Horst D. Deckert

«Wort zum Sonntag» oder: Freiwillige Geschiedenheit

Nicht weniger als 150 Marken mit Rang und Namen ändern ihre wohlgehegten Firmensprüche und werben für die Spritze. Früher hätte man die Nase gerümpft und gesagt: «Die sind ganz schön auf Linie gebracht!» Heute nennt sich das «ein herausragendes Zeichen gesellschaftlicher Verantwortung und Eigeninitiative» (O. Scholz).

Was ist der Unterschied? Oberflächlich betrachtet: die Freiwilligkeit. So frei und willig, wie es der Zeitgeist halt zulässt. Doch wer in ihm lebt und webt, der weiss es nicht anders. Zeitgeist ist die Summe jener Haltungen, die eine Mehrheit eingenommen hat, ja: von der sie eingenommen ist.



«So und so ist das. Wie könnte es anders sein?»
Der Zeitgeist bildet das Wir-Gefühl der Masse. Wer sich in ihm bewegt, geniesst ein wohltuend grosses Repertoire an Selbstverständlichkeiten und Gewissheiten. Gut und böse, richtig und falsch haben klare Konturen. Sie sind umso schärfer, je höher der moralische Impetus ist, mit dem sie vertreten werden.

Mit dem «Impfen» eine «Pandemie beenden», «Solidarität», ja: «Nächstenliebe» erweisen und beweisen – wer wollte hier dagegen sein? Gut, «wollte» vielleicht schon; aber sich trauen? Wer ist so frei und willig, dass er Schlagwörter abzugrenzen vermag von Notwendigkeiten und hilfreichen Zielen?

Jene Firmen sind es nicht. Sie stecken sich diesen hingeworfenen moralistischen Knochen gar noch als Auszeichnung ans Revers. Die Kurzfristigkeit ihres Geschäftsdenkens verlängert sich in die Blauäugigkeit ihres vermeintlichen Ethos.

Wer lediglich Zeitgeist lebt und plaudert, der ist letztlich nicht ernstzunehmen. Denn er ist noch nicht aus der Masse herausgetreten. Im Gegenteil: Er verfestigt Masse.

«Ich will aber, dass ihr weise seid zum Guten, aber geschieden vom Bösen.» Paulus in Römer 16,19.

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Lothar Mack war er als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft auch an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf.

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