Von Redaktion
Während Donald Trump öffentlich verspricht, Frieden zwischen Russland und der Ukraine „innerhalb von Tagen“ herzustellen, zeichnet sich hinter den Kulissen ein ganz anderes Bild ab: Eine massive Aufrüstung Europas unter US-Kontrolle, die Washington Milliarden an Rüstungsgewinnen garantiert – selbst, wenn sich die USA militärisch aus dem Konflikt zurückziehen.
Die USA erscheinen vordergründig als Vermittler – sind aber in Wahrheit die dominierende Kriegspartei, die den Konflikt militärisch, geheimdienstlich und wirtschaftlich lenkt. Und: Sie lassen Europa zahlen.
Die NATO ist Europa – und Europa ist der Kunde
Die Mehrheit der NATO-Mitglieder sind EU-Staaten (aktuell 23 von 27). Wenn Trump fordert, dass diese Länder ihre Verteidigungsausgaben auf 5 % des BIP erhöhen, geht es nicht nur um „Abschreckung“. Es geht um ein gigantisches Beschaffungsprogramm – made in USA.
Laut EU-Verteidigungsdaten wurden zwischen Februar 2022 und Juni 2023 rund 63 % der europäischen Rüstungsgüter von US-Firmen bezogen, weitere 15 % aus anderen Nicht-EU-Staaten. Nur etwa 20 % der Ausgaben entfielen auf europäische Hersteller – und selbst diese arbeiten meist mit US-Konzernen zusammen oder sind auf deren Technologie angewiesen.
Die Abhängigkeit ist strukturell:
- F-35 Kampfjets: Fast alle NATO-Staaten bestellen sie – produziert von Lockheed Martin.
- HIMARS-Raketensysteme: US-Exklusivsystem – NATO-Standard durchgesetzt in Osteuropa.
- Patriot-Flugabwehr: Komplexe High-Tech-Systeme, ausschließlich US-Hersteller.
- Munitionsimporte: NATO-Formate (Kaliber, Verschlüsse, Sicherungen) sind vielfach US-genormt.
- Satelliten, Aufklärung, Kommandozentralen: US-Technologie kontrolliert die Koordination – z. B. via Wiesbaden (NATO-Kommandozentrum in Deutschland).
Die europäische „Aufrüstung“ bedeutet in Wahrheit: Washington verkauft – Europa zahlt.
Rüstungsindustrie: Amerikas stärkster Hebel
Die fünf größten US-Rüstungsunternehmen – Lockheed Martin, Raytheon, Northrop Grumman, General Dynamics und Boeing Defense – haben in den vergangenen Jahren Rekordumsätze erzielt. Allein Lockheed Martin meldete 2024 Verteidigungsverkäufe von über 70 Milliarden Dollar, ein Großteil davon aus Europa.
Die Ukrainekrise wurde zum Katalysator eines neuen Rüstungsbooms. Staaten wie Polen, Litauen, Deutschland und die Niederlande kündigten massive Aufstockungen ihrer Verteidigungsbudgets an – bevorzugt mit US-Systemen.
Trump muss gar keinen Krieg mehr führen, um seine Waffenexporte zu steigern. Das „Einfrieren“ des Ukrainekriegs genügt – denn Europa bleibt in permanenter Unsicherheit. Und solange Europa glaubt, ohne amerikanischen Schutz sei es wehrlos, bleiben die Bestellungen garantiert.
Die Illusion vom Frieden – und das Kalkül dahinter
Trumps jüngste Aussagen zu einem möglichen Friedensplan mit Russland erscheinen auf den ersten Blick als Entspannungssignal. Doch sie dienen vorwiegend einem strategischen Ziel:
- Rolle rückwärts in der Ukraine – weil sich der Krieg wirtschaftlich und militärisch für die USA erschöpft.
- Lastenverlagerung auf Europa – unter dem Vorwand, „die NATO müsse mehr Verantwortung übernehmen“.
- Freispielen der US-Streitkräfte für den Indopazifik – insbesondere im Hinblick auf China und den Iran.
- Fortführung der Waffenexporte trotz Deeskalation – denn die europäische Rüstung ist auf Jahrzehnte programmiert.
Trump gibt vor, Frieden zu bringen. In Wahrheit nutzt er das geopolitische Chaos, um die Rolle der USA als militärischen Exporteur Nr. 1 zu festigen – ohne selbst noch kämpfen zu müssen.
Europas Souveränität – auf dem Altar der Rüstungsindustrie geopfert
Die Abhängigkeit der EU-Staaten von US-Waffen, US-Standards und US-Intelligenz ist strategisch. Selbst europäische Projekte wie der Eurofighter, das MGCS (zukünftiger Panzer) oder das FCAS-Kampfflugzeug sind technologisch und strukturell verzögert, überteuert – und politisch uneinheitlich.
Zudem arbeiten viele europäische Konzerne mit US-Herstellern zusammen oder sind sogar teils in US-Besitz (z. B. BAE Systems USA). Selbst bei europäischer Fertigung bleibt die technologische Kontrolle in US-Hand – etwa durch Lizenzrechte, Software oder Schlüsselkomponenten.
Fazit: Ein kontrollierter Rückzug – aber kein Rückzug vom Profit
Die USA sind dabei, sich taktisch aus dem Ukrainekrieg zurückzuziehen – nicht aus moralischer Einsicht, sondern weil sie die Rendite ihrer Waffenverkäufe längst gesichert haben.
Europa zahlt für eine militärische Abhängigkeit, die es selbst als „Verteidigung“ bezeichnet – und liefert sich damit politisch wie wirtschaftlich weiter der US-Vorherrschaft aus.
Trump braucht keinen Krieg, um den militärisch-industriellen Komplex am Leben zu halten. Die Angst genügt. Die EU liefert sich freiwillig aus – und merkt es nicht einmal.
Quellen:
- Politico: Europe splits on Trump’s call to dramatically boost defense spending
- Defense News: EU buys too much defense equipment abroad, especially from US
- Wikipedia: European Defence Industrial Strategy
- Foreign Policy: Can Trump’s 5 Percent Defense Spending Threshold Save NATO?
- Strengthening European Defense in an Era of US Retrenchment: Insights from the Draghi Report
BAE Systems – Großbritannien | Sehr hoch | US-Tochter, US-Aufträge, Joint Ventures |
Airbus D&S – Frankreich/Deutschland/Spanien | Hoch | US-Komponenten, Transatlantische Projekte |
Leonardo – Italien | Hoch | F-35-Endmontage, US-Tochterfirma |
Rheinmetall – Deutschland | Mittel–hoch | US-Projekte, Munitionsexporte, Joint Ventures |
MBDA – UK/Frankreich/Italien/Deutschland | Mittel | Kooperation mit Lockheed, US-Komponenten |