Horst D. Deckert

Wilhelm Reich, der erste und einzige respektable Dekonstruktivist

Wilhelm Reich ist ein eminenter Name im Zusammenhang mit dem tobenden Kulturkampf. Genau genommen legten seine Forschungsarbeiten den Grundstein für all das, was wir heute als Ausgeburt der Frankfurter Schule und französischer Poststrukturalisten erleben. Gefunden habe ich Reich über ein etwas esoterisch angehauchtes Video, in dem sein Leben und seinen Ansatz gut dargestellt wird. Erwähnt wird es im Video nicht, doch die Ähnlichkeiten zwischen Reichs Vorstellungen über die Natur des Menschen und der Gesellschaft und dem, was Herbert Marcuse und andere Propagandisten später als Fundament ihrer Vorstellungen zum Umbau der Gesellschaft wählten sind so frappierend, dass ich mich auf die Suche nach weiteren Informationen über den Mann begab und sich nach kurzer Recherche ergab, dass tatsächlich er es war, der den Ausgangspunkt für deren Denken bildete. Reich allerdings war keineswegs das Vorbild der Neomarxisten, sondern eher das Gegenteil dessen.

Zwischen allen Stühlen gegen Hitler und Stalin

Wilhelm Reich war ein Schüler von Sigmund Freud und gehörte lange Zeit zu dessen engen wissenschaftlichen Mitarbeitern, er lässt sich damit als einer der Mitbegründer der Psychoanalyse bezeichnen. Im Jahr 1935 jedoch kam es zu einem entscheidenden Bruch mit Freud, woraufhin Reich aus der Psychoanalytischen Gesellschaft ausgeschlossen wurde. Zur selben Zeit wurde er auch aus der Kommunistischen Partei Österreichs herausgeworfen.

So seltsam es klingt, aber die Gründe waren die selben. Es lag am Forschungsansatz von Reich, den dieser mit Vehemenz vertrat, mit dem er jedoch sowohl wissenschaftlich, als auch ideologisch auf heftigen Widerstand traf. Unbekannt ist, warum Reich damals auch den Zugang zum Umfeld von Freud verlor. Vermutlich lag es an seinem eigenwilligen Weg, den er wählte und sehr wahrscheinlich mit Nachdruck vertrat, so dass Nuancen in der Kritik an ihm abprallten.

Dieses Charakterdefizit half ihm vermutlich auch bei seiner Opposition innerhalb der Kommunistischen Partei, in die er zunächst aus Opposition gegen Hitler eintrat, jedoch basierend auf seinen Forschungsarbeiten bald feststellen musste, dass Stalin denselben derangierten Charakter hatte, der zu nichts diente als dem Verführen des Volkes. Unabhängig von Reichs sonstigen Haltungen oder den dubiosen Abwegen auf die er später geriet, muss man es ihm hoch anrechnen, dass er Jahrzehnte vor allen anderen die wahre und gemeinsame Natur der beiden großen Schlächter der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erkannte und pflichtbewusst aktiv wurde. Dies wohlgemerkt basierend auf Basis seiner wissenschaftlichen Arbeiten und nicht nur ausgehend von einem reinen Gefühl.

Unbefriedigende Sexualität als Kern allen Übels

Reichs psychoanalytische Annahme bestand darin, die sexuelle Kraft des Menschen als dessen fundamentale und wichtigste Triebkraft zu erachten. Aus einer Störung dieser Kraft im Sinne einer mentalen Unfähigkeit zum Erleben von Orgasmen, so Reich, würden alle übrigen mentalen Störungen entstehen, deren Erforschung und Heilung sich die Psychoanalyse auf die Fahnen schrieb. Bedenkt man, dass auch im Hinduismus und Buddhismus wesentlich ältere Meditationsansätze existieren, in deren letzter Konsequenz der Orgasmus als das ultimative Selbstgefühl steht, kann Reichs Annahme nicht ganz abgelehnt werden.

Das Problem in Reichs Ansatz lag vermutlich eher in der fundamentalen Sichtweise, wonach alle mentalen Probleme auf einer Fehlstellung beruhen und nicht nur manche, oder dass es sich dabei gar selbst nur um ein Symptom anderer Fehlstellungen handeln könnte.

Die Ursache für diese Fehlstellung im Sexualempfinden sah Reich in Gewalt, emotionaler Verarmung und anderen Vernachlässigungen und Übergriffen, die jemandem insbesondere im Kindesalter angetan wurden. Als Symptome für diese Fehlstellung sah er vor allem die Neigung zur Impulsivität, zu Gewalt, zu Fanatismus und zu anderen negativen Charaktereigenschaften. Nur dann, aber genau dann, wenn eine Person ein erfülltes Sexualerleben hat und zu Orgasmen fähig ist, kann laut Reich die wichtigste Triebkraft im Menschen geregelt abfließen, so dass jegliche charakterlichen Dissonanzen mit der Zeit wieder verschwinden.

Gesellschaftspolitische Abgründe

Laut Reichs Schätzung sollen etwa 70% der Bevölkerung anfällig für Störungen ihres Sexualerlebens und damit ihres persönlichen mentalen Wohlergehens sein. Zu vermuten ist, dass er während seiner Arbeit in den Psychiatrien und in der Psychoanalytischen Gesellschaft genügend Patienten sah, anhand derer er zu einer akkuraten Schätzung in der Lage war.

Seinen Eintritt und den nachfolgenden Bruch mit der Kommunistischen Partei bestand schließlich in der Erkenntnis, dass es bestimmte Charaktere gab, die besser als andere in der Lage waren, Menschen mit dieser Störung für sich zu begeistern und in einen Wahn hineinzusteigern, um sie hemmungslos für ihre Machtgelüste auszunutzen.

