Horst D. Deckert

Ukraine-Konflikt: Die Parallelwelt des Olaf Scholz

Glaubt der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz tatsächlich an das, was er in seiner gestrigen Rede an die Nation gesagt hat? Diese Frage muss man sich zwangsläufig stellen, angesichts seiner zahlreichen Falschaussagen. Doch unabhängig von der Antwort, sind seine Äusserungen besorgniserregend. Sie tragen nichts zum Verständnis der heiklen und komplexen Situation in der Ukraine bei und somit auch nicht zu einer friedlichen Lösung.

Wir würden gerade den Beginn eines Krieges erleben, wie wir ihn in Europa seit mehr als 75 Jahren nicht erlebt haben, erklärte Scholz in seiner Rede. Diese Aussage ist gleich dreifach falsch.

Erstens ist es nicht der Beginn dieses Krieges, denn die mehrheitlich russischstämmige Bevölkerung in den Separatistengebiete der Regionen Donezk und Luhansk wird seit acht Jahren von der ukrainischen Armee und von privaten neonazistischen und faschistischen Milizen bombardiert, beschossen und terrorisiert.

Zweitens erlebten wir zum Beispiel in den 1990er Jahren die Balkan-Kriege, als die NATO Jugoslawien prämeditiert zersplitterte und deindustrialisierte – mit freundlicher Beteiligung Deutschlands. Drittens wissen wir noch gar nicht, wie sich dieser Krieg entwickeln wird.

Weiter sagte Scholz, Putin habe die Entscheidung getroffen, die Ukraine militärisch anzugreifen. Auch diese Aussage ist in mehrerer Hinsicht falsch. Zum einen waren es die Separatistengebiete in der Ostukraine, die Russland um militärische Hilfe gebeten haben, eben weil sie seit acht Jahren angegriffen werden.

In letzter Zeit haben diese Angriffe massiv zugenommen, wie aus den Berichten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu entnehmen ist.

Zum anderen war es die Duma, die letztendlich beschlossen hat, militärische Hilfe zu leisten, nicht Putin allein. Diese Fokussierung auf das Staatsoberhaupt dient lediglich dazu, diesen weiter zu dämonisieren.

Wichtig zu wissen ist auch, dass der Krieg in der Ostukraine im Jahre 2014 von der ukrainischen Armee begonnen wurde. Im April beschloss der ukrainische Sicherheitsrat, die Bevölkerung der Separatistenregionen als Terroristen zu bezeichnen und militärisch einzugreifen. Pikant dabei ist, dass der damalige CIA-Direktor John Brennan inkognito an der entscheidenden Sitzung des ukrainischen Sicherheitsrates teilgenommen hat.

Der deutsche Bundeskanzler bezeichnete die militärische Intervention Russlands als einen Überfall auf ein unabhängiges, souveränes Land. Dabei ignoriert er, dass der Westen in der Ukraine, in Zusammenarbeit mit faschistischen Gruppierungen, 2004 und 2014 jeweils einen Putsch orchestrierte, um EU- und Nato-freundliche Regierungen zu installieren.

Putin wolle mit dem Angriff auf die Ukraine die Zeit zurückdrehen, belehrte Scholz seine Bürger weiter. Doch es gebe kein Zurück in die Zeit des 19. Jahrhunderts, als Grossmächte über die Köpfe kleinerer Staaten hinweg entschieden. Es gebe auch kein Zurück in die Zeit des Kalten Krieges, als Supermächte die Welt unter sich in Einflusszonen aufteilten. 1989 hätten sich die Bürger Mittel- und Osteuropas ihre Freiheit und Demokratie erkämpft, auch in Deutschland und in der Ukraine, so Scholz.

Dabei lässt Scholz ausser Acht, dass insbesondere die USA, Grossbritannien und Frankreich im zwanzigsten Jahrhundert über das Schicksal zahlreicher Länder entschieden haben und es bis heute tun – wenn nötig durch Krieg, wie zum Beispiel in Afghanistan, im Irak, in Libyen und in Syrien.

Das US-«Verteidigungsministerium» hat gar die gesamte Welt in Kommando-Zonen aufgeteilt. Und es gibt ganz offen zu, dass die USA die Welt «im gesamten Spektrum» dominieren wollen: zu Land, zu Wasser, in der Luft, im All sowie auch im Bereich der Information.

Auch müsste vielleicht jemand Scholz erklären, dass er Bundeskanzler eines besetzten Landes ist, in dem immer noch Tausende US-amerikanischer, britischer, französischer, kanadischer, holländischer und belgischer Truppen stationiert sind.

Einen wichtigen Sieg haben die USA in diesem Konflikt jedenfalls schon errungen – dank Olaf Scholz. Durch dessen Stoppen des Genehmigungsverfahrens von Nord Stream 2 werden die USA ihr teureres und umweltschädlicheres verflüssigtes Fracking-Gas an Deutschland verkaufen können.

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