Horst D. Deckert

Papst Franziskus lässt globales Vatikan-Vermögen einziehen

Papst Franziskus hat der Vatikanbank (IOR) die ausschließliche Zuständigkeit für die Verwaltung aller beweglichen und flüssigen Vermögenswerte des Heiligen Stuhls zugeteilt. Dafür legte er die zugehörige Bestimmung der Apostolischen Verfassung „Reskript“ neu aus und wies gleichzeitige alle Ämter des Heiligen Stuhls und mit dem Vatikan verbundene Institutionen an, bis 1. Oktober d.J. ihr bewegliches und flüssiges Vermögen an die auch als „Institut für Religiöse Werke“, bezeichnete Bank zu transferieren. Die IOR-Bank, mit Sitz im Vatikanstaat, hat 110 Mitarbeiter und 14.519 Kunden. Ab 2021 betreute sie 5,2 Mrd. Euro an Kundenvermögen

Supermacht für Vatikanbank

Das Super-Upgrade der Vatikanbank – abweichend von bestehenden Bestimmungen – weist entweder auf einen internen Konflikt mit einem ebenfalls zuständigen Gremium (APSA) hin oder war notwendig, um den blitzartig verhängten Einzug der globalen vatikanischen Vermögenswerte glatt abwickeln zu können. Die Anweisung dazu hielt Franziskus jedenfalls in einem  „Reskript“ vom 23. August d.J. fest. Er bezeichnet dies als authentische Interpretation der geltenden Bestimmungen, die auf Dauer gelten soll, auch wenn es davor gegenteilige Bestimmungen oder Sonderfälle gegeben hat.

30 Tage Zeit für Vermögenstransfer

Der Papst bezieht sich dabei auf  Artikel 219 Absatz 3 der Apostolischen Verfassung, die im März d.J. ausgerufen wurde. Der betreffende Artikel sei “in dem Sinne auszulegen, dass die Tätigkeit des Vermögensverwalters und Verwahrers des beweglichen Vermögens des Heiligen Stuhls und der mit dem Heiligen Stuhl verbundenen Einrichtungen ausschließlich dem „Institut für die religiösen Werke“  (Vatikanbank) zusteht. Aus diesem Grund müssen der Heilige Stuhl und verbundene Institutionen, “die über Finanzanlagen und liquide Mittel, in welcher Form auch immer, bei anderen Finanzinstituten als der IOR verfügen, die IOR informieren und diese so schnell wie möglich innerhalb von 30 Tagen ab dem 1. September 2022 an sie transferieren“.

Verwaltungsgremium entmachtet

Die Neu-Auslegung von Artikel 219 lässt auf einen Konflikt mit der „Verwaltung des Erbes des Apostolischen Stuhles“ (APSA) schließen, die de facto entmachtet wird. Die APSA hat, laut Artikel 219, eigentlich jene Kompetenzen, die ihr der Papst jetzt abspricht. Im Paragraf 1 heißt es: APSA sei das für die Verwaltung des unbeweglichen und beweglichen Vermögens des Heiligen Stuhls zuständige Organ, das dazu bestimmt ist, die Mittel bereitzustellen, die für die Erfüllung der eigentlichen Aufgabe der Römischen Kurie erforderlich sind zum Wohl und im Dienst der Teilkirchen“. Paragraf 2 besagt: APSA sei verantwortlich für die Verwaltung der Immobilien und beweglichen Vermögenswerte der Körperschaften, die ihr Vermögen dem Heiligen Stuhl anvertraut haben, dies zweckgebunden und den allgemeinen Richtlinien entsprechend. Paragraf 3 besagt: Die Ausführung der in §§ 1 und 2 genannten Finanzgeschäfte erfolgt durch die Vatikanbank (Institut für religiöse Werke).

War Juli-Tagung der Auslöser?

Die oberste Finanzaufsichtsbehörde des Vatikans ist der „Wirtschaftsrat“. Er tagte zuletzt am 20. Juli d.J. Analyse und Genehmigung des Finanzberichts für 2021 standen auf der Tagesordnung. Bischof Nunzio Galantino, Präsident der nun entmachteten APSA, präsentierte das Immobilienvermögen des Heiligen Stuhls und betonte dabei die Bemühungen um mehr Transparenz, Effektivität und Effizienz. Anschließend präsentierte der Vatikanbank-Chef Dr. Jean Baptiste de Franssu, den Jahresbericht des Instituts. Franssu ist ein französischer Investmentbanker und leitet die Bank seit 2014.

Papst umgibt sich mit Finanzexperten

Im August 2020 hat Papst Franziskus übrigens den Wirtschaftsrat fast völlig neu besetzt. Er besteht aus 15 Mitgliedern – acht Kardinälen und sieben „Weltlichen“.  Letztere sind sechs Frauen und ein Mann. Darunter sind hochrangige Experten für Bankwesen, Finanzen, Vermögensverwaltung und internationales Recht – aus Spanien, Italien, England und Deutschland. Die deutsche Vertreterin ist Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Eine britische Vertreterin war von 2015-2017 Schatzmeisterin von Prinz Charles, mittlerweile König von England. Der italienische Vertreter ist Chef der Cattolica Assicurazioni-Gruppe, einer wichtigen katholischen Versicherungsgesellschaft in Italien.

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