Horst D. Deckert

Publizistischer Rassismusterror: Die Dorfnegerei in der „taz“

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Neneh Sowe wuchs in einem deutschen Dorf auf. Schon der Name legt nahe, daß sie dabei nicht ausgesehen hat wie Hildegard Hufnagel. In der „taz“ schreibt die junge Frau, wie das war, damals, als sie, das schwarze Kind, auf dem deutschen Dorf aufwuchs. Die Medienkritik.

von Max Erdinger

Eine schwarzes Mädchen wuchs auf einem deutschen Dorf auf. Es heißt Neneh Sowe. Als Erwachsene schreibt die junge Frau in der „taz“ darüber, wie das gewesen ist. Ihre Schlagzeile: „Die Wut kam später“. Der aufmerksame Leser merkt sofort: Frau Sowe scheint ihre Kinderzeit überlebt zu haben, weil sie ansonsten nicht später von der Wut hätte heimgesucht werden können. Alles gut. Zur Schule scheint sie auch gegangen zu sein, weil sie sonst vermutlich nicht Lesen & Schreiben gelernt hätte. Schön, daß sie das Glück hatte, nicht in einem Dorf irgendwo im tiefsten Afrika aufgewachsen zu sein, weil sie dort womöglich keine Schule gehabt hätte. Und wenn, dann wäre nicht gesichert gewesen, daß Neneh als Mädchen die Schule auch hätte besuchen dürfen. Einen ärztlichen Notdienst, der schnell zur Stelle gewesen wäre im Fall, daß es dringend geworden wäre, hätte es dort vermutlich auch nicht gegeben. Das Gute an einem deutschen Dorf ist ja außerdem auch gewesen, daß es dort kaum Neger gab, die massenhaft andere Neger hätten umbringen können. In Afrika ist das bisweilen völlig anders, besonders da, wo die Neger auch noch Islamisten sind. Neneh Sowe ist also ein ausgesprochenes Glückskind gewesen. Eigentlich müsste sie eine Lobhudelei auf das deutsche Dorf ihrer Kindheit vom Stapel lassen.

Dennoch beschleicht den Leser ein ungutes Gefühl. Wenn eine junge schwarze Frau in der „taz“ schreibt, dann bestimmt nicht, um von ihrem Glück in Deutschland zu erzählen und freundliche Worte über die Dorfbewohner ihrer Kindheitszeit zu verlieren. Weil in der „taz“ noch nie ein Neger zu Wort gekommen ist, der nichts zu meckern gehabt hätte. Gedanklich kauert sich der deutschweiße Leser also schon einmal zusammen, um möglichst wenig Angriffsfläche für jene Hiebe zu bieten, die er vermutlich gleich wird einstecken müssen. Dann fängt er zu lesen an.

Gleich nach den ersten beiden Sätzen wird ihm klar, daß es realistich gewesen ist, eine gedankliche Schutzhaltung einzunehmen, und daß das mit „Vorurteil“ nichts zu tun hatte. Er liest: „Sprüche im Bus, AfD-Plakate vor der Haustür: Als Schwarze Person auf dem Dorf aufzuwachsen ist nicht einfach. Aber es gibt auch gute Seiten.“ – Sprüche im Bus und AfD-Plakate vor der Haustür müssen also die schlechten Seiten gewesen sein. Scheint sich wohl nicht um AfD-Plakate gehandelt zu haben, auf denen Achille Demagbo abgebildet gewesen ist. Demagbo ist schwarz, stammt aus Benin und ist Mitglied der AfD in Berlin. Und wieso überhaupt „Schwarze Person“, bei der „schwarz“ groß geschrieben ist? Der Leser ist eine weiße Person und hat noch nie darüber nachgedacht, „weiß“ groß zu schreiben. Vermutlich würde er auch so erkennen, daß Frau Nene Sowe schwarz ist, auch, wenn sie sich nicht sinnbildlich mit Kohlenstaub das Gesicht pudern – und deshalb „schwarz“ groß schreiben würde. So unsichtbar sind die Neger auch wieder nicht, als daß man ihre Hautfarbe besonders hervorheben müsste, denkt er sich. Und was für Sprüche im Bus überhaupt? Solche etwa? – „Guten Morgen, bei euch daheim hat´s wohl gebrannt?“ Und wenn: Muß es verboten werden, fragwürdige Witzchen zu machen, wenn einem ein Unterschied auffällt? Müssen alle das Maul halten, wenn der Unterschied sie eigentlich dazu verlocken würde, ein flapsiges Sprüchlein loszulassen? Wie dieses denn? Aber gut, was wären denn dann die „guten Seiten“ gewesen? Frau Neneh Sowe gibt Auskunft.

