Horst D. Deckert

Norwegens Gas-Ass friert ein: Europas Energiesorgen wachsen weiter

In der eisigen Dunkelheit des norwegischen Winters ist Europas Energiesicherheit erneut ins Wanken geraten. Das Hammerfest LNG-Terminal, die größte Flüssiggas-Exportanlage des Kontinents, steht seit dem Jahresbeginn still – ausgerechnet in einer Zeit, in der die Gasspeicher in Europa schneller schwinden als erhofft und die Ukraine kein russisches Gas mehr durchleitet.

Ein defekter Kompressor hat die hochmoderne Anlage in Melkøya lahmgelegt, wie der norwegische Netzbetreiber Gassco laut einem aktuellen Bericht mitteilt. Bis zum 9. Januar sollen die Reparaturarbeiten andauern. Für Europa bedeutet dies den vorübergehenden Verlust einer Gasversorgung, die normalerweise 6,5 Millionen Haushalte wärmen könnte.

Das Timing könnte kaum ungünstiger sein. Seit dem 1. Januar 2025 fließt kein russisches Gas mehr durch ukrainische Pipelines – ein historischer Einschnitt in der europäischen Energieversorgung. Die Gasspeicher, die zu Winterbeginn noch gut gefüllt waren, leeren sich angesichts der kalten Witterung mit besorgniserregender Geschwindigkeit.

Hammerfest LNG ist für Norwegen, das nach Russlands Invasion der Ukraine zum wichtigsten Gaslieferanten Europas aufstieg, von strategischer Bedeutung. Die Anlage repräsentiert etwa 5 Prozent der norwegischen Gasexporte – ein nicht zu unterschätzender Anteil in Zeiten angespannter Energiemärkte.

Die aktuelle Störung reiht sich in eine Serie technischer Probleme ein. Erst im April 2023 sorgte ein Gasleck für Schlagzeilen, und der verheerende Brand von 2020 legte die Anlage sogar für 18 Monate still. Der Betreiber Equinor und seine Partner – darunter TotalEnergies und Vaar Energi – scheinen die technischen Herausforderungen der arktischen Bedingungen zu unterschätzen.

Energieexperten warnen bereits vor möglichen Preisausschlägen an den europäischen Gasmärkten, sollten die Reparaturarbeiten länger als geplant dauern. Die Abhängigkeit Europas von einzelnen Infrastrukturprojekten zeigt sich hier einmal mehr in aller Deutlichkeit – eine Lektion, die man eigentlich schon aus der russischen Gaskrise gelernt haben sollte.

Die Frage, die sich nun stellt: Wie verwundbar ist Europas neue Energiearchitektur wirklich? Der Ausfall von Hammerfest LNG könnte sich als Stresstest für die post-russische Gasversorgung erweisen – ein Test, den sich der Kontinent im Januar 2025 lieber erspart hätte.

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