Horst D. Deckert

Pharmageld korrumpiert Wissenschaft: Milliardenskandal erschüttert Forschung

Big Pharma kauft sich offensichtlich eine genehme medizinische Forschung durch enorme Geldzuwendungen. Scheinbar unabhängige Studien werden dadurch korrumpiert. Wie sehr kann man den Studien eigentlich noch trauen, wenn die Pharmaindustrie sich quasi „passende“ Ergebnisse einfach kaufen kann?

Eigentlich gilt in der medizinischen Forschung die Objektivität als höchstes Gut. Doch stattdessen wird seitens Big Pharma über Geldflüsse Einfluss geübt. Eine aufschlussreiche Studie im Journal of the American Medical Association (JAMA) mit dem Titel „Payments by Drug and Medical Device Manufacturers to US Peer Reviewers of Major Medical Journals“ legt offen, dass Pharmariesen über eine Milliarde Dollar an Gutachter renommierter medizinischer Fachzeitschriften zahlten. Diese Enthüllung lässt das Fundament der wissenschaftlichen Integrität erzittern.

In nur drei Jahren flossen sage und schreibe 1,07 Milliarden Dollar von der Pharmaindustrie in die Taschen jener Wissenschaftler, die als Wächter der medizinischen Wahrheit fungieren sollten. Diese astronomische Summe übertrifft selbst kühnste Schätzungen und untergräbt das Vertrauen in die Unparteilichkeit der Forschung. Das wahre Ausmaß dieser finanziellen Verflechtungen ist möglicherweise noch alarmierender. Die Studie erfasste lediglich Zahlungen an namentlich identifizierte Gutachter. Es ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Summe der Zuwendungen weit höher liegt, verborgen in den Schatten der Anonymität, die viele Fachzeitschriften ihren Gutachtern gewähren.

Fast die Hälfte aller identifizierten Gutachter erhielt finanzielle Zuwendungen von der Pharmaindustrie. Noch beunruhigender: Ein kleiner Kreis von Gutachtern – gerade einmal 20 Prozent – zeichnet für den Löwenanteil von 85 Prozent der gesamten Zahlungen verantwortlich. Diese Konzentration der finanziellen Macht in den Händen weniger wirft die Frage auf, ob wir es hier mit einer wissenschaftlichen Elite oder vielmehr mit bezahlten Marionetten der Pharmaindustrie zu tun haben.

Die Studie offenbart auch eine beunruhigende Tendenz: Je höher der „Impact Factor“ einer Zeitschrift – also je einflussreicher sie ist – desto wahrscheinlicher erhalten ihre Gutachter finanzielle Zuwendungen von der Pharmaindustrie. Dies legt nahe, dass gerade die einflussreichsten Publikationen, jene, die die medizinische Praxis am stärksten beeinflussen, am anfälligsten für potenzielle Interessenkonflikte sind.

Es wäre naiv zu glauben, diese finanziellen Verbindungen hätten keinen Einfluss auf die wissenschaftliche Begutachtung. Selbst wenn die Beeinflussung subtil und unbewusst erfolgt, kann sie weitreichende Konsequenzen haben. Sie könnte dazu führen, dass bestimmte Studien bevorzugt behandelt werden, während andere, möglicherweise bahnbrechende Forschungen, im Verborgenen bleiben. Dies zeigt sich auch in einer anderen Studie, über die Report24 kürzlich berichtet hat. Demnach zeigen von den Herstellern finanzierte Forschungen deutlich höhere Wirksamkeitsraten als es bei unabhängigen Studien der Fall ist.

Die Lösung dieses Problems erfordert mehr als kosmetische Korrekturen. Es bedarf einer grundlegenden Neuausrichtung des Systems der wissenschaftlichen Begutachtung. Vollständige Transparenz muss zur Norm werden. Jede finanzielle Verbindung zwischen Gutachtern und der Pharmaindustrie muss offengelegt werden, unabhängig von der Höhe der Zuwendungen. Diese Enthüllungen sind ein Weckruf für die gesamte wissenschaftliche Gemeinschaft. Sie erinnern uns daran, dass Wissenschaft nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern in einem Netzwerk menschlicher Beziehungen und finanzieller Interessen eingebettet ist. Es liegt an uns allen, kritisch zu hinterfragen, wessen Interessen wirklich hinter den „wissenschaftlichen Erkenntnissen“ stehen, die unser Leben und unsere Gesundheit beeinflussen.

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