Das Klischee

Sie schreibt: „Das typische deutsche Dorfkind läuft barfuß durch Wald und Wiese. Das typische deutsche Dorfkind trägt kurze Hosen und friert als letztes – auch im Winter. Es klettert liebend gern auf Bäume, sammelt Steine und andere Dinge, kennt sich super mit Tieren aus und trinkt in Jugendjahren auf Partys alle anderen unter den Tisch. Und das typische deutsche Dorfkind ist natürlich weiß. Auf mich trifft eigentlich nur eines dieser Klischees zu: Ich würde behaupten, dass ich mich gut mit Tieren und Pflanzen auskenne. Ansonsten bin ich kein typisches deutsches Dorfkind. Und ich bin Schwarz.“ – Zeit, der guten Frau Neneh Sowe einmal zu erklären, was ein – respektive kein Klischee ist. Bis zu der Stelle, an der sie behauptet, das deutsche Dorfkind sei weiß, ist alles Klischee. Daß das typische deutsche Dorfkind weiß sei, ist allerdings kein Klischee, sondern eine feststehende Tatsache. Klischee und Tatsache: Ein Unterschied wie schwarz und weiß.

Ich weiß das, weil ich meine Kindheit selbst auf einem Dorf verbracht habe, wofür ich dem Herrn im Himmel bis an mein Lebensende dankbar sein werde, weil es mir den Irrglauben der Stadtkinder erspart hat, die in der Annahme groß wurden, daß Kühe lila sind und daß die Lebensmittel im Supermarkt hergestellt werden. Außerdem gab es am Ausgang der Kirche einen Opferstock mit einem sogenannten „Nickneger“ obendrauf, was ebenfalls sehr lehrreich gewesen ist. Das war eine knieende Figur in schwarz, die ihre gefalteten Hände vor das Kinn hielt. Bunte Klamotten waren ihr auf den Leib gepinselt worden, damit sie nicht friert in der kalten Kirche eines winterlichen Dorfes in Bayern. Die schwarze Figur war beweglich auf dem Opferstock montiert. Unten hatte sie einen gebogenen Drahtbügel dran, der im Inneren des Opferstocks unter dem Münzschlitz endete. Wenn man eine Münze hineinwarf, dann fiel sie auf diesen Drahtbügel – und der „Nickneger“ bedankte sich artig. So, wie sich das gehört, wenn man etwas geschenkt bekommen hat. Also lernte ich beizeiten, daß die erwachsenen Neger in Afrika höfliche Menschen sind, die ein weißes Dorfkind in Bayern trotzdem von seinem Taschengeld ernähren muß. Weswegen ich viele Jahre später auch vollstes Verständnis dafür hatte, daß die armen Neger in Rhodesien Hunger leiden mußten, nachdem sie jene gutherzigen weißen Menschen erschlagen oder aus dem Lande verjagt haben, die vorher dafür gesorgt hatten, daß sie eben keinen Hunger leiden mussten oder von anderen Negern erschlagen wurden. Daß sie das Land Rhodesien dann auch noch in Zimbabwe umbenannten, erklärte ich mir so, daß „Zimbabwe“ wohl das afrikanische Wort für „Hungerleider“ sein muß. Allerdings wurde mir dadurch auch klar, daß offenbar nicht alle Neger so höflich sind, wie der „Nickneger“ in unserer Dorfkirche.

