Horst D. Deckert

Wie die AfD künftig im Bundestag kaltgestellt werden soll

Wie die AfD künftig im Bundestag kaltgestellt werden soll

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Wie die AfD künftig im Bundestag kaltgestellt werden soll

Nun soll alles ganz schnell gehen. Im Eilverfahren wollen die Ampel-Fraktionen eine neue Geschäftsordnung durch den Bundestag peitschen. Das Ziel ist offensichtlich: Die AfD soll kaltgestellt werden. Die Präsidenten erhalten dagegen eine ungeheure Machtfülle.

von Henning Hoffgaard

Eigentlich ist die Sache klar. „Jede Fraktion des Deutschen Bundestages ist durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten.“ So steht es in Paragraph 2 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Bisher. Ein umfangreicher Antrag zur Änderung ebenjener Parlamentarischen Regeln, der von den Ampelfraktionen wohl noch in dieser Woche eingebracht wird und der Redaktion vorliegt, will mit diesem eigentlich grundsätzlich verbrieften Recht Schluß machen.

Doch warum stellt die AfD trotz des Hinweises, daß sie als Fraktion einen Stellvertreter des Bundestagspräsidenten stellen muß, keinen Vizepräsidenten? Weil es einen zweiten Absatz gibt. „Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erhält.“ Ganze 21 Kandidaten schickte die Partei in 23 Wahlgänge. Immer scheiterten ihre Kandidaten. Die meisten Stimmen bekam noch der Abgeordnete Malte Kaufmann aus Baden-Württemberg am 22. September 2022. Er erhielt 106 Stimmen und 545 Parlamentarier stimmten gegen ihn. Die wenigsten Stimmen erhielten mit jeweils 78 Ja-Stimmen Tobias Matthias Peterka aus Bayern und Stephan Brandner aus Thüringen.

„Unklarheiten“ zu Vize-Präsidenten sollen ausgeräumt werden

Künftig soll es nun nur noch heißen: „Der Bundestag beschließt die Anzahl der Vizepräsidenten, wobei jede Fraktion mindestens für ein Amt zu berücksichtigen ist. Er legt fest, welche Fraktion jeweils für welches Amt einen Wahlvorschlag unterbreiten kann.“ Bei Geschäftsordnungen geht es oft um Kleinigkeiten, „berücksichtigen“ statt „vertreten“ ist ein Unterschied. Das schreiben SPD, Grüne und FDP auch ausdrücklich in die Begründung.

„Die bisherige Regelung“, heißt es da, „nach deren Wortlaut jede Fraktion des Deutschen Bundestages durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten sein sollte, führte in der Vergangenheit zu Unklarheiten in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Vorschlagsrecht der Fraktionen und dem Grundsatz der freien und geheimen Wahl der Mitglieder des Präsidiums.“ Daß ein Kandidat also eine Mehrheit braucht, ist nun offiziell wichtiger als das Recht der Fraktionen, einen Bundestagsvizepräsidenten zu stellen.

AfD äußert scharfe Kritik

Und auch eine weitere wichtige Änderung ist vorgesehen. Scheitert eine Fraktion mit drei Kandidaten, bedarf „ein neuer Wahlvorschlag der Unterstützung von mindestens einem Viertel der Mitglieder“. Heißt: Eine Fraktion, die weniger als 25 Prozent der Abgeordneten stellt, wäre zwangsläufig darauf angewiesen, daß Abgeordnete anderer Fraktionen zustimmen, daß sie überhaupt noch Kandidaten aufstellen darf.

