Horst D. Deckert

Scott Ritter: «USA versuchen verzweifelt ihr Publikum auf neue Situation einzustellen»

Zwischen der Ukraine und Russland ist etwas im Gange, was den Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA dazu veranlasst, verzweifelt zu versuchen, das amerikanische Publikum auf bedeutende Entwicklungen vorzubereiten.

 

 John Kirby gegen das Russische Militär

 Von SCOTT RITTER | Die Regierung Biden hat in Bezug auf Russland derzeit viel zu tun.

Während der Krieg im Gazastreifen 2023 die Aufmerksamkeit von den aussichtslosen Bemühungen in der Ukraine ablenkt, ist eine katastrophale, von der NATO unterstützte ukrainische Gegenoffensive nach nahezu 100 Prozent Verlusten, der daran beteiligten Männern samt ihren Ausrüstungen, inzwischen ins Stocken geraten.

Anmerkung des Autors: Die NATO hat für diesen Einsatz 90.000 ukrainische Soldaten ausgebildet und ihnen etwa 300 Panzer zur Verfügung gestellt. Russland hat Zahlen veröffentlicht, wonach die ukrainischen Verluste seit Beginn der Gegenoffensive bei etwa 90.000 Toten und Verwundeten lägen und etwa 300 Panzer zerstört worden wären.

Russland ist zu einer offensiven Stellung übergegangen: Nach ersten Erkenntnissen auf dem Schlachtfeld hat es in den ersten Wochen seiner Angriffe größere Erfolge erzielt als die Ukraine in ihrer fünfmonatigen Gegenoffensive.

Zu allem Überfluss hat der US News and World Report [US Nachrichtenmagazin] eben die Rangliste der stärksten Militärs der Welt veröffentlicht, wobei Russland die Vereinigten Staaten vom Platz 1 verdrängte.

Russlands Militär inzwischen auf Platz 1, gefolgt von den USA und China.
Quelle: US News & World Report – Screenshot

In Zeiten wie diesen wendet sich das Weiße Haus an seine Spindoktoren, um das Narrativ zu manipulieren, und es gibt keinen besseren Anwender in der Kunst des Täuschens im Stall des Weißen Hauses als den Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby.

Pentagon Press Secretary John F. Kirby speaks at a press briefing on the Afghanistan withdrawal at the Pentagon, Washington, D.C., Aug. 16, 2021. | Bild: (DOD Photo by Navy Petty Officer 1st Class Carlos M. Vazquez II)

«Wenn Sie mir gestatten, möchte ich mir ein paar Minuten Zeit nehmen», sagte Kirby am 26. Oktober vor der Presse,«um Sie über die Lage auf dem Schlachtfeld in der Ukraine zu informieren.»

Russland, so schien es, greife an und startete, wie Kirby feststellte, eine neue Offensive in der Ostukraine «über mehrere Linien», einschließlich der Gegend um Awdijiwka, Lyman und Kupjansk. Diese Offensive, so Kirby, «war keine Überraschung. Wir haben beobachtet, wie sie sich aufbaute und kam. Und wir haben davor gewarnt, dass Präsident Putin immer noch versuche, die Ukraine zu erobern, und wir haben uns dafür eingesetzt, dass die Ukraine über die Ausrüstung verfügt, die sie zur Verteidigung ihres Territoriums benötigt.»

Im Juni 2022 war Kirbys Tonfall noch anders. Damals erklärte Kirby:

«Sie [die Ukraine] bekommen so viel, wie wir schicken können, so schnell wie wir es schicken können. … Wir werden den ukrainischen Streitkräften dabei helfen, sich zu verteidigen und zu versuchen, das Gebiet zurückzuerobern, vor allem im Osten und im Süden, das sie jetzt zurückzuerobern versuchen.»

Von der Rückeroberung von Gebieten durch die Ukraine ist nun nicht mehr die Rede. Stattdessen betonte Kirby, dass ein neues Unterstützungspaket, das sich auf Luftabwehr- und Panzerabwehrraketen sowie Artilleriemunition konzentrierte, die Ukraine in die Lage versetzen sollte, «diese Offensive durchzuhalten und erfolgreich russische Panzerkolonnen abzuwehren, die auf Awdijiwka vorrückten.»