Retrospektiv betrachtet ist es schade für den lebendigen Neger, den wir in unserem Dorf nicht hatten, daß er nicht dagewesen ist. Bestimmt hätten wir ihn alle sehr ins Herz geschlossen, so daß er einer von uns geworden wäre – und dadurch begünstigt, daß einmal etwas Anständiges aus ihm wird. Ein anständiger Rassist zum Beispiel, der sich darüber freut, daß es so viele Unterschiede gibt zwischen den „die Menschen“ auf der ganzen schönen Welt. Weil wir ihn aber eben nicht hatten, nehme ich an, daß er wohl in Afrika geblieben sein muß. Armer Neger. Wer weiß, was aus ihm geworden ist.

So, dann hätten wir wenigstens schon einmal das mit dem „Klischee“ geklärt. Soll keiner sagen, es gebe keinen friedlichen, interrassistischen Dialog zwischen den „die Menschen“ in Deutschland. Wenn sie auf dem Dorf aufgewachsen sind.

Großschwarz

Aber die Sache mit den Tatsachen und den Klischees scheint nicht das Einzige zu sein, das Frau Neneh Sowe noch nicht wußte, als sie ihren Erlebnisbericht für die „taz“ verfasst hat. Obwohl sie auf einem deutschen Dorf aufgewachsen ist. Woran es wohl liegt? Sie schreibt: „Vielleicht überrascht es Sie, dass ich Schwarz großschreibe. Das tue ich deshalb, weil Schwarz in diesem Zusammenhang ein politischer Begriff ist, der nicht auf den Hautton abhebt, sondern auf die Diskriminierungserfahrungen, die Schwarze Menschen erleben und erlebt haben.“ – Aaalter! Würde ich in dem Satz: „Und dann fand die dumme Kuh den Weg in den Viehtransporter von ganz allein“ das Wort „dumm“ groß schreiben, damit klar wird, daß „dumm“ in diesem Zusammenhang Kein politischer Begriff ist? Ich habe große Zweifel daran, daß man Wörter groß schreiben muß, wenn man haben will, daß andere Leute sie als politische Begriffe verstehen sollen, weil sie angeblich eine „Diskriminierungserfahrung“ beschreiben. „Schwarz“ heißt nur schwarz. Zwar bin ich mir bewußt, daß „Diskriminierung“ nicht das Wort ist, das Kinder, die auf einem deutschen Dorf aufwachsen, am häufigsten hören. Dennoch sollte die Tatsache, daß ein auf dem Dorf aufgewachsenes Kind schwarz gewesen ist, nichts damit zu tun haben, daß es als junge Frau nachplappert, was ihm später in der Stadt weisgemacht wurde. Die „Diskriminierung“ stammt vom lateinischen Verbum „discriminare“ ab. Und das heißt „unterscheiden“, nicht „herabsetzen“. Was politisch sein soll an der Feststellung, daß der eine Mensch schwarz und ein anderer weiß ist, und daß das einen Unterschied ausmacht, weiß der Kuckuck. Vielleicht sollte ich den mal fragen. Es heißt ja: „Weiß der Kuckuck“.

Einschub

Kleiner Einschub: Als ich während des Schreibens gerade sicherstellen wollte, über die Herkunft des Wortes „Diskriminierung“ garantiert keinen Mist vom Dorf zu erzählen, habe ich mich noch einmal vergewissert, daß stimmt, was ich behaupte, nämlich, daß die Übersetzung des lateinischen Verbs „discriminare“ auf „unterscheiden“ lautet. Es spricht Bände, daß ich als erstes Ergebnis für den Suchbegriff „discriminare lateinisch deutsch“ Folgendes geliefert bekam: „discriminare – diskriminieren“. Har-har-har. Wenn noch irgendwer Zweifel daran hatte, was Google ist, dann weiß er es jetzt: „Google“ ist das englische Wort für das deutsche „Volksverarschung“. Erst beim Anklicken eines weiter unten gelisteten Suchergebnisses kam dann tatsächlich Deutsch für die deutsche Übersetzung des lateinischen „discriminare“: „discriminare – unterscheiden“. Aber zurück zu Frau Neneh Sowes Erlebnisbericht von der ihrer Kindheit auf dem deutschen Dorf.

