Horst D. Deckert

Puntigam: Junge Leut’ haben enorme Fitness-Mängel…

Der Polizei laufen die Polizisten davon und Nachkömmlinge sind schwer zu finden. Interessierte Bewerber scheitern oft an der fehlenden Körperkraft oder an mangelnden Rechtschreibkenntnissen. Auch das Bundesheer hat große Schwierigkeiten, volltaugliche Jungmänner zu rekrutieren.

„Im Prinzip ist das nichts Neues“, betont Josef Paul Puntigam, pensionierter Brigadier des Bundesheeres, der das Drama mit der körperlichen Verkümmerung des militärischen Nachwuchses schon vor mehr als 25 Jahren heraufziehen sah. Schon damals seien viele der jungen Rekruten zu dick gewesen und im Laufe der Jahre hätten auch viele Leute vom Kaderpersonal an Gewicht stark zugelegt. Für Puntigam (Bild unten) ist dies ein typisches Wohlstandssyndrom, hervorgerufen durch zu wenig Bewegung und viel zu viel Essen. „Als ich in den 1970er-Jahren auf die Militärakademie kam, hatte ich nicht mehr als 58 Kilogramm“, erläutert er und sagt auch, wieso: „Ich musste in meiner Jugend viel zu Fuß gehen und zu Essen hat es nur zweimal am Tag was gegeben, in seltenen Fällen Fleisch.“ Das spartanische Leben, das ihn nicht in die Breite wachsen ließ, hatte ihm auch schon bei der Bewältigung der Jagdkommandoausbildung geholfen. Dort hat er schon als 23-jähriger an die 100 Liegestütze und mehr am Tag gepumpt, die in Zehner-, Zwanziger oft aber auch Dreißiger-Paketen zu absolvieren waren.

Was ist da los?

Heute scheitern 18-jährige Wehrpflichtige schon bei wenigen Liegestützen und wenn bei diesen Kraftlosen dann auch noch Verhaltensauffälligkeiten oder psychische Störungen festgestellt werden, haben die Burschen ihre Volltauglichkeit verspielt. Noch im März des Vorjahres waren in Oberösterreich 26,2 Prozent als untauglich eingestuft worden. Im Bundesdurchschnitt waren es 25 Prozent. Daher führte man beim Heer flugs die Teiltauglichkeit ein, da man mit solchen Leuten auch Posten im Innendienst besetzen könne, heißt es dazu aus der Ergänzungsabteilung. Trotz Einführung dieser Teiltauglichkeit sind ein Viertel aller Stellungspflichtigen nach wie vor untauglich. Da auch für den Polizeinachwuchs kein anderes Potenzial an jungen Leuten verfügbar ist, ist die Exekutive bei der Nachwuchsrekrutierung in derselben prekären Lage wie das Heer. Bei der Exekutive kann man sich allerdings nicht vorstellen, nur Teiltaugliche im Polizeidienst zu verwenden. Daher hat man dort die Aufnahmekriterien heruntergeschraubt, wie auch das Innenministerium bestätigt. Dieses legt allerdings wert auf die Feststellung, dass man die Kriterien nicht vereinfacht, sondern nur verändert und der Praxis angepasst habe. Übrigens: Frauen sollen bei diesen Tests durchwegs besser abschneiden als die männlichen Kandidaten, weshalb man bei der Polizei, aber auch beim Militär schon länger über der Frage grübelt: Was ist bloß mit unseren Männern los?

Verweichlichung

Nicht nur Puntigam glaubt es zu wissen. Auch Fachleute geben den heutigen Lebensumständen, die stark von Tendenzen der Verweichlichung geprägt sind, die Schuld. Über die täglichen Turnstunden sei jahrelang ergebnislos diskutiert worden, ärgert sich der oberösterreichische Berufssoldat und FPÖ-Landtagsabgeordneter Michael Gruber. Kein Geld, hieß es immer wieder. Dieses Aufschieben habe die Sicherheitslücke bei Bundesheer und Polizei natürlich vergrößert, zumal die Exekutive immer mehr Leute verliert – nicht nur durch Pensionierungen. Auch wegen der Familienunverträglichkeit des Jobs und seinem geringen Ansehen, gepaart mit zunehmenden Verletzungen, veranlassen Polizisten, ihren Job an den Nagel zu hängen, heißt es aus Gewerkschaftskreisen. Auch bei Heeres-Spezialeinheiten wie dem Jagdkommando schlägt die in den letzten Jahrzehnten allgemein schlechter gewordene körperliche Verfassung der jungen Männer auf das Absolventenpotenzial durch. Haben – wie noch zu Puntigams Zeiten beim 8. Jagdkommandokurs – von 100 Einzelkämpferbewerbern am Ende etwa 30 den Lehrgang erfolgreich absolviert, so gab es beim 41. Jagdkommandokurs vor etwa zehn Jahren nur noch 81 Bewerber, von denen schließlich 27 in die Ausbildung kamen. Davon haben dann nur zehn Burschen erfolgreich bestanden.

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