Die Russen, so Kirby, hätten «bei ihrem Offensivversuch erhebliche Verluste erlitten, darunter mindestens 125 gepanzerte Fahrzeuge in der Umgebung von Awdijiwka und die Ausrüstung von mehr als einem Bataillon.»

Trotz dieses Rückschlags – für den Kirby keine Beweise lieferte – werde erwartet, dass Russland die ukrainischen Linien weiter angreife:

«Dies ist ein dynamischer Konflikt», sagte Kirby, «und wir dürfen nicht vergessen, dass Russland immer noch über einige Offensivfähigkeiten verfügt und in den kommenden Monaten möglicherweise einige taktische Gewinne erzielen könnte.»

Der Unterschied zwischen den Aussagen, dass «die Ukraine verlorenes Territorium zurückerobern werde» und «Russland in der Offensive sei und einige taktische Gewinne erzielen könne» bewegt sich in einer Dimension, die nicht einfach übergangen werden kann.

Irgendetwas passiert vor Ort zwischen der Ukraine und Russland, so dass Kirby verzweifelt versucht, das amerikanische Publikum auf einige bedeutende Entwicklungen auf dem Schlachtfeld, die ausschließlich Russland zum Vorteil gereichen, einzustellen.

Nach einer gescheiterten Gegenoffensive

Der Versuch, diese Erfolge als „taktisch“ klein zu reden, ändert nichts an der Tatsache, dass sie nach einer gescheiterten Gegenoffensive erfolgen, welche auf die kollektive militärische und wirtschaftliche Macht von USA, NATO und Europäischer Union gestützt war.

Der Übergang von einer groß angelegten Gegenoffensive, die darauf abzielte, die meisten, wenn nicht sogar alle von Russland annektierten Gebiete zurückzuerobern, zu einer defensiven Haltung, bei der davon ausgegangen wird, dass Russland noch mehr Gebiete erobern wird, kann nicht als „taktisch“ abgetan werden. Es handelt sich um eine strategische Wendung der Lage, die sehr wohl auf den endgültigen Verlauf des Konflikts für beide Seiten bestimmend sein dürfte.

Wladimir Trukhan ist Oberst der Reserve der russischen Armee, der dem Zentralen Militärbezirk Russlands untersteht und vor kurzem von den Fronten der militärischen Sonderoperation zurückgekehrt ist. Seiner Meinung nach ist die Lage auf dem Schlachtfeld [für die Ukraine] weitaus schlimmer, als von Kirby dargestellt.

In einem ausführlichen Interview in meinem „Ask the Inspector“-Podcast Anfang des Monats stellte Trukhan fest, dass die Russen in Awdijiwka nicht nach „taktischen Gewinnen“ strebten, sondern vielmehr nach der operativen Kontrolle des Schlachtfelds, um einen Halbkessel zu schaffen, der das „Fleischwolf“-Szenario wiederholen soll, das sich Anfang des Jahres in und um Bachmut abspielte.

Die Umzingelung von Awdijiwka, so Trukhan, wäre nicht das Ziel. Das russische Ziel sei vielmehr, das ukrainische Militärkommando vor ein Dilemma zu stellen, in dem die Aufgabe von Awdijiwka entweder zum Zusammenbruch der Moral der ukrainischen Verteidiger führen oder ein Festhalten aufgrund der Schwierigkeiten bei der Verstärkung der Garnison zu massiven Verlusten führen würde.

In Bachmut vermochten die Russen mehr als 70.000 ukrainische Soldaten zu töten, verwunden oder gefangen nehmen, was ungefähr der Zahl der Truppen entspricht, die von der NATO für die Gegenoffensive zusammengezogen und ausgebildet worden waren.

Der Versuch, Awdijiwka zu halten, könnte sich für die gesamten ukrainischen Verteidigungsanstrengungen als fatal erweisen, da die ukrainischen Reserven aufgebraucht sind und die Ukraine zwingt, Truppen von anderen Stellen der Kontaktlinie abzuziehen, wodurch sich den russischen Soldaten zusätzliche Angriffsmöglichkeiten böten.

Kirby erwähnte Kupjansk als weiteres Feld, auf dem Russland einen „taktischen“ Erfolg auf dem Schlachtfeld einfahren könnte. Die Schlacht von Kupjansk sei ein Beispiel für die russische Operationskunst, ein Beispiel, bei dem Russland den Mangel an Frontkräften auf Seiten der Ukraine ausnutzen konnte, indem es in Bereichen des Schlachtfelds, in denen die ukrainischen Streitkräfte ausgedünnt waren, offensive Operationen einleitete und zusätzliche Kräfte für die militärische Sonderoperation bereitstellte.

