Horst D. Deckert

Postenschacher: Geht es Kurz, Blümel & Co. jetzt an den Kragen?

Auf der Zielgeraden des Ibiza-Untersuchungsausschusses wird es noch einmal so richtig spannend. Eine mögliche Verlängerung wurde bekanntlich von der türkis-grünen Regierung, wohl aus Sorge vor weiteren Enthüllungen, torpediert. In dieser Woche müssen gleich mehrere hochrangige ÖVP-Politiker unter Wahrheitspflicht aussagen. Waren am Mittwoch Ex-Justizminister Josef Moser und Wirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger geladen, wartet alles auf die neuerlichen Anhörungen von Finanzminister Gernot Blümel und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka – der pikanterweise den Vorsitz über einen Ausschuss hat, in dem er selbst Auskunftsperson ist. 

  • Gleich mehrere aktuelle und ehemalige ÖVP-Minister müssen u.a. zu den Postenschacher-Vorwürfe aussagen
  • Darunter befinden sich mit Blümel und Sobotka gleich zwei türkise „Big Player“, die im U-Ausschuss und aufgrund von Ermittlungen bereits für viel Wirbel sorgten
  • Wird sich Finanzminister Gernot Blümel diesmal an irgendetwas erinnern können oder wird er weiter auf Zeit spielen und sich zum dritten Mal weitgehend entschlagen?
  • Egal was raus kommt: Das türkise Saubermann-Image ist futsch

Eigentlich soll auch der kürzlich als ÖBAG-Chef geschasste Thomas Schmid aussagen, sein Kommen ist allerdings fraglich. Aus diesem Grund luden die Oppositionsparteien als Ersatz den Vorstand des Finanzamts für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, um Licht ins Dunkel der diversen Postenbesetzungen zu bringen. Zu ihrem Wissen über mutmaßliche Posten-Absprachen sollen jedenfalls sowohl Moser als auch Köstinger Auskunft geben. Die Befragung Mosers ist auch deshalb relevant, weil auch die Ermittlungen rund um das Ibiza-Video noch einmal beleuchtet werden sollen. So warf bekanntlich etwa die Bereitstellung eines in weiten Teilen geschwärzten Protokolls schon vor Monaten einige Fragen auf, ob hier belastende Informationen über die Volkspartei getilgt wurden.

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Opposition will rasche Aufklärung – ÖVP spielt auf Zeit

Nur noch bis zum 15. Juli dauert die Frist für die Beweiserhebung, es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Während die Opposition – also FPÖ, SPÖ und NEOS – alles an die Aufdeckung setzen, verstecken sich hochrangige ÖVP-Politiker seit Monaten hinter einem Spiel auf Zeit. Nachdem Blümel, der im Verdacht steht, von umfangreichem Postenschacher gewusst zu haben, dienstliche E-Mails monatelang zurückhielt und diese erst nach Androhung einer Exekution durch den Bundespräsidenten lieferte, scheint sich nun der Verdacht zu erhärten, dass diese nicht vollständig geliefert wurden.

Seit März gibt es nun die Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, dass diese in aller Vollständigkeit bereitzustellen seien. Dass Alexander van der Bellen die Exekution im Mai nicht durchsetzte, sorgt nun für Kritik. Dessen „zahnloses“ Agieren habe dazu geführt, dass Blümel die Akten nicht nur unvollständig, sondern auch großteils mit „völlig unangemessener Geheimhaltungsstufe“ geliefert habe, moniert der FPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Christian Hafenecker. Zwei Monate später droht jetzt erneut die Exekution des VfGH-Urteils gegen Blümel… 

Blümel und Sobotka – Meister der Unverfrorenheit

Blümel ist Beschuldigter in der „Causa Casinos“ – denkt aber trotz der schweren Vorwürfe an keinen Rücktritt. Wenn er am Donnerstag erneut vor dem U-Ausschuss befragt wird, stellt sich die Frage, ob er diesmal auskunftsfreudiger ist. Bei der Zweitbefragung Anfang April machte Blümel nämlich erneut großzügig von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch. Dass ein hoher Minister der Republik angeblich dermaßen viele „Erinnerungslücken“ hat, sorgte übrigens schon bei seiner allerersten Befragung für gleichermaßen viel Kritik wie Gespött – es waren über 80! Den Laptop, den er damals nie besessen haben wollte, führte seine Gattin bei der Razzia im Feber gerade spazieren

Auch der Umstand, dass Sobotka den Vorsitzsessel erneut mit dem Befragungsstuhl tauscht, dürfte für Wirbel sorgen. Denn der in der Kritik stehende Glückspiel-Konzern Novomatic arbeitet mit dem Alois-Mock-Institut zusammen, dem Sobotka vorsitzt. Die Opposition verortet seit Beginn des Ausschusses eine Befangenheit des Vorsitzenden. Sobotka dementierte dies stets. Nun sieht er sich im Recht, weil zuletzt einige Anzeigen nicht über eine Anfangsverdachtsprüfung hinausgingen. Teilweise sind die Vorwürfe nämlich verjährt. So oder so: Seine Führung des Ausschusses ist umstritten, seine Kritiker sehen sie – in Anlehnung an seinen Namen – als eine einzige „Sobotage“. Sogar die Grünen forderten zeitweise seinen Rücktritt!

Saubermann-Image von Kurz & Co. ist futsch

Dass es der Volkspartei in den kommenden Tagen an den Kragen geht, darf angesichts des bisherigen Verhaltens ihrer Auskunftspersonen zwar bezweifelt werden. Eines ist dennoch bereits gewiss: Nachdem der Ausschuss eigentlich als quasi letztes Hinrichtungs-Tribunal gegen die FPÖ gestartet wurde, stellte sich im Laufe der Monate heraus, dass bei den Blauen nicht viel zu finden war. Stattdessen mehrten sich die Vorwürfe gegen die ÖVP, einschließlich des direkten Umfelds von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Dies brachte dessen Dunstkreis so ins Schwitzen, dass man sogar auf die Erstellung von Dossiers über unliebsame Aufdecker der Opposition zurückgriff!

Wenn demnächst alle Befragungen abgeschlossen sind, ist das Staatsträger-Image der türkisen Riege ein für alle Mal Geschichte. Die Offenlegung von privaten Chats, in denen Kurz, Blümel und Schmid etwa über Postenverteilungen berieten und ein andermal über Einschüchterungsversuche gegenüber Geistlichen schekerten, kratzten den Ruf des Kanzlers an. Weil dieser im Bezug auf die Bestellung Schmids an die ÖBAG-Spitze womöglich vor dem U-Ausschuss unrichtige Aussagen machte, wird mittlerweile sogar gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz ermittelt. Dieser ist als oberster Capo der Türkisen nun sogar in der eigenen Partei umstritten.

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