Horst D. Deckert

RKI-Dokumente: Passagen wie „Entfall der Phase III-Studie“ sollten geheim bleiben

Wir haben, beginnend mit 2020, eine Reihe von Passagen aus den RKI-Dokumenten gesichtet, die besonders intensiv geschwärzt waren. Dieser erste Einblick zeigt, dass beispielsweise der Entfall der Phase III-Studie der Pfizer Impfstoffe bereits im April 2020 gemeinsam mit der EMA geplant wurde – und die Zensoren der Bundesregierung diesen Umstand geheim halten wollten. Bis zu einer Bestätigung der Echtheit sind die Unterlagen mit der nötigen Distanz zu betrachten.

Um zu erahnen, welche Informationen die Deutsche Bundesregierung bis zuletzt geheim halten wollten, stehen nun Dokumente aus dem so genannten Leak zur Verfügung, welche von Frau Velazquez am Dienstag, dem 23. Juli anlässlich einer Pressekonferenz in Berlin präsentiert wurden. Die Authentizität wurde noch nicht durch das RKI oder andere Stellen bestätigt. Weiters ist zum Verständnis wichtig, dass man nicht gesichert davon ausgehen kann, dass nicht einzelne Personen oder Abteilungen innerhalb oder außerhalb des RKI diese Dokumente vor diesem Leak abgeändert oder gekürzt haben.

Speziell die Vollständigkeit ist unbedingt zu hinterfragen. Wir sind auch aufgrund des Umstands misstrauisch, weil die meisten Dokumente von Frau Dr. Ute Rexroth, Mitarbeiterin des RKI, erst im Jahr 2024 erstellt bzw. gespeichert wurden. Dies ist für Dokumente, welche Sitzungen des Jahres 2020 betreffen, erklärungsbedürftig.

Zusammengefasst kann man sagen, dass die Schwärzungen der letzten freiwilligen Veröffentlichung durch das RKI fast nur noch personenbezogene Daten (Personennamen) betrafen. Fast. Die Passagen, die darüber hinausgehen, sehen wir uns zuerst an.

Protokoll vom 2.3.2020 – Datenschutz bei der Lufthansa

Die Anwaltskanzlei RAUE erklärte die Schwärzungen wie folgt:

Die Schwärzungen auf Seite 8 des Protokolls unter TOP 10 (erster Bulletpoint un-terhalb der Überschrift „Transport und Grenzübergangsstellen“) enthalten Informationen zum Flugverkehr insbesondere mit Blick auf den Austausch von Passagierdaten mit Gesundheitsämtern. In der geschwärzten Passage werden in diesem Zusammenhang Unternehmensinterna einer namentlich genannten Fluggesellschaft offengelegt. Es geht insbesondere darum, ob die betroffene Fluggesellschaft bestimmte Vorkehrungen getroffen hat, um Passagierdaten mit Gesundheitsämtern auszutauschen. Zudem geht es um weitere Maßnahmen, die die Fluggesellschaft in diesem Zusammenhang treffen soll. Es handelt sich hierbei um vertrauliche Informationen die bisher nicht an die Öffentlichkeit gelangt sind. Die betroffene Fluggesellschaft hat ein schützenswertes Interesse, dass die entsprechenden Informationen nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Es handelt sich um geschützte Unternehmensinterna, ob auch eine Fluggesellschaft ein Verfahren vorhält, um Passagierdaten mit Gesundheitsämtern auszutauschen.

