Horst D. Deckert

Wille zum Selbstbetrug: Lügen ist Ehrensache

Fingers crossed: Ich schwör‘, ich hab Corona-Plan! (Symbolbild:Imago)

Was geschah, als die Deutschen ihr Schicksal das letzte Mal in in die Hände unaufrichtiger, listiger und schamloser Manipulatoren legten, ist wohlbekannt. Erfahrung hat dieses Volks jedoch weder misstrauisch gemacht noch dagegen gefeit, sich beim ersten Anzeichen einer Krise – sei sie real oder Folge einer kollektive Angstprojektion – erneut hinter falschen Propheten, verlogenen Rattenfängern und vermeintlich geeigneten „Kümmerern“ zu versammeln und diesen, in der irrigen Hoffnung, sie werden es schon richten, die Macht über ihr Arbeits-, Privat- und soziales Leben und nicht zuletzt ihre körperliche Selbstbestimmung zu überlassen.

Der Preis der dafür nötigen Überwindung, der selbst für die heutigen Deutschen nicht leicht aufzubringen war, ist der unbedingte Wille zum Selbstbetrug: Um sich nicht eingestehen zu müssen, dass man gemeinsam mit allen anderen der Hauptherde auf dem Holzweg gelandet ist und einen kolossalen Irrweg eingeschlagen hat, tritt man sozusagen die Flucht nach vorne an und folgt unverdrossen-sklavisch der Propaganda ausgerechnet jener, die einen in diese Situation gebracht haben. Man wird nicht einmal stutzig, wenn diese aus ihrer – je nach Sichtweise – Ruch- oder Planlosigkeit gar keinen Hehl machen, indem sie heute ungeniert das genaue Gegenteil dessen erzählen, was sie uns noch gestern weisgemacht haben.

Zum Beispiel Christian Drosten, Großmeister der ausgebliebenen Massensterben, dessen fürchtemacherischen Todeszahlschätzungen sich noch jedes Mal als um Zehnerpotenzen zu hoch erwiesen. Seine klassischen Umfaller aus Jahr 1 der Pandemie (von ihm zunächst für infektiologisch unwirksam, dann unverzichtbar erklärte Alltagsmasken; die Notwendigkeit von Schulschließungen, die sich später als kontraproduktiv erwiesen) bildeten nur den Auftakt für weitere Widersprüche – vor allem im Kontext der der Impfung. Noch vor einem Jahr, Anfang November 2020, erklärte Drosten: Man werde „mit dem Virus leben lernen, wenn die Herdenimmunität erreicht” sei. Dies gelänge nur durch Impfungen der besonders gefährdeten Gruppen auf erträgliche Weise, dann könne man schrittweise höhere Infektionszahlen tolerieren. Im September dieses Jahres dann, in seinem 97. Corona-Podcast, hieß es bereits, mit dem Virus leben ginge nicht, eine Herdenimmunität sei nicht erreichbar und man müsse sich „aus der Pandemie herausimpfen”, indem der Impfschutz für alle nach und nach wiederholt werde.

Drostens Umfaller, Spahns und Lauterbachs Lügen

Und neuerdings behauptet Drosten frech, es sei mangels externem Schutz der Impfung immer klargewesen, dass es so etwas Herdenimmunität nicht gäbe. Dies ist ganz typisch für diesen Studio-Experten: Er blendet seine früheren Darlegungen einfach aus, und wird er dann mit Widersprüchen konfrontiert, begründet er sie bedarfsweise mit seitherigem „Erkenntnisgewinn”, weil Wissenschaft nun einmal dynamisch sei. Auf die Idee, dass es dann vielleicht sinnvoller wäre, doch besser ganz die Klappe zu halten, wenn man ohnehin nicht weiß, wie es kommen wird, ist er leider noch nicht gekommen.

Noch penetranter sind die Lügen des Karl Lauterbach (dem mittlerweile nicht weiter zu trauen ist, als sich ein Klavier einhändig werfen lässt). Dieser hat allerdings das Kunststück fertiggebracht, von einem beträchtlichen Teil der Öffentlichkeit nach wie vor als vertrauenswürdig eingeschätzt zu werden, obwohl er mit fast allem danebenlag, was er seit Pandemieausrufung in die Welt plapperte und twitterte. Schon im Mai hatte „Bild” seine katastrophalsten Irrtümer zusammengefasst, die Liste wurde seither weiter aktualisiert. Dass dieser notorische Schwätzer weiterhin mediales Interesse erfährt, zählt zu den größten Skandalen der gesamten Corona-Ära. Selbst in konkreten Sachfragen widerspricht sich Lauterbach binnen weniger Monate: Nach er im August selbst noch versichert hatte, es werde keine Lockdowns mehr geben, attackiert er nun letztes Wochenende die Ampel für eben dieses Versprechen:

(Screenshots:Twitter,n-tv)

In derselben Liga der Verlogenheit spielt der geschäftsführende Noch-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn schon lange. Unvergessen seine Beteuerung letztes Jahr im Herbst, es werde nie wieder einen Lockdown geben – kurz bevor dann der längste überhaupt startete. Und so sehen sich nun wieder mal die verlassen, die sich auf Lauterbach verlassen haben – etwa auf seine Aussage vor drei Monaten, die Impfung sei sozusagen das Ticket in die Freiheit: Ein glatter Schwindel. Weder bei Kontaktbeschränkungen noch Masken profitieren Geimpfte bis heute von Erleichterungen, im Gegenteil: sie dürfen demnächst, so als seien sie weiterhin ungeimpft, zum Boostern antreten und sich voraussichtlich ab Dezember schon bei jeder Gelegenheit ebenso wie Ungeimpfte dauertesten lassen. Und als „Hauptpreis” winkt ihnen nun auch noch die von Spahns RKI-Direktor Lothar Wieler verkündete Aussicht auf eine jederzeit mögliche Quarantäne.

(Screenshots:Twitter/Argonerd:Welt,BerlinerZeitung)

Danke für nichts – das ist also das Fazit nach einem Jahr Impfkampagne, die vor allem in Mainz Erfolge zeitigte: Dort sorgte der Gewerbesteuer-Geldregen von Biontech für die Entschuldung der Stadtkasse, und Ugur Sahins Privatvermögen wurde vom zehn- in den elfstelligen Bereich katapultiert. Für den Rest der Republik, die Geimpften und/oder Steuerzahler, wird die Zeche noch teuer. Sehr teuer.

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