Horst D. Deckert

Von London bis Moskau: Der weltweite Vormarsch des digitalen Kontrollstaats

Ein Kommentar zur schleichenden Abschaffung von Freiheit unter dem Deckmantel von Sicherheit und Fortschritt.

Während sich Großbritannien mit seinem Online Safety Act aufmacht, die digitale Rede- und Meinungsfreiheit endgültig zu strangulieren, baut Russland zeitgleich seine biometrische Totalüberwachung auf ausländische Bürger aus – angeblich, um SIM-Karten einfacher auszugeben.

Was auf beiden Seiten des ideologischen Spektrums geschieht, ist alarmierend identisch: Der Staat nutzt Technik, Angst und Gesetzesnovellen, um sich permanenten Zugang zu den privatesten Bereichen des menschlichen Lebens zu verschaffen. In London wird freie Rede als „Desinformation“ kriminalisiert – in Moskau wird das Gesicht zur Eintrittskarte in den Alltag.

Der sogenannte Unified Biometric System (UBS) in Russland verlangt von Ausländern seit dem 1. Januar 2025 die Abgabe von Gesichts- und Stimmbiometrie – einfach nur, um eine SIM-Karte zu aktivieren. Und natürlich bleibt es nicht dabei: Banken, Behörden, Rentenversicherung, alles wird daran gekoppelt. Es ist ein gläserner Mensch 2.0, staatlich zertifiziert und vollständig erfassbar.

Die britische Regierung hingegen zieht dieselben Zügel auf andere Weise an: Mit dem Online Safety Act wurde ein Gesetz geschaffen, das vermeintlich gegen „illegale Inhalte“ vorgeht, aber in Wahrheit eine umfassende Infrastruktur zur Zensur, Identitätsprüfung und Medienkontrolle errichtet. Wer Inhalte postet, die der Staat als „falsch“ brandmarkt, macht sich strafbar – außer, er arbeitet für eine staatlich anerkannte Zeitung.

Wo bleibt der Aufschrei?
Stattdessen liefern sich Politiker wie Keir Starmer symbolische Schlagabtäusche mit Trump und feiern sich als Verteidiger der „Schutzmaßnahmen“, während im Hintergrund eine Überwachungsarchitektur zementiert wird, wie sie selbst Orwell nicht nüchterner hätte schildern können.

Russland kündigt inzwischen an, das UBS bis 2027 auf den gesamten privaten Sektor auszuweiten. Unternehmen wie Ozon, Yandex oder Wildberries sollen das System „freiwillig“ integrieren – was in autoritären Kontexten stets ein Euphemismus für faktischen Zwang ist. Und wer sich weigert, wird durch regulatorische Keulen oder wirtschaftlichen Druck „überzeugt“.

Die Sberbank, größter russischer Finanzakteur, installiert fast eine Million Gesichtserkennungs-Terminals im ganzen Land – ein Bezahlvorgang, der wie ein Science-Fiction-Szenario beginnt und in totaler Bewegungs- und Konsumüberwachung endet. Und laut Gesetz müssen alle kommerziellen Akteure die gesammelten Daten an den Staat weiterreichen.

Aber machen wir uns nichts vor: Diese „russischen“ Entwicklungen sind kein Sonderfall – sie sind der Prototyp, der bald auch in der EU, den USA und darüber hinaus Schule machen wird.

In Großbritannien beginnt es mit besorgten Müttern, in Russland mit „praktischen SIM-Karten-Prozessen“. Die Mittel unterscheiden sich, das Ziel bleibt dasselbe: Totalidentifikation, Totalverdatung, Totalkontrolle.

Und das alles im Namen von „Sicherheit“, „Effizienz“ und natürlich „Kinderschutz“.

Wir stehen an einem Scheideweg. Wer heute noch glaubt, es ginge bei all dem um Kindeswohl oder Online-Betrug, wird morgen aufwachen in einer Welt, in der jede digitale Bewegung erfasst, gespeichert und bewertet wird – sei es in Moskau oder in Manchester.

Denn wenn das Gesicht der Schlüssel zur SIM-Karte ist und das gesprochene Wort zur Straftat werden kann, dann sind wir keine freien Bürger mehr – sondern nur noch Benutzerprofile im Staatsapparat.

Willkommen im Zeitalter der Soft-Diktatur.
Sie braucht keinen Knüppel mehr. Ein Gesetzestext reicht.

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