Protokoll vom 4.3.2020 – Wirksamkeit eines Medikamentes

Die Anwaltskanzlei RAUE erklärte die Schwärzungen wie folgt:

Die Schwärzungen auf Seite 4 des Protokolls unter TOP 1 (letzter Bulletpoint) betreffen Informationen zur Wirksamkeit eines namentlich genannten Medikaments eines namentlich genannten Pharmaunternehmens. In diesem Zusammenhang wird auch erwähnt, welche Untersuchungen es bereits zur Wirksamkeit des Medikaments gegeben hat. Ebenfalls findet Erwähnung, zu welchen Zwecken das
2769-7442-4327v6 Seite 219 von 1059 Medikament in anderen Ländern zugelassen ist. Bei diesen Informationen handelt es sich um geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des betroffenen Pharmaunternehmens. Das Pharmaunternehmen hat insoweit ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, da es um die Wirksamkeit eines Medikaments geht. Die entsprechenden Informationen sind öffentlich nicht bekannt, weshalb den Informationen eine Wettbewerbsrelevanz zukommt. Mitbewerber des Pharmaunternehmens könnten sich durch Kenntnis der geschwärzten Passage unberechtigterweise Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Eine identische Schwärzung wurde auch im Protokoll vom 6.3. unter Punkt 2, Erkenntnisse über den Erreger durchgeführt.

Protokoll vom 30.3. – Übertragung von Bewegungsdaten aus Fitnesstrackern

Die Anwaltskanzlei RAUE erklärte die Schwärzungen wie folgt:

Die Schwärzungen auf Seite 9 des Protokolls unter TOP 13 (erster Bulletpoint unterhalb der Überschrift „Freiwillige pseudonyme Datenspende“) enthalten Informationen zur Nutzung von Daten aus Fitnesstrackern und anderen am Körper getragenen Computersystemen. In diesem Zusammenhang wird eine mögliche Kollaboration mit einem namentlich genannten Unternehmen erwähnt. Die geschwärzte Passage enthält Informationen dazu, mit wem dieses Unternehmen gewöhnlicherweise zusammenarbeitet. Die geschwärzte Passage unterfällt damit dem Ausschlussgrund des § 6 S. 2 IFG, da es um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des betroffenen und namentlich genannten Unternehmens geht. Die Tatsache, dass eine Partnerschaft mit einem bestimmten Unternehmen eingegangen werden soll, ist ein Betriebsinterna. Dies gilt ebenfalls mit Blick auf die Informationen, mit welchen Kunden Unternehmen gewöhnlicherweise zusammenarbeiten. Insoweit besteht für das Unternehmen ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, da es sich um wettbewerbsrelevante Informationen handelt. Mitkonkurrenten könnten aus diesen Informationen Wettbewerbsvorteile ziehen.

Protokoll vom 15.4.2020 – EMA und Pfizer planen Phase III Studien auszulassen

Die Anwaltskanzlei RAUE erklärte die Schwärzungen wie folgt:

Die Schwärzungen auf Seite 8 des Protokolls unter TOP 2 (dritte Schwärzung auf dieser Seite) enthalten Informationen zu den Überlegungen eines namentlich benannten Pharmaunternehmens mit Blick auf die Durchführung bestimmter namentlich genannter Studien. Ebenfalls geht es um die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Anwendung des bestimmten Impfstoffs erfolgen soll. Die geschwärzte Passage enthält damit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des betroffenen Pharmaunternehmens. Es geht um Betriebsinterna, da konkret erwähnt wird, wie das betroffene Pharmaunternehmen mit Blick auf die Studien sowie die Anwendung eines Impfstoffes umgeht. Das betroffene Pharmaunternehmen hat insoweit ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse.

Protokoll vom 18.5.2020 – Corona Warn-APP mit SAP und Telekom

Die Anwaltskanzlei RAUE erklärte die Schwärzungen wie folgt:

Die Schwärzungen auf Seite 6 des Protokolls unter TOP 3 enthalten Informationen zu Abstimmungen und Workstreams im Zusammenhang mit der Erstellung der Corona-Warn-App. Konkret geht es um Informationen dazu, welche beide namentlich genannten Unternehmen insoweit die Federführung bei der Erarbeitung zukommt. Hierbei handelt es sich um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, weshalb insoweit der Ausschlussgrund des § 6 S. 2 IFG greift. Bei diesen Informationen handelt es sich um Betriebsinterna. Es ist öffentlich nicht bekannt, welche Unternehmen federführend bei der Erarbeitung der App beteiligt waren. Den beiden namentlich genannten Unternehmen kommt daher insoweit ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse zu.

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