Horst D. Deckert

Über Freiheit, Scham und Psycho-Clowns

Freiheitskämpfer Daniel Stricker ist auf Lesetour. In seinem «Buch der Schande» hat er die «Psycho-Clowns der Lügenpandemie mit ihren eigenen Worten» verewigt und damit den Corona-Wahnsinn in der Schweiz für die Nachwelt festgehalten. Über 8000 Exemplare hat er bereits verkauft, nun tingelt er mit seiner rosa Zipfelkappe durchs Land, um sein Werk zu präsentieren.

Aber was erwartet einen an Strickers Lesung? Zwei Stunden Politiker-Bashing und ein Aufwärmen ihrer unsäglichen Corona-Dummheiten? Ich wollte wissen, ob es sich lohnt, Stricker live auf der Bühne zu sehen. Und ob ich seine Retrospektive des schweizerischen Covid-Faschismus ertragen würde, ohne mich zu retraumatisieren.

Vorweg: Meine schlimmsten Befürchtungen trafen nicht ein – obwohl Stricker selbst gleich zu Beginn warnte: «Nach diesem Auftritt werden die meisten von euch eine andere Meinung über mich haben – und zwar nicht unbedingt eine bessere.» Er betreibe mit dieser Show eigentlich gezielte «Selbstzerstörung», kündigte er an – wohl darauf anspielend, dass wir sicher keine Vorlesung in politischer Korrektheit zu hören bekommen würden.

Tragikomik und Stildiskussionen

Dass Stricker zu viel schimpfe, ist ja eine oft gehörte Kritik. Während es die einen abschreckt, lieben ihn die anderen dafür: Vielen Menschen spricht – und flucht – Stricker seit fast drei Jahren aus der geschundenen Seele. Stellvertretend für sie kotzt er den Ärger über die verlogenen «Massenmerdien» und den tagtäglichen Wahnsinn in der woken «Volksrepublik Psychopazien» am Küchentisch aus.

Stricker-TV zu sehen hatte insofern geradezu kathartische Wirkung; es war Therapie in der Pandemie. Stricker nimmt denn auch Stellung zum häufigen Schimpf-Vorwurf: «Ich habe nie verstanden, wieso wir über Stil diskutieren, während vor aller Augen die grössten Verbrechen begangen werden.»

Auf YouTube pflegt Stricker seine derben Aussagen zu «entschärfen», indem er sie als «Satire» labelt. Auch in seinem «Buch der Schande» hat er sich bis zu einem gewissen Grade selbst zensiert – oder Tricks angewandt, um rechtlichen Konsequenzen vorzubeugen.

So hat er seine kontroverseren Kommentare nicht abdrucken lassen, sondern per QR-Code platziert; virtuelle Worte lassen sich einfacher löschen, falls juristische Gewitterwolken aufziehen. Dass das Buch auch so noch genügend Potenzial für Strafanzeigen habe, nehme er jedoch in Kauf – letztlich würde er von der Publicity profitieren, wenn es bekämpft würde.

Zur Kostprobe zitiert Stricker spontan Mike Müllers berüchtigte «Frage an ein ungeimpftes A…loch» – die er einfach mal mit einer Gegenfrage «an ein geimpftes A…loch» gekontert hat. Müller war ja zweifellos in die grösseren Fettnäpfe getreten – aber Stricker hat noch viel asozialere Aussagen aus dem öffentlichen Seuchen-Diskurs zu bieten.

So kriegt die «Elite» der Covideratio Helvetica durch alle Couleurs hindurch ihr wohlverdientes Fett weg – Roger Schawinski genauso wie Christoph Blocher, Eric Gujer nicht weniger als Daniel Koch. Ihre verbalen Entgleisungen sind nach wie vor unappetitlich – aber nicht unverdaulich. Denn dank Stricker, der mal mit subtiler Ironie, mal mit bissigem Humor seinen Senf dazugibt, schimmert auch in den übelsten Reminiszenzen das Lächerliche und Tragikomische hindurch.

Die Scham als Wurzel des Übels?

Strickers Urteil über die wahrhaften «Pandemie-Treiber» ist dabei hart und schonungslos. Es sei ja nicht so, dass in dieser Krise «beide Seiten ein bisschen recht» gehabt hätten: «Nein. Wir wollten einfach nur in Ruhe gelassen werden. Wir haben nichts anderes getan, als unsere Grundrechte zu verteidigen – und unsere Bürgerpflichten zu erfüllen.