Großschwarz und Kleinweiß

Sie schreibt also „schwarz“ groß, weil „schwarz“ in Zusammenhang mit der Botschaft, die sie gern verbreiten möchte, ein „politischer Begriff“ sein soll. Was „schwarz“ tatsächlich ist, hängt aber nicht davon ab, was eine Frau Neneh Sowe gern verstanden wissen will. Sie selbst kann ja „schwarz“, wenn sie will, durchaus als ein Synonym für „weiß“ begreifen und es für sich selbst zu einem politischen Begriff erklären. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. Dennoch behaupte ich, daß „schwarz“ kein politischer Begriff ist, es sei denn, man würde unterstellen, daß „Politik“ ein Synonym für „linke Agenda“ sei. Daß Linke das gern so hätten, ist allerdings keine Neuigkeit. Wenn überhaupt, dann wäre „schwarz“ höchstens ein linkspolitischer Begriff. Welche Begriffe Linke zu welchem Zweck mit anderen Inhalten füllen, wußte bereits Franz Josef Strauß. Der war ein politischer Schwarzer. Für politische Farben gilt: Schwarz ist die Union, Rot sind SPD und Linke, Blau ist die AfD, Gelb ist die FDP – und grün angepinselt haben sich die roten Ökofaschisten.

Worüber sich Frau Neneh Sowe beklagt, ist, daß die Reaktionen auf das Erkennen eines Unterschieds anders ausfallen, als solche, die beim Erkennen von Gleichheit zu beobachten sind. Dabei wäre das nur logisch, weil es zwischen dem Unterschied und der Gleichheit einen Unterschied gibt. Wie bauernschlau Leute mit einer linken Agenda in ihren Krachschädeln sind, läßt sich also schon daran erkennen, daß sie angenommen haben, die Existenz des Unterschieds lasse sich dadurch aus der Welt schaffen, daß man das Wort „Unterscheidung“ einfach ersetzt durch „Herabsetzung“. Linke haben notorische Probleme mit Unterschieden aller Art, vermutlich, weil sie nicht die Hellsten sind. Vermutlich deswegen legen sie auch keinen gesteigerten Wert darauf, daß ihre Wortführer klüger zu sein hätten als die Masse ihrer Mitläufer. Saskia Esken, Kevin Kühnert und Bodo Ramelow liefern täglich den Beweis für die Richtigkeit dieser Feststellung. Sie merken, daß ich den in diesem Zusammenhang eigentlich fälligen, „politischen Begriff Baerbock“ vermieden habe. Daß „Baerbock“ den Gipfel aller dämlichen Unterschiedsverachtung darstellt, braucht niemand mehr zu erwähnen.

Frau Neneh Sowe ist eigentlich gar nicht schwarz. Ihr Vater ist schwarz, ihre Mutter ist weiß. Sie selbst sieht eher bräunlich aus. Wenn sie ihre eigene Hautfarbe als schwarz bezeichnen will, dann ist das ihre Sache. Genausogut könnte sie die nämlich als weiß bezeichnen. Der einzige Nachteil, den sie davon hätte, wäre der, daß sie dann in der „taz“ nicht von ihren rabenschwarzen „Diskriminierungserfahrungen“ auf einem deutschen Dorf hätte schreiben können. Konnte sie eigentlich auch so nicht. Ihre eigene Kindheit beschreibt sie als sehr schön. Die anderen Dorfbewohner seien alle sehr nett und freundlich gewesen. Sogar in einer „Kinderbande“ sei sie voll akzeptiertes Mitglied gewesen, erzählt sie. Aber sie kenne auch schwarze Leute, die in anderen Dörfern aufgewachsen sind. Die habe sie über deren schreckliche Erfahrungen mit der Unterscheidungsfreudigkeit der Deutschen interviewt. Mit dem Ergebnis, daß für deutsche Dorfbewohner offenbar nicht alles weiß ist, was aussieht wie schwarz. Schande über euch gräßliche Dorfbewohner! Was ist euch eigentlich eingefallen?

