
Es stimmt einfach nicht, dass die Bundesrepublik eine DDR 2.0 ist. Auf dem Weg dahin fehlt noch ein gutes Stück – doch wir holen mächtig auf: Deutsche müssen inzwischen teilweise schon mehr als ein Jahr auf ihren Neuwagen warten, und zwar nicht allein aufgrund der derzeitigen Engpässe im Zuliefererbereich und vor allem der Halbleiterindustrie, sondern auch, weil die Industrie „Prioritäten setzen“ muss – und die liegen in der Elektromobilität. So erklärte Daimler-Vorstandschef Olaf Källenius heute in der „FAZ“ die langen Wartezeiten für neue Mercedes-Fahrzeuge. Fehlende Teile sind das eine, strukturelle Umstellungen das andere – und letztere werden sich immer gravierender auswirken.
Dass eine praktisch planwirtschaftliche, weil politisch und klimaideologisch herbeigepresste Transformation („Mobilitätswende“) zu Ausfällen und Produktionsunterbrechungen führt, ist sind bereits die ersten Tropfen eines Wolkenbruchs an die Entbehrungen, die die Werktätigen im neuen Ökosozialismus als Opfer für die Rettung ihrer Zukunft bringen müssen – zuerst nur in Nischensegmenten und bei speziellen Produkten, doch absehbar demnächst dann auch in immer mehr Branchen. Für den einstigen automobilen Weltprimus Deutschland ist das alarmierend.
Man müsse natürlich, so Källenius, die Profitabilität ebenso im Auge haben wie auch die Elektro-Offensive, und werde „alles dafür tun, die Wartezeiten zu verkürzen, wenn sich die Lage wieder stabilisiert„, so der Daimler-Boss. Doch man ahnt, was hier künftig Vorrang haben wird: Der wahre Payout bemisst sich nicht mehr in guten Bilanzergebnissen, sondern in positiver grüner Presse, guten „Haltungsnoten“ und der Verschonung von Shitstorms durch neurotische Klima-Gören, die als Rachegöttinnen mangelnder Nachhaltigkeit über das Image von Unternehmen und die Glaubwürdigkeit ihrer „Corporate Social Responsibility“ bestimmen. Die verrücktesten Blüten treibt diese Zeitgeist- und Gossenanbiederung an FFF & Konsorten; am tollsten trieb es vergangenes Frühjahr Siemens-Boss Joe Kaeser mit seiner Offerte eines Aufsichtsratssitzes an Luisa Neubauer.
Der wahre Payout: Grüne Haltungsnoten
Es geht um Haltung, Haltung, nochmals Haltung. Auch bei Källenius: „Unsere Haltung ist klar: Wir warten nicht auf die Transformation. Wir treiben sie. Darum geht’s.“ Tatsächlich? Den Menschen geht es am Ende um etwas anderes: In ihrem Wunschfahrzeug sicher und zuverlässig von A nach B zu kommen. Der Weltretterkomplex von DAX-CEO’s ist da sekundär.
Zumal ihre Transformation alles andere als umweltfreundlich und sauber ist: Die Förderung der die explodierende Batterieproduktion notwendigen Rohstoffe unter für Mensch und Natur ausbeuterischen Verhältnissen inklusive moderner Sklaverei und Kinderarbeit, unter katastrophaler Ökobilanz, hat Daimler natürlich nicht auf dem Schirm, wenn Källenius schwärmt: „Die Versorgung mit hochwertigen Batteriezellen zu wettbewerbsfähigen Kosten ist ein entscheidender Schlüssel für unseren ehrgeizigen Elektro-Hochlauf„. Nur zur Größenordnung: Bis Ende des Jahrzehnts strebt der Konzern Kapazitäten von mehr als 200 Gigawattstunden an. Eine Katastrophe für Umwelt und Menschen der Erzeugerländer. Doch was zählen die, solange das grüne Klimagewissen erstrahlt?
Noch kurz zurück zur DDR: Wen dies tröstet -im einstigen ostdeutschen Arbeiter- und Bauernparadies wartete man im Schnitt sieben Jahre auf seinen Neuwagen (Privilegierte etwas kürzer). Da ist ein Jahr gar nichts – und noch jede Menge Luft nach oben.