
Von unserem Ungarn-Korrespondenten Elmar Forster
UPDATE 12h26
Mehr als 62.000 Flüchtlinge sind in Ungarn und 43.000 in Rumänien angekommen. (msn)
Ungarische Solidarität mit ukrainischen Flüchtlingen
Im ungarischen Mutterland ist eine Hilfskampagne für die ungarische Minderheit im ukrainischen Transkarpatien sowie dür alle Flüchtlinge angelaufen. Ein schönes Beispiel: Die westungarische Kleinstadt Mosonmagyaróvár stellte als Soforthilfe 1,5.- Mio Forint für die ukrainische-ungarische Stadt Beregszász zur Verfügung.
Beregszász ist das kulturelle Zentrum der ungarischen Minderheit in der Ukraine, welche u.a. für seinen Kampf gegen diskriminierende Sprachgesetze der Ukraine bekannt geworden ist. Das dortige ungarische Bethlen-Gábor-Gymnasium ist nun ein Aufnahmestätte für Flüchtlinge und ersucht um finanzielle und materielle Unterstützung.
Unterstützen Sie den ungarischen Malteser-Hilfsdienst (mhd)
IBAN: HU34 1176 3842 00104881 0000 0000 —- Swift-Code: OTPVHUHB
Schutz für die ungarische Minderheit in der Ukraine
Unterdessen sagte der Leiter des ungarischen Ministerbüros, Gergely Gulyás, der ungarischen Minderheit (von fast 200.000 Karpato-Ungarn) uneingeschränkten Schutz durch die ungarische Regierung zu: „Wir sind das erste sichere Land in diesem Konflikt, daher müssen wir auch damit rechnen, das sich die Situation in der Ukraine weiter verschlechtert, worauf auch die ungarischen Verteidigungskräfte vorbereitet sind.“ (karpathir)
Ungarn: Militärische Nicht-Einmischung zur De-eskalation des Konflikts
„Ungarn muss sich aus dem militärischen Konflikt heraushalten. Am wichtigsten ist die Sicherheit der Ungarn.“ (Viktor Orban, UngarnHeute) Humanitäre Hilfe und die Unterstützung der westlichen Blockadepolitik gegen Russland wurde aber mehrfach zugesichert.
Ungarische Armee: Humanitäre Hilfe und Grenzsicherung
Der ungarische Verteidigungsminister Tibor Benkő erklärte bei einer Truppen-Inspizierung in Ostungarn: Das ungarische Militär werde sowohl humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge sowie militärische Aufgaben (Grenzschutz) erfüllen (etwa zur Abwehr von Militanten). Gleichzeitig werde Ungarn aber auch seine internationalen Verpflichtungen innerhalb von NATO und EU nachkommen. Zusätzliche Einheiten (u.a. auch gepanzerte Einheiten und Militärhubschrauber) wurden bereits an die ukrainische Grenze verlegt.
Bilaterale Spannungen zwischen der Ukraine und Ungarn, Russland
Bereits im Herbst 2021 verschärften sich diese weiter. Grund dafür ist ein seit Oktober 2021 gültiger Gas-Liefervertrag zwischen Ungarn und dem russischen Gaskonzern Gazprom, welcher Gas nicht mehr über die Ukraine nach Ungarn sondern via Serbien und teils über Österreich liefert. (karpathir)
So wurde ungarischen Politikern die Einreise in die ungarischen Minderheitengebiete durch ukrainische Behörden verwehrt: Etwa durch eine drei-jährige Einreisesperre für den ungarischen Abgeordneten Lőrinc Nacsa. Lőrinc wollte ungarische Siedlungen in Transkarpatien besuchen um Spenden für die teils in Armut lebenden Karpato-Ungarn zu übergeben. (karpathir)
Schon im Herbst 2021 kündigte die Ukraine die Zusammenarbeit im ukrainisch-ungarischen Wirtschaftsausschuss, dem Hauptorgan der bilateralen Zusammenarbeit, auf. Gleichzeitig drohte der ukrainische Außenminister Richtung Ungarn mit weiteren Schritten: „Ungarn schlägt auf die Ukraine, unsere Antwort wird nicht barmherzig sein.“ (karpathir)
Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó, reagierte auf den „Ausbruch“ der Ukrainer kühl: „Ungarn will auch nicht wissen, mit wem die Ukraine Verträge abschließt.“ – mit einem Seitenhieb auf den Bau der Erdgaspipeline: „Haben sich unsere ukrainischen Freunde etwa den Deutschen mit ähnlichem Mut entgegengestellt ?“ (karpathir)
Minderheiten-diskriminierendes ukrainisches Sprachengesetz
Vor allem in den Trianon-Nachfolgestaaten Slowakei, Ukraine und auch Rumänien wird die dortige ungarische Minderheit sowohl subtil (Vernachlässigung der Infrastruktur) sowie durch offene Diskriminierung (v.a. bei Ausübung der Muttersprache) drangsalieret.
Und genau dieses Sprachgesetz war auch mit ein Grund für die inner-ethnischen Spannungen gegenüber der russischen Minderheit in der Ukraine: Vor allem das Russische sollte so zurückdrängt werden: Müssen doch nun überregionale Medien auf Ukrainisch erscheinen, auch eine ukrainische Version ist obligatorisch. Dieses Gesetz war freilich auch eine Provokation gegen die v.a. in der Ost-Ukraine sowie auf der Halbinsel Krim lebenden russischsprachigen Ukrainer: Wurden doch dezidiert sog. „angestammte Minderheiten“ (Krimtataren, Polen, Ungarn, Rumänen, Griechen, Bulgaren, aber auch das Englische sowie alle offiziellen Sprachen der EU) davon ausgenommen.
