Horst D. Deckert

Pro-Selenski-Agitation in der Österreichischen Nationalbibliothek

Generaldirektorin Dr. Johanna Rachinger uneinsichtig

Der Autor dieser Zeilen besucht oft die Nationalbibliothek, vor etlichen Tagen auch den sogenannten Austriaca-Lesesaal, und wird dort mit einer unangenehmen Sache konfrontiert, konkret: mit einer die Benützer belästigenden aufdringlichen politischen Propaganda, die in einer öffentlichen Einrichtung nichts zu suchen hat. Konkret handelt es sich um große aufgeklebte blau-gelbe Papierfahnen sowie um ebenso blau-gelbe A3/A4-Papiere mit der Aufschrift „We stand with Ukraine“.

Daher erging eine E‑Post an die Leiterin der Nationalbibliothek Dr. Johanna Ratzinger. Der Inhalt (gerafft):

Bei meinem gestrigen Besuch in Ihrem geschätzten Hause musste ich zu meinem Erstaunen folgendes feststellen: Im Austriaca-Lesesaal sind blau-gelbe Papierfahnen an die Wand geklebt worden, außerdem ein Text “We stand with Ukraine” auf blau-gelben Untergrund.

Ich und sicher auch andere Benützer füllen sich durch diesen sachfremden Aktionismus belästigt.

Meine Fragen an Sie:

Sind Sie über obigen Sachverhalt informiert? Wurden diese Papiere mit Ihrer Einwilligung angebracht? Haben Sie davon Kenntnis, wer diese Sache angebracht hat, zB Ihre Mitarbeiter oder Benützer? Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt ein derartiger sachfremder Aktionismus? Werden Sie dafür sorgen, dass die Sachen entfernt werden?

Die Antwort (gekürzt auf den wesentlichen Inhalt):

Die Gestaltung der Räumlichkeiten, Lesesäle etc. der Österreichischen Nationalbibliothek obliegt der Zustimmung der Geschäftsführung und bedarf keiner gesonderten Rechtsgrundlage. Die Einrichtung des Ukraine-Regalbereichs im Austriaca-Lesesaal erfolgte selbstverständlich mit Genehmigung durch Frau Generaldirektorin Dr. Johanna Rachinger … Der Aktion „Stand with Ukraine“ haben sich alle österreichischen Bundesmuseen sowie die Österreichische Nationalbibliothek angeschlossen, um ihre Solidarität mit den vom Krieg Betroffenen zu zeigen.

Frau Rachinger wohnt offenbar eine gewisse Hausherren-Mentalität inne. Sie glaubt, die Gestaltung der Räumlichkeiten obliege ausschließlich ihrem Gutdünken. Das ist allerdings nicht so. Denn auch Frau Rachinger hat sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten, in erster Linie an die Verordnung des Bildungsministeriums, veröffentlicht im Bundesgesetzblatt II Nr. 12/2002. Dort sind unter § 3 die Aufgaben der Nationalbibliothek als Anstalt öffentlichen Rechts festgehalten; unter den insgesamt neun Punkten ist nichts über Solidaritätskundgebungen in den Räumen der ÖNB zu lesen.

Konkretisiert wird die oben erwähnte Verordnung durch die von Dr. Rachinger selbst erlassene Benützungsordnung (Stand Oktober 2022), wo unter § 9 Pkt 2 unter anderem zu lesen ist:

Mit Rücksicht auf die vielfältigen individuellen weltanschaulichen, religiösen und politischen Überzeugungen der BenützerInnen sind … Veranstaltungen politischen oder weltanschaulichen Inhalts im gesamten Bibliotheksbereich untersagt.

Da sich Frau Rachinger uneinsichtig zeigt, erfolgt durch den Verfasser dieser Zeilen eine Beschwerde an die Volksanwaltschaft, da offensichtlich ein Missstand in der Verwaltung vorliegt.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei ZUR ZEIT, unserem Partner in der EUROPÄISCHEN MEDIENKOOPERATION.


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