Die Entfremdung per Verantwortungsverschiebung

Tja, und dann kam es doch zu einer „Entfremdung“, wie Frau Neneh Sowe schreibt. Und das ist bemerkenswert, weil es gar keine „Entfremdung“ gewesen ist, sondern eine „Fremdwerdung“. Aber gut, „Entfremdung“ wird tatsächlich so verwendet, wie das Frau Neneh Sowe in ihrem Erlebnisbericht tut. Sie schreibt: „Sie passierte schleichend und lässt sich am besten am Musikgeschmack festmachen: Ich weiß noch, wie irritierend ich es fand, wenn auf den Dorffesten Mickie Krauses „Geh mal Bier hol’n“ gespielt wurde. Während die meisten anderen Kinder solche Ballermann-Hits leidenschaftlich mitsingen konnten, ging ich lieber vor die Tür und schnappte frische Luft. Bei uns zu Hause wurde andere Musik gehört. In Videos aus unserer Kindheit sieht man meine Schwester und mich mit drei oder vier Jahren zu R&B-Songs von Whitney Houston, Usher und D’Angelo tanzen. Diese Künst­le­r*in­nen prägten mich, und so kommt es auch nicht von ungefähr, dass mein erstes Konzert nicht von Helene Fischer war, sondern von Alicia Keys. Durch ihre Musik lernte ich auch Klavier spielen, „If I Ain’t Got You“ war der erste Song, den ich singen und wozu ich mich selbst begleiten konnte.“ – und dafür konnte nun wirklich keiner der anderen Dorfbewohner etwas. Hätten sie anstatt bei Mickie Krauses „Geh´mal Bier holen“ zu „Sex Machine“ von James Brown mitgegrölt, wäre es vermutlich „kulturelle Aneignung“ gewesen. Es waren nicht die Dorfbewohner, die sich daran gestoßen haben, daß Neneh Sowe zuhause mit anderer Musik aufgewachsen ist. Es ist leider Frau Neneh Sowe, die sich in ihrem „taz“-Artikel darüber zu mokieren scheint, daß alle anderen Dorfbewohner andere Musik hörten, als sie das von zuhause gewöhnt war. Was bildet sie sich eigentlich ein, denjenigen im Opfermodus mit „Entfremdung“ zu kommen, von denen diese „Entfremdung“ gar nicht ausgegangen war? Und was taugt ein „taz“- Chefredakteur, der ihr das nicht ausreden wollte, bevor der Artikel sein OK zur Veröffentlichung bekommen hat? Klar war das eine rhetorische Frage. Die „taz“ folgt einer linken Agenda. Für Linke gilt seit jeher: Der Zweck heiligt die Mittel. Wenn ein ungerechtfertigter Vorwurf immer noch dazu taugt, jemanden mit Etiketten zu versehen, dann ist für Linke die fehlende Rechtfertigung ein läßlicher Makel. Nicht zuletzt deshalb verachte ich diese Brut ohne Ende.

