[Alle Hervorhebungen im Original! A. d. Übers.]
Die Frage „Können Sie empirisch nachweisen, wie viel Erwärmung durch CO₂ verursacht wird?“ erscheint auf den ersten Blick völlig vernünftig, ja sogar wissenschaftlich. Doch trotz ihrer Attraktivität ist sie nicht nur mit den derzeitigen Verfahren nicht zu beantworten, sondern reflektiert auch ein Missverständnis darüber, wie Klimawissenschaft funktioniert. Und unabhängig von der eigenen Position in der Klimadebatte, einschließlich derjenigen, die dem Klimaalarmismus zutiefst skeptisch gegenüberstehen, ist es wichtig zu erkennen, warum diese Frage, so wie sie formuliert ist, grundlegend fehlerhaft ist.
1. Sie verlangt das Unmögliche: Kontrollierte Experimente in planetarischem Maßstab
Das Hauptproblem besteht darin, dass ein gemessener Beweis verlangt wird, d. h. eine direkte empirische Messung einer isolierten Variablen. Aber die Erde ist kein Labor. Man kann nicht eine Erde nehmen, sie mit 300 ppm CO₂ und eine andere mit 420 ppm betreiben, alles andere konstant halten (Sonneneinstrahlung, Meeresströmungen, vulkanische Aktivität, Wolkendecke usw.) und dann den Temperaturunterschied feststellen.
Das Klima ist von Natur aus ein komplexes, chaotisches, gekoppeltes System. Wir können Korrelationen messen, Rückschlüsse ziehen und Modelle laufen lassen – aber es gibt keine Laborumgebung, in der man CO₂ isolieren und seinen genauen Beitrag zur globalen mittleren Temperatur in der realen Welt „messen“ kann. Diese Art von empirischer Isolierung zu verlangen ist so, als würde man einen direkten Beweis dafür verlangen, dass ein Zug an einer Zigarette Krebs verursacht – ein unangemessener Standard für komplexe Systeme mit vielen interagierenden Variablen.
2. Verwechselt Antrieb mit Zuordnung
CO₂ ist ein Strahlungsantrieb – ein Input für das Klimasystem, kein direkter Output. Was wir über die Satellitenspektroskopie haben sind Messungen, die zeigen, dass CO₂ Infrarotstrahlung absorbiert und wieder abgibt. Wir messen die „Rückstrahlung“, die auf die Bodenstationen auftrifft. Das ist messbar und unumstritten. Das Ausmaß dieses Einflusses ist jedoch nicht direkt und isoliert messbar. Sie wird aus Modellierung und statistischen Zuordnungsstudien abgeleitet.
In diesen Studien wird versucht, Anteile der beobachteten Erwärmung verschiedenen Ursachen zuzuordnen – Treibhausgase, Aerosole, Sonnenvariabilität, veränderte Landnutzung usw. Sie stützen sich auf Klimamodelle und statistische Verfahren, nicht auf isolierte Labormessungen. Man kann also zwar fragen, wie viel Erwärmung auf der Grundlage von Modellen und Annahmen dem CO₂ zugeschrieben wird, aber man kann es nicht direkt messen.
Diejenigen, die sich an dem Wort „Modellierung“ stören, sollten wissen, dass wir mit Hilfe von Modellen Satellitenmessungen der Helligkeit in globale Temperaturen umwandeln, z. B. UAH 6.1.
3. Die Frage spielt den Alarmisten in die Hände, indem er die Debatte zu sehr vereinfacht
Ironischerweise geht die Frage nach „gemessenen Beweisen“ für die CO₂-verursachte Erwärmung als rhetorische Falle oft nach hinten los. Sie erlaubt es den Klimaaktivisten zu behaupten, dass Skeptiker „die Wissenschaft nicht verstehen“, weil die Frage technisch gesehen falsch formuliert ist. Sie ermöglicht es ihnen, das Gespräch auf eine Debatte über die „anerkannte Wissenschaft“ auf molekularer Ebene (CO₂ absorbiert Infrarotstrahlung) zu lenken, wo die eigentliche Debatte nicht stattfindet.
Ernsthafte Skepsis beruht nicht auf der Leugnung der Strahlungsphysik, sondern auf der Frage, wie stark die Erwärmung ausfallen wird, wie die Modelle funktionieren, wie sich die Rückkopplungen verhalten, wie zuverlässig die Temperaturaufzeichnungen sind und vor allem, ob eine auf unsicheren Prognosen beruhende Klimapolitik überhaupt sinnvoll ist. Darum sollte man sich streiten, nicht um Strohmann-Argumente über gemessene Beweise.
4. Sie verschleiert das eigentliche Problem: Modellabhängigkeit und Rückkopplungs-Hypothesen
Selbst der IPCC behauptet nicht, dass die CO₂-bedingte Erwärmung direkt gemessen werden kann. Stattdessen verwenden sie auf Modellsimulationen beruhende „Zuordnungsstudien“. Sie simulieren zum Beispiel das Erdklima mit und ohne anthropogenem CO₂ und vergleichen dann die Modellläufe mit den beobachteten Temperaturen.
Das Ergebnis ist eine Behauptung wie „der größte Teil der beobachteten Erwärmung seit 1950 ist sehr wahrscheinlich auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen“ – aber dies ist eine modellbasierte Schlussfolgerung, keine Messung. Die in diesen Modellen angenommenen Rückkopplungen (insbesondere Wasserdampf und Wolken) sind kaum bekannt, und kleine Änderungen dieser Annahmen führen zu großen Schwankungen in den Erwärmungsvorhersagen.