Basierend auf dieser Kausalkette ist es keineswegs abwegig, dass er sowohl in Hitler als auch in Stalin einen derartigen Verführungscharakter zu erkennen glaubte. In den Vorkriegsjahren genoss der weithin als kommunistischer Heilsbringer gelobte Stalin sicherlich auch in Österreich noch eine weit größere Beliebtheit, als er es aufgrund der aus der neuen Sowjetunion kommenden Gerüchte verdient gehabt hätte.

Generell ist Reichs wissenschaftliche Argumentation konsistent und gut nachvollziehbar, sie enthält sicherlich einen Funken Wahrheit, was sich an der Passgenauigkeit für das massenpsychologische Treiben von Hitler und Stalin ablesen lässt. Dies war sehr wahrscheinlich auch der bedeutendste Grund, warum er nach seiner Übersiedelung in die USA trotz des zunehmend pseudowissenschaftlichen Wegs weiterhin eine treue Anhängerschaft erhalten konnte.

Mit 70% zur Kommunistischen Revolution

Wilhelm Reich lässt sich als Urvater sehr vieler Bewegungen und zeitgeistigen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts bezeichnen. Sein ideeller Einfluss im Bereich der „sexuellen Befreiung“ ist bis heute groß, so dass seine mangelnde Bekanntheit fast schon ein Mysterium ist. Er müsste auf einem Schild getragen werden, nicht zuletzt auch aufgrund seiner Leistung, in Hitler und Stalin zeitgleich jene Monster erkannt zu haben, die sie waren.

In dieser Leistung jedoch verbirgt sich sehr wahrscheinlich auch der wahre Grund, weshalb Reich weitgehend vergessen wurde. Reichs psychoanalytische Kausalkette wirkte auf viele Menschen sicherlich sehr attraktiv. Die meisten davon werden ehrliche Absichten gehegt haben, manche aber auch sinistre – man denke nur etwa an die Idee einer sexuellen Befreiung von Kindern, oder auch Agitatoren, die in seiner Analyse die Anleitung für eine Waffe sahen.

Neomarxisten vom Schlage eines Herbert Marcuse wurden vor allem vom Wert dieser 70% angezogen. Denn das Problem der Kommunistischen Revolution war stets, dass auch innerhalb des Lumpenproletariats zu viele etwas zu verlieren hatten, oder gar nicht erst über das Bewusstsein verfügten, dass der wachsende Wohlstand der kapitalistischen Wirtschaftsweise nicht gut für sie war und sich daher der Revolution stets verweigerten.

In keinem Land und zu keiner Zeit in den vergangenen 200 Jahren herrschte jemals von sich aus ein Zustand, in dem der Wunsch eines Systemwechsels hin zum Kommunismus von der Mehrheit der Menschen geteilt worden wäre. Reichs „Zielmarke“ hingegen lag bei 70% und damit mehr als hoch genug, um die Gesellschaft endlich zur letzten Revolution anzutreiben.

Reichs Erkenntnis und Marcuses Perfidie

Wollte man Reichs Erkenntnisse für den Zweck der Kommunistischen Revolution ausnutzen, so das Kalkül, dann muss man lediglich all jene Faktoren, die zu einer Störung des Sexualempfindens führen, hervorheben und in ihrer Wirkung maximieren. So ließe sich schließlich die Masse mental defizitärer und damit willenloser und nur noch auf Affekte reagierende Menschen in die gewollte Richtung lenken.

Die Ursache dieser Störung findet sich laut Reich vor allem bei Kindern, deren Eltern geschieden sind, deren Eltern körperlich gewalttätig sind, deren Eltern aufgrund einer Arbeitslosigkeit nicht in der Lage sind, als Vorbild zu agieren, deren Eltern sich sexuell an ihren Kindern vergehen oder diese in unangemessener Weise Sexualität aussetzen, und die generell in einem von Armut, Willkür und Gewalt geprägten Umfeld aufwachsen.

Es gibt sicherlich noch einige andere relevante Faktoren, die zu Störungen im Sexualempfinden führen und gleichzeitig ein gesellschaftliches Phänomen darstellen. Allerdings genügt es, sich vorzustellen, dass alleine die genannten Faktoren unabhängig voneinander in jeweils einem Zehntel der Gesellschaft relevant sind, um die 70% zu erreichen. Mit Blick auf die Gegenwart und deren ideologische Untermalung lässt sich feststellen, dass genau das der Plan zu sein scheint. Im Normalzustand dürfte die Relevanz bei nicht mehr als einem Fünftel des kritischen Werts liegen, in Anbetracht von Smartphones und Corona jedoch, könnte sich die Welt sogar noch jenseits davon befinden.

Die Neomarxisten nahmen Reichs Ansatz und Erkenntnisse, und erachteten diese wie beispielsweise auch die großen dystopischen Romane des 20. Jahrhunderts jedoch nicht als eine Warnung, sondern als eine Anleitung zur Erreichung ihrer Ziele. Sie drehten Reichs Ideen um und missbrauchten seine Arbeit als ein Programm, um genau das zu vollenden, wovor Reich sein Umfeld schon im Jahr 1935 zu warnen versuchte. Daher kennt ihn heute auch niemand mehr. Denn sonst wüssten wir auch, dass er nicht Teil dieser Kabale war, sondern sich mit Vehemenz gegen sie stellte.

Quelle Titelbild 1, 2

Ähnliche Nachrichten