Horst D. Deckert

US-Stellvertreterkriege: Syrien, Ukraine – und bald auch Taiwan?

Die Vereinigten Staaten setzen verstärkt auf Stellvertreterkriege, um ihre direkten Kontrahenten – derzeit Russland und China – wirtschaftlich und militärisch zu schwächen, ohne selbst große Verluste zu erleiden. Während Moskau bereits voll im Visier liegt, bereitet sich Washington bereits auf Peking vor. Welche Völker wollen die Amerikaner dort „verheizen“?

Noch im Mai 2020, als Donald Trump die Vereinigten Staaten vom Weißen Haus aus führte, erklärte der US-Spezialgesandte für Syrien, James Jeffrey, dass Washington das vom Krieg gebeutelte Land zu einem „Sumpf“ für Russland machen wolle. Eine Strategie, die darauf abzielte, mit einem möglichst geringen amerikanischen Aufwand einen möglichst großen Aufwand für Moskau zu schaffen. Eine nur geringe US-Truppenpräsenz in dem Land sollte die potentiellen Verluste minimieren, gleichzeitig wurden (und werden immer noch) diverse Milizen finanziell und waffentechnisch unterstützt. Das Ziel: bis zum letzten Söldner, Kämpfer und Dschihadisten gegen Präsident Assad und dessen russischen Unterstützer zu kämpfen.

In der Ukraine sieht es nicht viel anders aus. Anstatt direkt US-Truppen (und NATO-Soldaten) gegen Russland ins Feld zu schicken, begnügt man sich mit der Lieferung von Waffen und Munition in Milliardenhöhe. Ein republikanischer Politiker brachte seine Unterstützung für diese enorme finanzielle Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen Russland auf den Punkt. Er sieht es als ein Investment in die Zerstörung des gegnerischen (also russischen) Militärs, ohne dabei einen einzelnen amerikanischen Soldaten zu verlieren. Also anders ausgedrückt: die Amerikaner sind gerne dazu bereit, bis zum letzten Ukrainer gegen die Russen zu kämpfen. Denn solche Stellvertreterkriege kosten „nur“ Geld und keine Soldatenleben (zumindest nicht die eigenen).

Here’s a GOP Congressman explaining the rationale behind the Ukraine proxy war that every Democratic member of the House, including the Squad, just approved another $40 billion for: https://t.co/P5gBOpywon

— Aaron Maté (@aaronjmate) May 12, 2022

Doch Russland ist nicht der geopolitische „Hauptfeind“ der Vereinigten Staaten. Die Volksrepublik China ist es. Deshalb versucht Washington auch die regionalen Verbündeten (Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland und auch das eigentlich eher neutral agierende Indien) für die eigenen Interessen einzuspannen. Über Hongkong und die Uiguren können die CIA und das US-Außenministerium (über das NED) Peking zumindest etwas sticheln. Doch über kurz oder lang wird das US-Establishment versuchen, Taiwan als „chinesische Ukraine“ zu etablieren – und dann eben „bis zum letzten Taiwanesen“ (und gegebenfalls auch bis zum letzten Japaner und Südkoreaner) gegen China kämpfen. Man beachte, dass das US-Außenministerium auf dessen Webseite mittlerweile die Passage strich, wonach man Taiwan als Teil Chinas betrachte und die Unabhängigkeit der Insel nicht unterstütze.

Very worrying sign of the direction the US is taking.

The State Dpt removed from their website the fact they recognize that Taiwan is part of China (under PRC gvt) and that they don’t support Taiwan independence.

Left: 3rd May. Right: today, 8th May (https://t.co/OxeRgdSq7h) pic.twitter.com/ktlxBGTdoU

— Arnaud Bertrand (@RnaudBertrand) May 8, 2022

Wie sehr sich Washington gegen die chinesischen Ambitionen im asiatisch-pazifischen Raum stellt, zeigt auch das Beispiel der Salomonen. Der kleine Inselstaat im Pazifik hat einen Sicherheitspakt mit Peking abgeschlossen, was Washington auf den Plan rief. Denn dies könne die Sicherheit der Amerikaner und deren Alliierten beeinträchtigen. „Sollten Schritte unternommen werden, um de facto eine ständige Militärpräsenz, Fähigkeiten zur Machtausübung oder eine Militäranlage zu errichten, so würden die Vereinigten Staaten erhebliche Bedenken haben und entsprechend reagieren“, so das Weiße Haus. Doch schon jetzt unterstützt Washington die pro-amerikanische Opposition und die militanten Separatisten in der Provinz Malaita, die bereits mit Pogromen gegen ethnische Chinesen drohten. Und zur Not schickt man eben Truppen auf die pazifischen Inseln.

Alles in allem sieht es für die nächsten Jahre nicht gerade friedlicher aus. Je größer die innenpolitischen Probleme in den Vereinigten Staaten werden, desto wahrscheinlicher werden außenpolitische Abenteuer und kriegerische Maßnahmen durch Washington und dessen Alliierte. Und nachdem man bereits die Europäer in Sachen Ukraine eingespannt hat, kann man sich nun auf den „indopazifischen Raum“ – also auf China – konzentrieren. Die dortigen Verbündeten können ja auch noch problemlos für US-amerikanische Interessen „verheizt“ werden. Hauptsache, Washington vermeidet es, flaggenbedeckte Särge nach Hause schicken zu müssen.

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