Horst D. Deckert

Polit-Chaos in Schweden: Neue Regierungschefin schon wieder weg

Sie wird wahrscheinlich ins Buch der Rekorde eingehen: nur wenige Stunden, nachdem das schwedische Parlament sie am Mittwoch als Premier bestätigte, trat Magdalena Andersson, (Sozialisten) gleich wieder zurück. Grund dafür: der grüne Koalitionspartner verließ die Koalition, weil das Budget unter Mitwirkung der rechtspopulistischen „Schwedendemokraten“ zustande kam. Andersson will es nun mit einer sozialistischen Minderheitsregierung versuchen und sich erneut dem Parlament zur Wahl stellen.

  • Regierungschaos in Schweden

    • Premier Andersson trat zurück

    • Grüne „stürzten“ sie

    • Wegen „rechtem Budget“

    • Kaum im Amt – schon wieder weg

    • Hauchdünne Mehrheit im Parlament

    • Neuer Anlauf mit Minderheitsregierung

    • Sozialisten bei Schweden unbeliebt

    • Verheerende Umfragewerte

    • Wahlen im kommenden Sommer

Von Kornelia Kirchweger

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Hauchdünne Mehrheit

In Schweden ist es üblich, dass die Regierung zurücktritt, wenn ein Koalitionspartner geht. Andersson zu ihrem Rücktritt: Sie wolle keine Regierung anführen, deren Legitimierung hinterfragt werde. Dabei war sie schon am Mittwoch, höchst knapp, im Parlament als Premier bestätigt worden. Eine Nein-Stimme mehr – und sie wäre aus dem Rennen gewesen. Nur 117 der 349 Parlamentarier stimmten für sie. Die Zentrumspartei und die Linken enthielten sich, was ihre Wahl ermöglichte. Bei den Sozialisten in Schweden brennt der Hut. Laut aktuellen Umfragen sackte die Partei auf 25 Prozent ab. Kommenden Sommer sind Wahlen.

Rechte hebeln Links-Budget aus

Zur Krise kam es, weil die „Zentrums-Partei“ ihren Budgetvorschlag nicht unterstützte. Sie lehnte die Zugeständnisse an die „Linke“, nämlich Pensionserhöhungen, ab. In Schweden entscheidet die Mehrheit der Parlamentarier über ein Budget. Diese nahmen schließlich mit 154 gegen 143 Stimmen das Oppositionsbudget an, das von den konservativen „Moderaten“, den „Christdemokraten“ und den rechtspopulistischen „Schwedendemokraten“ vorgeschlagen wurde.

Grüne stürzen Regierung

Das brachte die „Grünen“ in Rage. Parteiführer Per Bolund: Er könne das historische Budget der Opposition nicht akzeptieren, das erstmals unter Mitwirkung der Rechten zustande gekommen sei. Er kritisierte den genehmigten Haushalt und sprach von „Unterscheidung zwischen Menschen, Abschlachten des Umweltbudgets und Erhöhung der Emissionen“. Dies in Bezug auf die gesenkten Benzin- und Dieselsteuer im neuen Budget, ab Mai 2022. Es sei nicht das Ziel der Grünen, einen von den (rechten) Schwedendemokraten ausgehandeltem Budget zu folgen, in so einer Regierung könne man nicht sitzen. Andersson sollte ihre Aufgabe als Regierungschefin formell am Freitag nach einem Treffen mit König Carl XVI Gustaf übernehmen.

Schwere Krise der Sozialisten

Sie war Finanzministerin, bevor ihr sozialistischer Parteikollege, Ex-Premier Stefan Löfven nach sieben Jahren, im Sommer, seinen Rückzug ankündigte. Andersson übernahm von ihm den Partei-Vorsitz. Löfven war über ein Misstrauensvotum zu Mietpreisdeckelungen gestolpert, das die „Schwedendemokraten“, unterstützt von der „Linken“ und anderen konservativen Parteien, eingebracht hatten. Das Mehrheitsverhältnis im Parlament war äußerst fragil: die rot-grüne Regierung verfügte mit 116 Sitzen über keine Mehrheit und war von der Zustimmung der kleineren Parteien abhängig. Löfven wehrte sich gegen Neuwahlen – offiziell wegen der Pandemie. Tatsächlich, um für seine Partei bis zur Wahl im Sommer 2022 Zeit zu gewinnen und die katastrophalen Umfragewerte zu verbessern.

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