Diese Sprachdiskriminierung ist besonders im Alltag zu spüren: Sämtliche Staatsangestellte (Polizei, Gerichte, Ärzte) sowie Dienstleistungsbetriebe (Supermärkte, Apotheken, Banken) sind verpflichtet, die Bürger auf Ukrainisch anzureden. Verstöße gegen das „Recht auf Bedienung in der Landessprache“ können bei einem Sonderbevollmächtigten zum Schutz der Staatssprache gemeldet und im Wiederholungsfall mit Geldstrafen geahndet werden. (faz)
Das Schweigen der EU zur Unterdrückung der ungarischen Minderheiten
In keinem anderen Trianon-Nachfolgestaat wird die ungarische Minderheit aber derart unterdrückt wie in der Ukraine. Seit 2017 dürfen nationale Minderheitensprachen nur noch in der Grundschule unterrichtet werden. Die einzige Unterrichts- und Offizialsprache (seit 2019) ist Ukrainisch. Bei Zuwiderhandlung drohen Geldstrafen.
2018 bedrohte sogar eine „Todesliste“ (der Nationalistengruppe Mirotvorec – „Friedensmacher“) 300 ungarisch-ukrainische Funktionäre, weil sie angeblich im Besitze der ungarischen Doppel-Staatsbürgerschaft waren. (DieWelt). Eine Internet-Petition (des ukrainischen Parlaments) rief zu deren Deportation auf. Auch der staatliche Aufkauf leerstehender ungarischer Wohnungen wurde diskutiert: Um „dort ukrainische Vertriebene aus dem russisch besetzten Osten des Landes anzusiedeln“ (Die Welt, ebda). Während der Krim-Krise wurden v.a. ungarisch-stämmige Soldaten an die Front versetzt.
Doch auch in der Slowakei ließ etwas die Regierung Mečiar (1993–98) zweisprachig-ungarische Ortstafeln abschaffen, ungarische Vornamen wurden im Geburtsregister slowakisiert. 1996 war Slowakisch selbst bei einem dienstlichen Gespräch zwischen zwei Ungarn Pflicht. – Als ich einmal in Bratislava mit einem Supermarkt-Kassier Ungarisch sprach, wurden wir deswegen von Slowaken rassistisch beschumpfen. Der Kassier setzte dann das Gespräch nur mehr auf Slowakisch fort… (In Ungarn waren deutsche- oder slowakische Ortstafeln hingegen immer eine Selbstverständlichkeit.)
1996 sank durch ein neue Verwaltungsgliederung (in Nord-Süd-Richtung) der Anteil der ungarischen Minderheit überall unter 30 %. 2009 wurde (unter dem sozialistischen Regierungschef Fico) der Gebrauch der ungarischen Sprache in offiziellen Einrichtungen außerhalb der „Ungarn-Gebiete“ (Mindestanteil 20%) unter Strafe gestellt (100 – 5000 Euro).
Schließlich wurde sogar dem damaligen ungarischen Staatspräsidenten Sólyom die Einreise verweigert: Er wollte (am 21. August 2009, dem slowakischen Feiertag zur „Niederschlagung des Prager Frühlings“) als Privatmann an der Einweihung einer Statue des ungarischen Königs Stephan (in der – durch Trianon – geteilten Stadt Komarom / Komarno) teilnehmen. – Der damalige EU-Parlamentspräsident Buzek „wollte sich nicht in den Konflikt einmischen“ (Deutsche Welle)
Schlimm ist die Situation auch in Rumänien: In der geografischen Mitte Rumäniens leben 700.00 Ungarn-Szekler. Selbst Ceausescu konnte deren Freiheitswillen nicht brechen… – 2013 wollte die rumänische Regierung die historischen Ungarn-Szekler-Bezirke auflösen. Aus Protest dagegen forderten 100.000 Szekler mit einer 53 Kilometer langen Menschenkette territoriale Autonomie.
1990 gab es (kurz nach der 89er-Wende) pogrom-artige Ausschreitungen in der Stadt Targu Mures / Marosvásárhely, „offenbar provoziert durch Stasi-Akteure.“ (Die Welt) Danach verließen 15.000 Ungarn die Region (ein Rückgang von 10%) und wurden die verbliebenen zu einer Minderheit (1992: 51,6 % — bis 2002: 49,0 %) – Trotz Verbesserungen seither (ungarisch-sprachige Bildungseinrichtungen) sind aber 90 % der Exekutivorgane weiterhin mit Rumänen besetzt (bei mehr als 70 % ungarischer Bevölkerung). (Die Welt – ebda)
Und trotzdem: Wer für diese Minderheitenrechte eintritt, wird als heilloser Nationalist diskreditiert: „Orbán spielt mit diesem historischen Schlüsselereignis. Auf seine Initiative hin erklärte das Parlament bereits 2010 den 4. Juni zum ’Tag des nationalen Zusammenhalts.“ (Spiegel, ebda)
Unser Ungarn-Korrespondent Elmar Forster, seit 1992 Auslandsösterreicher in Ungarn, hat ein Buch geschrieben, welches Ungarn gegen die westliche Verleumdungskampgane verteidigt. Der amazon-Bestseller ist für UM-Leser zum Preis von 17,80.- (inklusive Postzustellung und persönlicher Widmung) beim Autor bestellbar unter <ungarn_buch@yahoo.com>
Für Bestellungen unseres neuen Aufklebers „Impfzwang“ klicken Sie hier.