Ein weiterer Halbkessel

In Kupjansk versucht Russland, einen weiteren Halbkessel und neuen Bachmut-ähnlichen „Fleischwolf“ zu produzieren, der die Ukraine entweder zum Rückzug oder zur Entsendung von Truppen, die sie nicht haben, zwingen würde, wodurch ein weiterer Abschnitt an der Front für russische Offensivoperationen freigemacht würde.

Und so wiederholt sich der Kreislauf bis zum allgemeinen Zusammenbruch entlang der ukrainischen Kontaktlinie.

Aber das ist nicht der wichtigste Aspekt der Vorgänge in Kupjansk. Im Gegensatz zur Niederlage der ukrainischen Gegenoffensive in Saporischschja und den Halbkesselschlachten von Bachmut und Awdijiwka – die alle auf von Russland beanspruchten Gebieten ausgetragen wurden und somit das erklärte Ziel von Präsident Wladimir Putin, alle russischen Gebiete zu befreien, erfüllten – befindet sich Kupjansk eindeutig auf ukrainischem Boden und ist Teil des Charkow Oblast [Verwaltungsgebietes].

Russland hatte zwar nach seinem Rückzug im Herbst 2022 eine Militärpräsenz im Charkow Oblast aufrechterhalten, doch diente diese Präsenz mehr der Sicherung des nördlichen Gebiets der Republik Lugansk, doch viel weniger als Sprungbrett für russische Offensivoperationen.

Hätte sich die Ukraine um eine Verhandlungslösung des Konflikts eingesetzt, so Trukhan, hätte sich Russland aus dem ukrainischen Hoheitsgebiet zurückgezogen. Da sich die Ukraine für die Fortsetzung der Kämpfe entschied, wäre Russland auf ukrainischem Gebiet in die Offensive gegangen.

Dies ist ein Signal Moskaus, dass Russland – um die Sicherheit der ethnischen Russen in der Ostukraine zu gewährleisten – Operationen einleiten wolle, die dazu führen könnten, dass die Ukraine fünf weitere Oblaste an russische Oberhoheit verlieren würde.



Dies ist ein neuer, kritischer Wendepunkt in dem Konflikt, der von strategischer Bedeutung ist.

John Kirby kann versuchen, die russische Offensive in Kupjansk nur wenig mehr als einen „taktischen“ Erfolg abzutun. Stattdessen handelt es sich um einen richtungsweisenden Durchbruch in diesem Konflikt.

An der Spitze militärischer Rangordnung

Indem Kirby sich auf die «Spezielle Militäroperation» konzentriert, sieht er den Wald vor lauter Bäumen nicht. US News and World Report [bezüglich der Reihung des russischen Militärs auf den ersten Platz] hingegen, passierte eine solche Fehleinschätzung nicht.

Irgendwie hat Russland – dessen Militär laut westlichen Medien und Kirby horrende Verluste zu beklagen habe, die aufgrund schlechter Moral, ineffizienter Führung und unzureichender Logistik zu einer operativen Lähmung geführt hätten – die Vereinigten Staaten als mächtigstes Militär der Welt überholt.

Diese Platzierung widerlegt nicht nur die Behauptung, Russland in seinem Konflikt mit der Ukraine inkompetent sei, sondern spiegelt auch die im Westen weitgehend ignorierte Tatsache wider, dass Russland zur gleichen Zeit, in der es seine militärische Sonderoperation erfolgreich durchführt, seine aktive Streitkräftestruktur von 900.000 auf 1,5 Millionen Soldaten, Matrosen, Flieger und Uniformierte hochzieht.

Dies erfordert nicht nur massive Rekrutierungsanstrengungen – zeitgleich mit den Kämpfen in der Ukraine -, sondern auch enorme Kraftanstrengungen seitens des russischen militärisch-industriellen Komplexes, der nicht nur die Aufgabe hat, die gegen die Ukraine kämpfenden russischen Streitkräfte mit Waffen zu versorgen, sondern auch eine zusätzliche Truppe von 600.000 Mann auszurüsten und logistisch zu unterstützen.



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