Während sich Donald Trump in der politischen Selbstdarstellung erneut als „Friedenspräsident“ inszeniert – als jemand, der angeblich nur Stabilität und globale Deeskalation anstrebt – entsteht hinter den Kulissen ein völlig anderes Bild davon, wer in den kommenden Jahren wirklich Einfluss auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der USA ausübt. Und erstaunlicherweise ist es nicht der Präsident.
Es ist JPMorgan Chase, das größte Finanzinstitut des Landes.
Mit der neu ausgerufenen „Security & Resiliency Initiative“ kündigt die Bank an, über die nächsten zehn Jahre hinweg bis zu 1,5 Billionen Dollar an Finanzierungen und Dienstleistungen in vier „strategische Industrien“ zu lenken – darunter ausdrücklich auch Verteidigung und Luft- und Raumfahrt.
Direkte Eigeninvestitionen sollen bis zu 10 Milliarden Dollar betragen. Der Rest stammt aus Kreditrahmen, Projektfinanzierung, Investmentbanking und Kapitalmarktgeschäften, die JPMorgan strukturiert und daran verdient.
Die Bank erklärt das Programm als Beitrag zur Stärkung der „nationalen Resilienz“. Kritiker sehen darin jedoch eines der ambitioniertesten industriepolitischen Projekte der letzten Jahrzehnte – nur eben nicht vom Staat, sondern von einer Privatbank gesteuert.
Während sich Trump als Friedenspräsident inszeniert, treibt JPMorgan die “Security & Resiliency Initiative” voran, die in 10 Jahren $ 1,5 Billionen in Rüstungsprojekte investieren soll. https://t.co/1ckM0qZ37S
– So geht Arbeitsteilung zwischen Rüstungsindustrie & Politik. pic.twitter.com/0Y9rqlwl6W— Ernst Wolff (@wolff_ernst) December 9, 2025
Wer gestaltet hier eigentlich die nationale Sicherheitsagenda?
Auf dem Papier handelt es sich um ein wirtschaftliches Unterstützungsprogramm. Doch die Auswahl der Sektoren – kritische Mineralien, Energieinfrastruktur, Cybersicherheit, Rüstungstechnologie, KI, autonome Systeme – liest sich wie die Einkaufsliste des Pentagon für die nächsten 20 Jahre.
Die Frage, die sich aufdrängt:
Seit wann definieren Banken mit eigenem Kapital, wohin sich sicherheitsrelevante Industrien entwickeln?
Dass dies ausgerechnet in eine Phase fällt, in der die US-Regierung auf eine Rhetorik außenpolitischer Zurückhaltung setzt, verstärkt das Gefühl einer strategischen Doppelgleisigkeit:
Während oben Frieden versprochen wird, entstehen unten Strukturen für langfristige Aufrüstung.
Profitlogik statt Neutralität
Natürlich – und das ist der entscheidende Punkt – macht JPMorgan das nicht aus Wohltätigkeit.
Es geht um Rendite, Macht und Positionierung.
Diese Sektoren sind:
- staatlich garantiert nachfrageintensiv
- strategisch unverzichtbar
- konjunkturunabhängig stabil
- technologisch wachstumsstark
Für eine Bank bedeutet das:
Minimales Risiko, maximale Ertragsaussichten.
Oder wie es zynisch heißt:
Am Ende gewinnt die Bank immer.
Denn egal, ob die politischen Winde in Washington von Deeskalation oder Aufrüstung sprechen – die Bank finanziert beides. Und je unsicherer die Welt wird, desto sicherer steigen die Profite sicherheitsrelevanter Industrien.
Wenn finanzielle Macht politische Funktionen übernimmt
Das wirklich Neue – und Kritische – ist jedoch nicht das Investitionsvolumen allein.
Es ist die Rollenverschiebung:
- Früher finanzierte der Staat sicherheitsrelevante Industrien.
- Heute finanzieren sie zunehmend die größten Privatbanken – und beeinflussen damit, was „strategisch wichtig“ wird.
Das führt zu einer unausgesprochenen, aber zentralen Entwicklung:
Eine Privatbank entwickelt sich zu einem indirekten Mitgestalter nationaler Sicherheitsstrategie, ohne demokratische Kontrolle, ohne öffentliche Debatte, ohne parlamentarische Rechenschaft.
Was bedeutet das für die Zukunft?
- Die Grenzen zwischen Wirtschaft, Sicherheitspolitik und geopolitischem Wettbewerb verschwimmen.
- Banken werden zu Akteuren, die über Technologiepfade und Lieferkettenstrukturen mitbestimmen.
- Der Staat wird in Bereichen abhängig, in denen er eigentlich souverän sein müsste.
- Und die Öffentlichkeit erfährt davon erst, wenn Programme mit Billionensummen bereits beschlossen sind.
JPMorgan spricht von „Resilienz“.
Manche würden eher sagen: Machtverschiebung.
Fazit
Ob die Initiative nun eine wirtschaftliche Notwendigkeit in einer instabilen Welt darstellt oder eine stille Privatisierung sicherheitspolitischer Kernbereiche – darüber wird man noch lange streiten. Fest steht jedoch:
Während politische Führungsfiguren sich als Friedensstifter stilisieren, schaffen private Finanzriesen im Hintergrund Tatsachen. Und am Ende ist es wie immer: Die Bank gewinnt.

