Schon länger steht Soja im Verdacht, negative Auswirkungen auf das menschliche Hormonsystem zu haben. Die staatliche Gesundheitsbehörde Frankreichs will nun entsprechend intervenieren. Zum Schutz der hormonellen Gesundheit soll ein Verbot von Sojaprodukten an den Schulen und generell in öffentlichen Kantinen implementiert werden. Auch Höchstwerte für den wahrscheinlich unbedenklichen Konsum wurden veröffentlicht.
Frankreich schlägt Alarm: Die staatliche Gesundheitsbehörde Anses fordert ein Verbot von Sojaprodukten in öffentlichen Kantinen – von Schulen über Betriebsrestaurants bis hin zu Pflegeheimen. Der Grund? Ein chemischer Stoff in Soja, der Hormonhaushalt und Fruchtbarkeit bedroht.
Der Übeltäter heißt Isoflavon – eine Substanz in Soja, die den weiblichen Östrogenen täuschend ähnlich ist. Laut Anses birgt der übermäßige Verzehr ernsthafte Risiken. Bei Frauen, die täglich rund 70 Gramm Soja (entspricht etwa 40 Milligramm Isoflavone) konsumieren, sinkt die Fruchtbarkeit um etwa drei Prozent. Der Menstruationszyklus gerät durcheinander, die Follikelphase verlängert sich, und die Ovulation wird seltener. Männer bleiben ebenfalls nicht verschont: Hohe Isoflavon-Mengen führen zu einem geringeren Spermiengehalt und damit zu ebenfalls eingeschränkter Zeugungsfähigkeit.
Die Behörde stützt sich auf handfeste Studien. „47 Prozent der Soja-Konsumenten überschreiten die empfohlenen Grenzwerte für Isoflavone und setzen sich damit gesundheitlichen Gefahren aus“, warnt Perrine Nadaud, Forscherin bei Anses. Die Botschaft ist klar: Es geht nicht darum, Soja verteufeln, sondern die Risiken ins Rampenlicht zu rücken.
Anses hat klare Vorgaben ausgearbeitet, um die Gefahr einzudämmen. Der empfohlene Höchstwert liegt bei 0,02 Milligramm Isoflavone pro Kilogramm Körpergewicht täglich. Für Schwangere, Frauen im gebärfähigen Alter und Kinder vor der Pubertät wird dieser Wert sogar halbiert auf 0,01 mg/kg. „Unterhalb dieser Schwelle gibt es angeblich kein Gesundheitsrisiko“, erklärt Nadaud. Doch eine pauschale Tagesmenge für Soja lässt sich nicht festlegen – die Isoflavon-Konzentration schwankt zu stark von Produkt zu Produkt.
Genau das macht die Sache knifflig. Sojasoße etwa ist ein Leichtgewicht, während Soja-Cracker oder geröstete Sojabohnen regelrechte Isoflavon-Bomben sind – bis zu hundertmal stärker belastet. Sojamilch und Desserts liegen dazwischen, werden aber oft in größeren Mengen verzehrt. Wer also glaubt, mit einem Soja-Latte gesund zu leben, könnte sich täuschen – die Dosis macht das Gift. Mehr noch – dies dürfte vor allem Vegetariern und Veganern sauer aufstoßen, die überdurchschnittlich viel Soja (insbesondere als Fleisch- und Milchersatz) konsumieren.
Kinder als Versuchskaninchen?
Besonders brisant ist der Vorstoß, Soja aus Schulmensen zu verbannen. Kinder und Jugendliche stehen im Fokus, weil ihre Hormonsysteme noch empfindlicher sind. Präpubertäre Jungen und Mädchen könnten durch Isoflavone langfristig Schaden nehmen – ein Risiko, das Anses nicht eingehen will. Doch auch in Betriebskantinen und Pflegeheimen soll Schluss sein mit Soja-Bratlingen und Tofu-Schnitzeln. Noch ist es nur ein Vorschlag, aber die Behörde drängt auf Tempo. „Wir wollen einen Schutzgrenzwert etablieren, um die Exposition zu begrenzen“, betont Nadaud.
Kritiker könnten einwenden, dass Frankreich übertreibt – schließlich essen Asiaten seit Jahrhunderten Soja ohne sichtbare Fruchtbarkeitskrisen. Doch Anses kontert: Traditionelle Zubereitungsmethoden wie Waschen oder Einweichen, wie sie in Asien üblich sind, senken die Isoflavon-Gehalte erheblich. In Europa hingegen dominieren industriell verarbeitete Produkte, die den Stoff in geballter Form liefern. Ein Unterschied, der den französischen Ansatz erklärt.
Neben dem Kantinen-Verbot richtet Anses einen Appell an die Lebensmittelindustrie. Hersteller sollen ihre Produktionsweisen überdenken und die Isoflavon-Mengen reduzieren. „Bei der Zubereitung von Sojaprodukten könnten traditionelle Techniken helfen, die Werte zu senken“, schlägt Nadaud vor. Ein Wink mit dem Zaunpfahl an Konzerne, die Soja in Crackern, Milchalternativen oder Fertiggerichten verbauen. Doch ob die Industrie mitspielt, steht in den Sternen – Profit geht oft vor Gesundheit.
Die Schwankungen der Isoflavon-Konzentration bleiben ein Problem. Während Sojasoße mit minimalen Werten glänzt, explodieren die Mengen in Vollsojabohnen oder Snack-Produkten. Verbraucher stehen vor einem Rätsel: Ist der Soja-Joghurt harmlos oder eine Hormonfalle? Soja wurde jahrelang als Wundermittel gefeiert: vegan, proteinreich, nachhaltig. Doch jetzt zeigt sich: Was hip ist, ist nicht automatisch heilsam.
Für die Gesellschaft heißt dies: Zeit, die rosa Brille abzusetzen und Ernährungstrends kritisch zu hinterfragen. Ob der Vorschlag Gesetz wird, bleibt offen. Aber eines ist sicher: Der Soja-Boom hat einen empfindlichen Dämpfer bekommen.
Mein neues Buch ist da: “Im Zensurwahn – Die Aushöhlung von Freiheit und Demokratie“.