Alle anderen hätten sich unseretwegen ja drei oder vier Masken gleichzeitig anziehen können!» Stricker beschränkt sich jedoch nicht darauf, die einzelnen «System-Clowns» vorzuführen, sondern versucht, in diesen zwei Stunden – ganz free-style – ein umfassenderes Bild der «Schande» zu zeichnen, und damit auch der Scham: In seinen Augen ein wichtiger Faktor, der die Einseitigkeit und Widerspruchslosigkeit im Corona-Diskurs überhaupt erst ermöglichte, denn: «Die Mainstream-Medien bringen Andersdenkende dazu, sich zu schämen.»

Insofern liege die Wurzel des Übels keineswegs bei einzelnen Personen, sondern in unserer schamerfüllten Kultur: In einer Kultur, in der sich zu viele Menschen über zu viele Dinge schämen, liesse sich der politische Debattenraum mittels Beschämung nur allzu leicht in den Würgegriff nehmen.

Unliebsame Gegenpositionen einnehmen würden nur diejenigen, denen es nichts ausmache, beschämt zu werden – und die schamlos genug seien, sich einer unterdrückerischen Mehrheitsmeinung mit einem herzlichen «Fuck you» entgegenzustellen. Deshalb, plädiert Stricker, müssten wir bei der Kultur ansetzen, um die Menschen zu erreichen und die Freiheit zu verteidigen – sei es mit Büchern, Musik oder eben Humor.

Musikalische Genüsse und schlüpfrige Anekdoten

Strickers Lesung hat übrigens auch musikalische Genüsse zu bieten: Denn die Berner Sängerin und Songwriterin Andrea Pfeifer alias Yoki begleitet ihn auf seiner Tour. Wohl keine andere Musikerin hat die Melancholie der Corona-Diktatur hierzulande so feinsinnig verarbeitet wie Andrea Pfeifer.

Mit ihren zarten und klugen Protestliedern erzeugt sie eine wunderbar berührende, schon fast intime Stimmung, die einem bisweilen einen kalten Schauer den Rücken hinunterlaufen lässt. Selbst nach dem lauten Glockengetöse der einmarschierenden Freiheitstrychler schafft sie es, nur mit ihrer Gitarre und ihrer Stimme bewaffnet, das Publikum innerhalb weniger Augenblicke in den Bann zu ziehen.

Welche Überraschungen erwarten einen noch an Strickers Lesung? Eine geballte Ladung witziger Anekdoten aus seinem Leben – denn genauso free-style wie Stricker aus seinem Buch zitiert, plaudert er aus dem Nähkästchen. So eröffnet uns Stricker spontan, wie ihm die Einreise in die USA gelang ohne «Schlumpfung».

Oder wieso ihm Markus Somm «mangelnden Patriotismus» vorwarf, nachdem das Interview mit ihm völlig aus dem Ruder lief. Wir erfahren, wieso ihm sein «Augenöffner» Elon Musk so hoch und heilig ist und ob auch das Publikum Musk so bedingungslos liebt (nein, tut es nicht). Wir erfahren, wieso sich der Freiheitsrebell am Tiefpunkt seiner ganz persönlichen «Corona-Krise» sogar gewünscht hätte, von der Polizei verprügelt zu werden.

Und was ihm Kraft gab, den ganzen Irrsinn zu überstehen (die Antwort ist rührend). Wir erfahren, was Stricker unter äusserer und innerer Freiheit versteht, und welche Freiheit er als die wichtigste betrachtet. Und auch, wie Stricker seine Unschuld verlor. Wobei er differenziert zwischen seinem «ersten Mal» und seinem «allerersten Mal» – und in lebhaften Details alles schildert, was ihm daran so peinlich war, dass er jahrzehntelang niemandem davon erzählt hat.

Fazit: Strickers Lesung ist keine Schlammschlacht der Schande, sondern eine sehr heitere und geistreiche Show, die wunderbar aufzeigt, wie wichtig es ist, sich frei äussern zu können – auch und gerade über schlimme, traurige und peinliche Dinge. Hartgesottene Stricker-TV-Fans kommen dabei genauso auf ihre Kosten wie noch «unverdorbene» Besucher.

Erstere dürfen sich auf viele witzige Geschichten und pikante Anekdoten aus seinem Privatleben freuen. Und diejenigen, die Stricker noch nicht kennen, lernen ihn auf der Bühne gleich so richtig kennen: ungestreamt, unverblümt, im Ausdruck authentisch, frech und frei.

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Dieser Artikel ist zuerst in der Zeitschrift Die Freien erschienen.

Christian Schmid Rodriguez ist Redaktor bei Die Freien.

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