Tyler Durden
Angesichts der stockenden Atomverhandlungen und wachsender Spannungen zwischen den USA, Israel und dem Iran wächst die Sorge vor einer Eskalation im Nahen Osten.
Das US-Außenministerium hat alle Botschaften, die sich in Reichweite iranischer Einrichtungen befinden – darunter auch Vertretungen in Osteuropa, Nordafrika und dem Nahen Osten – angewiesen, Notfallaktionsausschüsse einzuberufen. Zudem sollen Telegramme mit Maßnahmen zur Risikominderung an Washington übermittelt werden. Laut Associated Press bereitet sich die US-Botschaft in Bagdad darauf vor, nicht notwendiges Personal vorsorglich abzuziehen.
Ein Sprecher des Außenministeriums, der anonym bleiben wollte, sagte: „Wir bewerten ständig die angemessene Personalstärke in all unseren Botschaften. Aufgrund unserer jüngsten Analyse haben wir beschlossen, die Präsenz unserer Mission im Irak zu verringern.“
Wie die Washington Post berichtet – ein Sprachrohr des sicherheitspolitischen Establishments –, befinden sich die USA in höchster Alarmbereitschaft in Erwartung eines möglichen israelischen Angriffs auf iranische Atomanlagen. Das Außenministerium habe bereits die Evakuierung einiger Mitarbeiter im Irak genehmigt. Das Pentagon hat laut Bericht grünes Licht für die Abreise von Familienangehörigen amerikanischer Soldaten im gesamten Nahen Osten gegeben.
Die angespannte Sicherheitslage fällt zeitlich mit der sich verschärfenden Skepsis von Präsident Donald Trump zusammen, ob ein Atomabkommen mit dem Iran überhaupt noch zustande kommen könne. „Ich bin jetzt weniger zuversichtlich als noch vor ein paar Monaten“, sagte Trump der New York Post. „Irgendetwas hat sich bei ihnen verändert.“
Geheimdienste schlagen Alarm – Israel könnte allein losschlagen
US-Geheimdienste äußerten in den letzten Monaten zunehmende Besorgnis, Israel könne ohne Rücksprache mit Washington einen Präventivschlag gegen iranische Atomanlagen ausführen. Dies würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem iranischen Vergeltungsschlag gegen US-Stützpunkte in der Region führen – und die diplomatischen Bemühungen Trumps torpedieren.
Laut einer Zusammenfassung von GMI sind folgende Entwicklungen relevant:
- Die israelische Armee (IDF) hat ihre Einsatzbereitschaft erhöht. Die USA ziehen nach.
- Ein hoher US-Diplomat sagte der Washington Post: „Wir denken, dass es ernster ist als je zuvor.“
- Das US-Außenministerium hat Botschaften in potenziellen Zielregionen – darunter auch europäische – angewiesen, unverzüglich Risikoeinschätzungen nach Washington zu übermitteln.
- Die Trump-Regierung hatte eine Frist für die Atomverhandlungen bis zum 12. Juni gesetzt.
- Laut Axios ist es unwahrscheinlich, dass die sechste Gesprächsrunde wie geplant am Sonntag im Oman stattfindet.
- General Kurilla, Oberbefehlshaber des U.S. Central Command, hat seine geplante Kongressaussage wegen der Lageverschärfung verschoben.
Ein US-Regierungsbeamter erklärte, man halte sich mit dem State Department und internationalen Partnern in enger Abstimmung, um auf sämtliche Szenarien vorbereitet zu sein.
Öl und Gold steigen – Iran fordert Rückkehr zur Diplomatie
Angesichts der sich zuspitzenden Lage stiegen sowohl der Öl- als auch der Goldpreis deutlich an. Der Iran ruft indes zur Besonnenheit auf. Die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen erklärte:
„Diplomatie – nicht Militarismus – ist der einzige Weg nach vorne. Der Iran strebt keine Atomwaffe an. Der US-Militarismus destabilisiert die Region.“
Trump betonte zwar öffentlich, dass er eine Verhandlungslösung bevorzuge, pocht aber gleichzeitig darauf, dass der Iran seine Urananreicherung vollständig einstellt. Der Iran hingegen besteht darauf, zumindest in kleinem Umfang weiter anreichern zu dürfen – als Ausdruck nationaler Souveränität.
Die sechste Gesprächsrunde zwischen US-Verhandlungsführer Steve Witkoff und dem iranischen Außenminister Abbas Araghchi ist weiterhin für Sonntag in Oman geplant – jedoch wurde am Mittwoch bereits spekuliert, dass sie abgesagt werden könnte.
Trump sagte am Mittwoch:
„Sie scheinen zu verzögern, und ich finde das bedauerlich. Ich habe Netanjahu gebeten, mit militärischen Maßnahmen zu warten, aber ich bin jetzt viel weniger zuversichtlich, dass ein Abkommen zustande kommt.“
Iran: Einigung in Reichweite – aber keine westliche Reue
In einem Beitrag auf X schrieb Araghchi:
„Trumps Forderung, dass Iran keine Atomwaffen entwickeln dürfe, deckt sich mit unserer eigenen Doktrin. Ein Abkommen, das den friedlichen Charakter unseres Programms garantiert, ist möglich – und könnte schnell erreicht werden.“
Ein Kompromiss, bei dem Iran geringfügige Urananreicherung für zivile Zwecke fortsetzen darf, wurde zu Beginn der Gespräche in Betracht gezogen, aber inzwischen von US-Seite verworfen.
Zugleich eskalieren die Spannungen in Wien, wo der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) tagt. IAEO-Chef Rafael Grossi berichtete, dass der Iran seine Bestände an nahezu waffenfähigem Uran deutlich aufgestockt habe.
Irans Gesandter Reza Najafi warf den Europäern am Mittwoch Vertragsbruch vor, da sie ihre Sanktionen nach dem ursprünglichen Atomabkommen nicht aufgehoben hätten.
Araghchi kritisierte die EU-Staaten zudem auf X:
„Statt Reue zu zeigen oder die Diplomatie zu erleichtern, verschärfen sie die Konfrontation mit absurden Forderungen und wollen den Iran dafür bestrafen, dass er auf Vertragsbruch reagiert.“
Wenn die IAEO am Freitag eine Resolution gegen den Iran verabschiede, werde es laut Araghchi eine „harte Reaktion“ geben:
„Die Schuld liegt allein bei jenen böswilligen Akteuren, die ihre eigene Glaubwürdigkeit zerstören.“