Ein vernünftiger Skeptiker würde sich hierauf konzentrieren: nicht darauf zu leugnen, dass CO₂ ein Treibhausgas ist, sondern darauf, die immense Ungewissheit hervorzuheben, wie viel Erwärmung aus einer Verdoppelung des CO₂ resultiert (Klimasensitivität), die in der Literatur immer noch stark schwankt. Das ist die intelligente Kampffront – und nicht die Forderung nach etwas, das niemand liefern kann.
5. Sie ermutigt zur binären Denkfalle
Skeptiker tappen oft in eine Falle, wenn sie so argumentieren, als ob die gesamte Klimadiskussion von der Schädlichkeit des CO₂-Moleküls abhängt. Aber selbst wenn CO₂ den Planeten in gewissem Maße erwärmt, dreht sich die eigentliche Debatte um das Ausmaß, den Zeitpunkt, die Auswirkungen und die Kosten-Nutzen-Abwägungen der Klimapolitik.
Die Forderung nach einem messbaren Nachweis, wie viel Erwärmung durch CO₂ verursacht wird, lädt zu einer Ja/Nein-Antwort ein, während es in Wirklichkeit um Wahrscheinlichkeitsverteilungen, Konfidenzintervalle und Unsicherheit geht. Dies passt genau zu dem absolutistischen Denken, welches die Mainstream-Klimarhetorik dominiert.
Stellt klügere Fragen – denn die Daten sind nicht so klug
Die Forderung nach einem messbaren Beweis dafür, wie viel Erwärmung durch CO₂ verursacht wird, ist eine rhetorische Sackgasse – nicht, weil es unvernünftig wäre, nach Beweisen zu suchen, sondern weil sie ein Missverständnis dessen verrät, was in einem planetarischen Klimasystem empirisch messbar ist. Die Frage bricht unter ihrem eigenen Anspruch auf unmögliche Präzision in einem verrauschten, chaotischen und multifaktoriellen System zusammen.
Ein weitaus produktiverer – und wissenschaftlich fundierter – Skeptizismus zielt auf die weiche Unterseite des Klimakonsens‘: die Hypothesen, Unsicherheiten und Messprobleme, die dem gesamten Narrativ zugrunde liegen.
Beginnen wir mit der Temperaturaufzeichnung selbst. Langfristige Temperaturreihen leiden unter erheblichen Zuverlässigkeitsproblemen. Stationen sind gealtert, wurden verlegt, von städtischer Bebauung umgeben und mit anderen Instrumenten aufgerüstet – all dies kann zu Inhomogenitäten und künstlichen Trends führen. Die Anpassungen der Rohdaten sind oft undurchsichtig und schlecht begründet, was die Frage aufwirft, wie viel Erwärmung wirklich ist und wie viel „hinein korrigiert“ wurde.
Hinzu kommt die weitaus größere Unsicherheit bei der Schätzung globaler Variablen wie des Wärmeinhalts der Ozeane – eine Messgröße, die für die Behauptung einer „beispiellosen Erwärmung“ von zentraler Bedeutung ist. Bevor die ARGO-Bojen Anfang der 2000er Jahre eingesetzt wurden, wurden die Meerestemperaturen mit einem Sammelsurium von Schiffsmessungen und Bathythermographen gemessen, die spärliche, uneinheitliche und widersprüchliche Daten lieferten. Selbst jetzt nehmen die ARGO-Bojen nur einen kleinen Teil des Ozeanvolumens auf und reichen nicht tief genug, um langfristige thermische Trends mit großer Sicherheit zu erkennen.
Auf dieser wackeligen empirischen Grundlage bauen die Klimamodellierer ihre Annahmen über Strahlungsantrieb, Rückkopplungen und Wolkenverhalten auf, um Projektionen für Jahrzehnte in die Zukunft zu erstellen – Projektionen, welche die kurzfristige Erwärmung konsequent überschätzt haben.
Anstatt also nach etwas zu fragen, das nicht gemessen werden kann – wie ein isolierter Beweis für die erwärmende Wirkung von CO₂ – sollten sich Skeptiker darauf konzentrieren, was gemessen werden kann, und wie schlecht. Man frage:
– Wie wurden die Temperaturdaten bearbeitet, und welche Auswirkungen haben diese Anpassungen?
– Wie empfindlich reagieren die Klimamodelle auf die Anfangsbedingungen und die subjektive Abstimmung der Parameter?
– Wie groß sind die Fehlerspannen bei den Schätzungen des Wärmeinhalts der Ozeane im Laufe der Zeit?
– Warum stützen sich historische Rekonstruktionen so stark auf Reanalysen von Modellen und nicht auf direkte Beobachtungen?
– Sind Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels kosteneffizient?
– Welcher unbeabsichtigte Schaden kann durch Abmilderungsmaßnahmen verursacht werden?
– Warum werden die Vorteile einer erhöhten CO₂-Konzentration nicht in die Berechnungen der Auswirkungen auf die Gesellschaft einbezogen?
Hier gehört ehrlicher, disziplinierter Skeptizismus hin – nicht, indem er eine Messung fordert, die die Physik und die Komplexität des Erdsystems einfach nicht zulassen, sondern indem er auf das wackelige Gerüst hinweist, auf dem weitreichende, kostspielige Maßnahmen errichtet werden, auf Annahmen, Unsicherheiten und Modellierungsgrenzen, die dem gesamten Gebäude der Klimapolitik zugrunde liegen. Das ist der Punkt, an dem Skepsis wissenschaftlich rigoros, effektiv und intellektuell ehrlich sein kann.
Übersetzt von Christian Freuer für das EIKE
Der Beitrag Warum die Frage „Können Sie empirisch nachweisen, wie viel Erwärmung durch CO₂ verursacht wird?“ eine wirklich dumme Frage ist erschien zuerst auf EIKE – Europäisches Institut für Klima & Energie.