
Die Strategie des Westens im Ukraine-Krieg sei in allen vier Punkten gescheitert, denn man glaubte, die Ukraine könne den Krieg mit westlichen Waffen gewinnen, die Sanktionen würden die Moskauer Führung destabilisieren, der Westen könne mit den Nebenwirkungen der Sanktionspolitik fertig werden und die Welt werde zur Ukraine halten. „Nun sitzen wir in einem Auto, bei dem alle vier Reifen gleichzeitig einen Platten haben.“
Im Krieg diktiere der Stärkere, die EU habe aber nun die Aufgabe, sich nicht auf die eine oder andere Seite zu schlagen, sondern zwischen die Kriegsparteien zu stellen. „Solange es keine russisch-amerikanischen Verhandlungen gibt, gibt es auch keinen Frieden“, hielt der Ministerpräsident fest. Die Europäer hätten ihre Chancen der Einflussnahme 2014 verspielt, als sie die Amerikaner aus dem Friedensformat von Minsk heraushielten und nicht dessen Umsetzung erzwingen konnten. „Kein Wunder, dass die Russen nicht mehr mit uns verhandeln wollen, sondern allein mit jenen, die durchsetzen können, dass sich die Ukraine an die getroffenen Vereinbarungen hält.“
Eine „lokale Ausnahme“ in Zeiten der Rezession
Ungarn habe alle Krisen der jüngeren Zeit gestärkt überstanden, 2010 ebenso wie 2020, wechselte der Redner zu Wirtschaftsfragen. Jetzt gehe es darum, neue Vereinbarungen mit der EU, den Russen, China und den USA zu knüpfen – mit letzteren sei das vermutlich erst nach den Präsidentschaftswahlen 2024 machbar. Sollte das unter Wahrung der nationalen Interessen gelingen, könne Ungarn 2024 auf die angestammte Wachstumsbahn zurückkehren. Orbán traut Ungarn zu, eine „lokale Ausnahme“ in Zeiten der anstehenden globalen Rezession zu sein, als Transitland, das offen ist für Kapital aus Ost und West und das sich jeder Blockbildung widersetzt.
Zur Politik der gesenkten Wohnnebenkosten resümierte er, diese hätte zehn Jahre lang gut funktioniert. Die infolge des Krieges ausufernden Energiepreise hätten dieses Modell jedoch erschüttert. Musste der Staat im vergangenen Jahr 300 Mrd. Forint zuschießen, wären es in diesem Jahr mehr als 2.000 Mrd. Forint geworden, weshalb die subventionierten Preise künftig nur für den Durchschnittsverbrauch von Strom und Gas gelten sollen. Das Land müsse seinen Energieverbrauch nun von Gas auf Strom und Biomasse umstellen.
„Wer zahlt, bestellt die Musik“
Bis 2030 werden sich nach seiner Voraussage die Probleme des Westens vervielfachen, mit einer Wirtschaftskrise in den USA und Spannungen in der Eurozone. Innerhalb der EU würden sich neue politische Kräfteverhältnisse herausbilden, weil die Mitteleuropäer zu Nettoeinzahlern des Gemeinschaftsbudgets werden. „Und wer zahlt, der bestellt die Musik“, hielt Orbán fest.
Seinen mehr als einstündigen Vortrag schloss er mit den Worten von der größten Ambition der Ungarn: „Wir haben der Welt ständig mehr gegeben, als wir bekamen, man hat uns mehr genommen, als man uns gab. Wir haben offene Rechnungen, und wir sind besser, fleißiger und talentierter, als es unser jetziges Leben widerspiegelt. Die Welt ist in unserer Schuld, und wir werden diese Schuld eintreiben!“
Dieser Beitrag erschien zuerst bei BUDAPESTER ZEITUNG, unserem Partner in der EUROPÄISCHEN MEDIENKOOPERATION.
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