Für bundesdeutsche Systemmedien, allen voran für die öffentlich-rechtliche ARD, sind Prozesse gegen politisch Unliebsame natürlich ein gefundenes Fressen: Begleitet von einem gewaltigen Medienaufgebot begann am Mittwoch in Koblenz der Prozess um die der sogenannten „Reichsbürgerszene“ zugeordnete vermeintliche Putschistengruppe „Vereinte Patrioten“.
Zur Erinnerung: Den fünf Angeklagten wird der Versuch vorgeworfen, mit einem dreistufigen Plan die Staatsordnung der Bundesrepublik Deutschland stürzen und das Deutsche Reich von 1871 wiedererrichten zu wollen.
Untaugliche Putsch-Pläne
Zu diesem Zweck habe man zuerst einen Stromausfall herbeiführen, dann Gesundheitsminister Karl Lauterbach entführen und in Berlin eine neue „konstituierende Versammlung“ einsetzen wollen. Ein Schauspieler hätte anschließend den Bundespräsidenten oder Bundeskanzler imitieren und sodann live im Fernsehen verkünden sollen, dass die Bundesregierung abgesetzt sei. Diese Anklagepunkte, die vermutlich sogar als Drehbuch für einen ARD-Tatort als zu haarsträubend und absurd abgelehnt würden, werden in Koblenz nun bierernst, staatstragend und unter höchster Priorität verhandelt.
Rentner als Revolutionäre?
Was mit der Verhaftung der 75jährigen angeblichen Rädelsführerin der Lauterbach-Räubergeschichte und wenig später dann der Großrazzia gegen Reichsbürger Ende vergangenen Jahres vorexerziert wurde, findet hier seine Fortsetzung unter den Augen der Justitia. Die mutmaßliche Inszenierung eines gerade noch abgewendeten Staatssturzes soll in Wahrheit wohl einmal mehr von den eigentlichen Problemen des Landes und einem strukturellen System- und Justizversagen ablenken.
Echte Staatsfeinde bleiben unbehelligt
Doch statt gegen die wahren „Delegitimierer“ im Staat anzugehen – Islamisten, kriminelle Migrantengruppen, Klima-Systemumstürzler –, arbeitet sich der Apparat lieber an einigen verschrobenen Gestalten ab, die zum rechtsextremen Popanz hochstilisiert werden. Dass diese selbst dann, wenn ihre Umsturzphantasien und Lauterbach-Kidnapping-Pläne ernstgemeint waren, nicht ansatzweise über die Mittel verfügt hätten, diese umzusetzen, interessiert dabei nicht.
Strafbarer „untauglicher Versuch“?
Dabei gibt es im deutschen Strafrecht auch den „untauglichen Versuch“, der vorliegt, wenn der Täter die Untauglichkeit seines Ansinnens aus grobem Unverstand verkannt hat. In solch einem Fall kann das Gericht die Strafe mildern oder gar ganz von einer Bestrafung absehen. Doch die nüchterne und naheliegende Frage, wie man mit der Entführung eines der unbeliebtesten und unfähigsten Politiker des Landes eine Regierung stürzen soll, wird wohl kaum gestellt werden.
Prozessmarathon zur Ablenkung
Bis Mitte Januar soll sich dieser Prozess nun hinziehen. Es sind Dutzende von Sitzungen veranschlagt. Auf diese Weise schaffen Justiz und politisch weisungsgebundene Anklagebehörden den gewünschten Rahmen, um ein politisches Kammerspiel und Ablenkungsmanöver so lange wie möglich am Köcheln zu halten.
Zum Autor: Daniel Matissek ist Journalist mit pfälzischen Wurzeln, arbeitet neben für AUF1 auch für diverse deutschsprachige freie Medien (unter anderem „Journalistenwatch.com“). Gründungsherausgeber des Blogs „Ansage.org“. Schwerpunktthemen: Migrationspolitik, politischer Extremismus, Demokratie und Medienlandschaft. Freund differenzierter Zwischentöne, aber gerne auch leidenschaftlicher Polemiker. Devise: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos; es könnte aber auch umgekehrt sein.“
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