Meinereiner ist übrigens ebenfalls mit einer anderen Musik aufgewachsen als die anderen Dorfbewohner. Die hörten Schlager. Bei uns zuhause gab es klassische Musik. Und zwar ausschließlich. Auch in unserer Familie konnte jeder mindestens ein Instrument spielen. Später wurde ich ein großer Jazz-, Jazzrock- und Fusionfan. Ich liebe die „Negermusik“ bis heute, wurde begeisterter Drummer und großer Bewunderer schwarzer Musiker. Aber auf die Idee, über die anderen Dorfbewohner die Nase zu rümpfen, weil sie „dumpfdeutsche Schlager“ favorisierten, wäre ich nie gekommen. Bei „Marmor, Stein und Eisen bricht“ habe ich genauso mitgegrölt wie alle anderen. Wenn man dazugehören will, muß man eben manchmal über seinen Schatten springen. Außer, man lebt heutzutage als „Schwarzer“ in Deutschland. Dann hat man die Berechtigung. Welche? Die Berechtigung, sich zu jeder Gelegenheit über den Rassismus der Autochthonen, die angebliche Herabsetzung („Diskriminierung“) durch Autochthone und ganz generell über ihre Fähigkeit zur Unterscheidung zu beklagen, selbst dann, wenn diese Fähigkeit mit keinerlei Nachteilen für einen selbst verbunden ist. Niemand kann etwas dafür, daß sich Frau Neneh Sowe unbedingt für eine, wie sie schreibt, „Schwarze mit hellerem Hautton“ halten will und nicht für eine „Weiße mit dunklerem Hautton“. Ich habe den Verdacht, daß sie inzwischen sehr wohl weiß, was sie selbst davon hat, das so zu halten. Wer es in Deutschland heutzutage schafft, sich – ob gerechtfertigt oder nicht – im Opferstatus einen Platz auf der Sonnenseite des Lebens zu sichern, der wäre ja blöd, wenn er sich diesen Platz nicht sichern würde.

„Rassismus“

Und das ist es letztlich auch, was dieser behauptete „Antirassismus“ der Linken in Deutschland tatsächlich ist: Rassismus mit umgekehrten Vorzeichen. Wobei einschränkend angemerkt werden muß, daß „Rassismus“ selbst ein Wort ist, das ausschließlich einem linken Verständnis von „Rassismus“ nach verwendet wird. Daß Linke behaupten, es könne gar keinen Rassismus gegen Weiße geben, weil Rassismus nur eine Richtung kenne, ist nichts weiter als eine der üblichen linken Strategien zur Verdrängung jener Realität, die ihrer eigenen Ideologie zuwiderläuft, weswegen sie die auch zu revidieren hätten. Das wäre allerdings das allerletzte, was einem Linken in die Tüte käme: Daß er anfängt, selbstkritisch zu werden. Ihrem Charakter nach unterscheiden sich Linke – ich weiß, diese Behauptung ist pauschalisierend – kein Stück von iranischen Mullahs oder den Taliban. Wer allerdings alles ausdifferenziert bis ins letzte Detail, der macht letztlich überhaupt keine Aussage mehr. Und ich schreibe nicht Medienkritiken, um keine Aussagen zu treffen. Differenzieren darf der Leser selbst. Ich unterstelle einfach, daß er das kann, und daß ich ihm sein Schnitzel nicht vorkauen muß.

Es sind immer Linke, die felsenfest davon überzeugt sind, sie seien die einzigen, die die Weisheit mit dem Schaufelbagger gefressen hätten, und daß sie deswegen ein bald gottgegebenes Recht darauf hätten, sich als Erziehungsberechtigte zu verstehen und alle anderen permanent mit ihren alogischen Klugscheißereien zu nerven, um so für deren Umerziehung zu sorgen. Die „taz“ ist das Zentralorgan dieser komplett Verpeilten. Wenn es stimmt, daß sich Geschichte wiederholt, dann werden auch die Zeiten wieder kommen, in denen Linke sich völlig zu Recht darüber beklagen dürfen, daß sie wieder einmal in historisch einmaligem Ausmaß „aufs Maul bekommen“ haben, um als nächstes wieder mit der Lüge weiterzumachen, sie selbst hätten überhaupt nichts dafür gekonnt. „Pack“ eben. Alp Mar hatte seinen Buchtitel hervorragend gewählt.

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