Horst D. Deckert

Neue Partei: Soll Sahra Wagenknecht lediglich Wutbürger einfangen?

Die linksgrünen „Leitmedien“ kennen seit gestern kein anderes Thema mehr als die nunmehr offiziell bekanntgegebene Gründung der lange erwarteten „Wagenknecht“-Partei. Was in den vielen vorschnellen Prognosen, Spekulationen und Erwartungen untergeht: Wagenknecht ist keine Rebellin, sondern in Wahrheit eine Stütze des Systems.

Kaum war die Meldung über den Startschuss für das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ durch den Äther gerauscht, da machte auch schon die erste Umfrage die Runde, der zufolge ihr Wählerpotential angeblich „aus dem Stand heraus bei 12 Prozent” liege. Der AfD würde sie sofort fünf Prozent abnehmen.

Verheißung oder Bedrohung

Erste Kaffeesatzleser und journalistische Spekulanten halten es bereits für möglich, dass Wagenknecht letztlich zum Steigbügelhalter für eine grüne Kanzlerschaft von Robert Habeck werden könnte – wobei diese Gedankenspiele, je nach Standort des Betrachters, als elektrisierende frohe Verheißung oder als Bedrohungsszenario vermeldet werden.

Dass die Ergebnisse dieser Blitzumfrage natürlich mit großer Skepsis zu betrachten sind, wird dabei ausgeblendet: Der Zeitpunkt und die weitreichenden Implikationen, die ihr beigemessen werden, sind äußerst verdächtig.

Klar zugewiesene Aufgabe

Es drängt sich nämlich vielmehr der Verdacht auf, dass das politisch-mediale Kartell Wagenknecht offenbar eine klare Aufgabe zugewiesen hat: Der AfD den Wind aus den Segeln nehmen, indem eine „linke AfD“ als quasi kleineres, zwar populistisches, aber erträglicheres Übel anerkannt wird, das in Wahrheit den Machterhalt des linken Lagers sichern soll.

Wagenknecht soll zwecks Verhinderung des oppositionellen Erfolgs eines bürgerlich-konservativen Politikwechsels, der bei weiter anhaltendem AfD-Höhenflug in greifbare Nähe rückt, als eine Art Blitzableiter wirken. Sie soll Wutbürger-Frustrationen über die Ampelpolitik nach links umlenken und so die AfD spalten.

Probleme adressieren, aber nicht wirklich radikal lösen

Dies soll gelingen, indem Wagenknecht einschlägige Positionen vertritt und Probleme adressiert, die so offensichtlich und begründet sind, dass sie selbst von Linken nicht mehr einfach bestritten oder als „rechts“ gebrandmarkt werden können, weil diese Masche immer weniger funktioniert. Da man diese Themen – Migration, Klimawandel oder Ablehnung der Ukraine-Unterstützung – nicht länger der AfD überlassen will, soll sie nun Wagenknecht absorbieren.

Dies natürlich aber nur im alternativen Tarnkleid und nur oberflächlich; denn tatsächlich steht Wagenknecht bei den entscheidenden politischen Reizthemen eben für keine fundamental andere Position als das Blockparteienkartell. Sie bestreitet etwa nicht den Klimawandel grundsätzlich, sondern will eine andere Energiepolitik (Rückkehr zur Atomkraft, Heizungs- und Gebäudesanierungen auf Staatskosten).

Etikettenschwindel?

Auch Wagenknechts Ablehnung der millionenfachen islamischen Massenmigration rührt nicht primär von der Sorge um die kulturelle Zerstörung Deutschlands her, sondern von der Angst um die Benachteiligung einheimischer Geringqualifizierter auf dem Arbeitsmarkt. Dies ist für den linken Mainstream immer noch erträglicher als die vermeintlich „völkische” Sichtweise der AfD.

Zudem könnte man dann bei einer besseren Wirtschaftslage wieder das Scheinargument der Fachkräfteeinwanderung hervorkramen, um eine weitere Migration zu rechtfertigen. Der ethnisch-kulturelle Aspekt, der jedoch der entscheidende Faktor ist, würde so weitgehend aus der Diskussion verschwinden und könnte wieder leichter als „rechts“ und damit inakzeptabel diffamiert werden.

Steinzeitsozialistische Ansichten

Was Wagenknechts Wirtschafts- und Sozialpolitik anbelangt, so verfolgt sie offen steinzeitsozialistische Ansichten: Preisdiktate, Dirigismus, Plan- und Kommandowirtschaft, Enteignungen und eine noch freiheitsfeindlichere Bevormundungspolitik, gegen die selbst die grünen wie eine neoliberale Partei erscheinen, gehören zu ihrem Markenkern. Und ihre einstige „Kommunistische Plattform“, als deren Frontfrau sie Stalinismus verharmloste und die DDR pries, zählt zu den einflussreichsten Strömungen in ihrer neuen Partei.

So eine ist keine „Alternative“ für Deutschland, sie wäre nur der ultimative Sargnagel. Und genau darum geht es auch: Wagenknecht soll die Politikverdrossenheit und damit das Wählerpotential der AfD in einer Weise neutralisieren, die für Linke gerade noch irgendwie tolerabel ist. Sie beschränkt sich auf die Behandlung von Symptomen, nicht aber der eigentlichen Krankheit.

Stabilisatorin des Linksstaates

Selbst ihre Ablehnung der Nibelungentreue zur Ukraine könnte das Establishment noch irgendwie verschmerzen: Erstens, weil es in diesem Fall auch im linken Lager erhebliche Bedenken gibt, und zweitens, weil der Krieg sich ohnehin mehr und mehr zur Sackgasse entwickelt, aus der kein eindeutiger Sieger hervorgehen wird. Das Thema wird also über kurz oder lang ohnehin von der Agenda der drängendsten Themen verschwinden.  

Wagenknecht steht eben nicht für einen fundamental anderen Politikansatz, sondern würde letztlich als Stabilisatorin des Linksstaates dienen. Sie markiert die äußerste Grenze dessen, was die herrschenden Kräfte noch irgendwie hinnehmen können.

Schwächung der AfD

Deshalb wird es zu ihr auch, anders als gegen die AfD, keine „Brandmauern“ geben. Bevor letztere in Regierungsbeteiligung kommt, wird man hierzulande eher eine Koalition von Rot-Grün und Wagenknecht sehen – was ein nochmaliger fataler Linksruck bedeuten würde. Vor allem deshalb wird nun überall ein entsprechend hoher Wählerpool herbeigeschrieben (manche Quellen erwarten gar 27 Prozent Potenzial), der auch eine Schwächung der AfD beinhaltet.

Solange AfD-Themen durch einen linken Filter aufgegriffen und systemkonform entschärft werden, muss das Parteien- und Medienkartell nicht grundsätzlich um seine Macht bangen. Deren Erhalt und damit der endgültige Untergang Deutschlands könnte das Einzige sein, was Wagenknechts Partei am Ende bewirken wird.

Zum Autor: Daniel Matissek ist Journalist mit pfälzischen Wurzeln, arbeitet neben für AUF1 auch für diverse deutschsprachige freie Medien (unter anderem „Journalistenwatch.com“). Gründungsherausgeber des Blogs „Ansage.org“. Schwerpunktthemen: Migrationspolitik, politischer Extremismus, Demokratie und Medienlandschaft. Freund differenzierter Zwischentöne, aber gerne auch leidenschaftlicher Polemiker. Devise: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos; es könnte aber auch umgekehrt sein.“

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