass sie bei “Black Lives Matter” eine Renaissance – diesmal auf eigenem Grund und Boden – erfuhr.

Parallelen zu “OTPOR”

Das österreichische Trainingsprogramm, das Exil-Weißrussen zu “Anführern demokratischer Reformen” ausbilden soll, wie Wochenblick berichtete, trägt eindeutige Merkmale der “Regime Changing”-Strategien der USA. Das Vorgehen, oppositionelle Anführer unter Studenten (Belarussische Diapsora) zu suchen, die durch ausländische Unterstützung (finanziert durch österreichisches Steuergeld) für “Demokratie” auszubilden, gleicht in frappierender Weise dem Vorgehen der NATO/USA in Serbien gegen Milošević. Dort wurden oppositionelle Studenten rund um Srdja Popovic durch das US-Ausland ausgebildet, um Serbien den Umsturz mit der Forderung nach “Demokratie” zu bringen.

Investigativ-Recherche: Ausbildner bestätigt Umsturz-These

Im Zuge einer Wochenblick-Investigativ-Recherche gelang es Wochenblick-Journalisten, mit einem selbsterklärten Ausbildner des Trainingsprogramms in feucht-fröhlicher Atmosphäre Gespräch zu kommen. Er prahlte dabei mit dem “Sturz von Lukaschenko” der “gut für die Demokratie” und “in unserem Sinne” sei. Angestellt sei er bei Österreichs Außenministerium, erklärte er.

Bildzitat: Belarussische Diaspora in Österreich/Twitter

Anmerkung: Der Mitarbeiter des Außenministeriums trat Recherchen zufolge vor vielen Jahren bereits medial in Erscheinung. So konnte verifiziert werden, dass der Mann tatsächlich fürs Außenministerium tätig ist. Damals ging es darum, dass er beschuldigt wurde, an illegalen Verkäufen österreichischer Visa durch das Außenministerium nach Osteuropa beteiligt gewesen zu sein. Im Laufe des Prozesses habe sich jedoch herauskristallisiert, dass er diese Vorgehen zwar beobachtet habe, aber nicht die Verantwortung dafür trage, weswegen sein Status vom Beschuldigten zu jenem eines Zeugen wurde.

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