Obwohl die Buchstaben „AfD“ natürlich nicht auftauchen, ist klar, um wen es bei der neuen Geschäftsordnung geht. Entsprechend kritisch reagiert die Partei. „Mit diesem Entwurf sollen bislang rechtswidrige Zustände legalisiert und die Ausgrenzung und Drangsalierung der Opposition nun auch noch in die Geschäftsordnung aufgenommen werden“, empörte sich der Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Brandner. „Das rechtswidrige Verhalten der Altfraktionen der letzten Jahre soll nun zu geltendem Recht werden und für die Zukunft sicherstellen, dass die AfD-Fraktion an den üblichen parlamentarischen Verfahren nicht teilhaben kann.“

Bundestags-Präsidenten erhalten enorme Machtfülle

Doch auch an anderen Stellen wollen die Ampelfraktionen ordentlich verschärfen. Beispiel: Ordnungsgelder. Diese werden bisher weitgehend willkürlich vom Präsidenten des Bundestages, aktuell SPD-Politikerin Bärbel Bas, festgelegt, sofern es zu einer „nicht nur geringfügigen Verletzung der Ordnung oder der Würde des Bundestages“ kommt. 1.000 Euro können dafür fällig werden, im Wiederholungsfall 2.000 Euro. Bisher.

Künftig soll auch der „sitzungsleitende Präsident“, also etwa Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, solche Maßnahmen verhängen können. Und zwar doppelt so hoch wie bisher. Also 2.000 Euro und im Wiederholungsfall 4.000 Euro. Die Grünen-Politikerin sieht die Würde des Hohen Hauses allerdings schon verletzt, wenn in einer Debatte ums „Selbstbestimmungsgesetz“ der Name „Markus“ als Anspielung auf den sich als Frau fühlenden Grünen-Abgeordneten Markus Ganserer, der „Tessa“ genannt werden will, dazwischengerufen wird.

Zwischenfragen können komplett unterbunden werden

Überhaupt wird dem Präsidenten und seinen Stellvertretern deutlich mehr Macht eingeräumt. Etwa bei der Gewährung von Zwischenfragen. Bisher heißt es dazu in der Geschäftsordnung: „Zwischenfragen und Zwischenbemerkungen, die kurz und präzise sein müssen, dürfen erst gestellt werden, wenn der Redner sie auf eine entsprechende Frage des Präsidenten zuläßt.“ Die Entscheidung liegt also beim Redner, der dazu lediglich auf eine Frage des Präsidenten antworten muß.

Künftig „kann“ der Präsident „mit Einverständnis des Redners das Wort für Zwischenfragen oder -bemerkungen, die kurz und präzise sein müssen, erteilen“. Er muß es also nicht. Und damit künftig nicht mehr so sehr an der Geschäftsordnung herumkritisiert wird, dürfen Redner dazu nur noch drei statt bisher fünf Minuten sprechen.

Schwammige Begriffe

Auch schwammige Begriffe, die juristisch nirgendwo kodifiziert sind, sollen künftig in der Geschäftsordnung stehen. „Jegliche beleidigenden oder diskriminierenden, insbesondere rassistischen oder sexistischen Äußerungen oder Verhaltensweisen gegenüber einem anderen Mitglied oder Dritten sollen unterlassen werden“, heißt es da etwa. Was genau darunter zu verstehen ist, wird nicht festgelegt.

Nur so viel steht als Begründung: „Derartige Beiträge verstoßen gegen die Grundsätze der parlamentarischen Debattenkultur und gefährden somit die parlamentarische Beratung.“ Verstöße gegen den Gummiparagraphen sollen dann mit Ordnungsmaßnahmen, also Ordnungsgelder oder Ausschluß aus der Debatte, geahndet werden. Von einem Präsidium, in dem die AfD nicht sitzen soll, und Präsidenten, den die AfD nicht stellen soll.

Bemerkenswert ist, daß solche weitreichenden Änderungen ausschließlich von den Regierungsfraktionen und ohne die Einbeziehung der Opposition durchgepeitscht werden sollen. Um längere Debatten dazu zu vermeiden, soll der kurzfristig vorgelegte Antrag voraussichtlich bereits am Mittwoch in den Bundestag eingebracht werden. Einen Tag später will auch die AfD erneut einen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten vorschlagen. Es könnte der letzte sein.

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