Horst D. Deckert

«Mordinstrumente exportieren hilft einigen wenigen Reichtums-Extremisten wie Philipp Hildebrand»

Ob bei den sogenannten Wirtschaftssanktionen oder der näheren Anbindung an die NATO: Gleich in mehrerer Hinsicht spannt die Schweizer Regierung immer mehr mit den westlichen Grossmächten zusammen. Die Politik peilt inzwischen auch Lockerungen bei den Waffenlieferungen an.

Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats hat jüngst eine parlamentarische Initiative lanciert, die es «demokratischen» Ländern wie Deutschland oder Dänemark erlauben soll, Schweizer Waffen und Munition an Krieg führende Staaten weiterzugeben. Das gefällt vielen nicht.

Alec Gagneux hat für den kommenden Samstag zu einer «Mahnwache für Frieden und gegen Kriegsge$chäfte» aufgerufen. Transition News hat mit Gagneux gesprochen.

Transition News: Herr Gagneux, Sie organisieren am kommenden Samstag eine Mahnwache für «Frieden und gegen Kriegsgeschäfte» auf dem Bundesplatz in Bern. Wen wollen Sie mit dieser Mahnwache erreichen und weshalb gehen Sie auf die Strasse?

Alec Gagneux: Wenn Kriegsinstrumente exportiert werden, dann haben alle Menschen, die hier steuern bezahlen, eine Mitverantwortung für die daraus entstandenen Leiden. Deshalb muss alles Friedliche unternommen werden, um die Eskalation des Wahns einzudämmen bzw. zu verhindern. Die Strasse ist eine der vielen Möglichkeiten, um aktiv zu sein.

Schweizer Politiker arbeiten gerade an einer Lockerung bei der Wiederausfuhr von Waffen. Grosse Teile innerhalb der Medien und Politik behaupten, dass dies richtig sei. Schliesslich müssten wir Schweizer doch der Ukraine zur Hilfe kommen, die gegen einen übermächtigen Gegner kämpft. Was halten Sie dem entgegen?

Als selbständiger Entwicklungs-Dialoger befasse ich mich seit über 20 Jahren mit «Hilfe zur Selbsthilfe». Mordinstrumente exportieren hilft einigen wenigen Reichtums-Extremisten wie z.B. BlackRock bzw. Philipp Hildebrand – nicht aber der Bevölkerungsmehrheit in der Schweiz. Ukrainische Untertanen sollen nun für dieses Geschäft mit dem Teufel buchstäblich – bis zum letzten Krieger – verheizt werden. Weshalb will man eigentlich erst jetzt einem unterlegenen Land helfen? Warum ignorieren Politdarsteller die illegalen Kriege gegen Serbien (1999), Afghanistan (2001), Irak (2003), Jemen (2015) und Libyen (2011)? Gemäss dem Internationalen Komitee des Roten Kreuz (IKRK) herrscht in Jemen die grösste humanitäre Krise der Welt. Das interessiert nicht mal die «Glückskette»: das Konto für Jemen ist nicht mehr aktiv…

In Prag protestierten Ende September 2022 Zehntausende gegen den Krieg in der Ukraine. Sie forderten unter anderem ein Ende der Sanktionspolitik gegen Russland. Auch die Schweiz lässt sich immer mehr in den Krieg in der Ukraine einspannen. Die Neutralität bleibt mehr und mehr auf der Strecke. Weshalb blieb es in der Schweiz bisher so ruhig?

Sanktionen sind nichts anderes als Wirtschaftskriege gegen kleine Leute. Seit Bundesrat Ignazio Cassis die EU-Sanktionen mehrheitlich übernommen hat, ist die Schweiz Kriegspartei. Ich habe den Aussenminister auf den Landesverrat im Mai 2022 am WEF in Davos direkt aufmerksam gemacht. Sein Kommentar: «Ich war gesetzlich befugt, dies zu tun.» Leider gibt es «Friedensorganisationen», die diesen Wirtschaftskrieg mittragen. Die Spaltung der Friedensbewegung ist mit ein Grund, warum sich bisher noch viel zu wenig bewegt hat. Wer sich wirklich für Frieden einsetzt, ist grundsätzlich gegen jegliche kriegerische Massnahme. Positives Beispiel ist die Friedensbewegung.ch, die am 25. Februar in Zürich eine Demo organisiert: Sanktionen, NATO, Waffenexporte, sofortige Verhandlungen sind einige der Themen.

Sie gehen nicht nur mit der Politik hart ins Gericht. Sie kritisieren auch Institutionen wie «Kirchen, Kasernen, Schulen, Medien etc.». Was genau machen diese Institutionen in ihren Augen falsch?

In all diesen Institutionen sind Söldner von ihrem Sold abhängig. Wer vom Sold abhängig ist, ist erpressbar. Man überlegt es sich mehrmals, bevor man das Regime kritisiert – besonders, wenn man Schulden* hat. Ich habe seit Jahrzehnten mit Akteuren dieser Institutionen den Dialog bezüglich Gewinnmaximierung gepflegt. Dass Pensionskassen von Kriegen mitprofitieren hat z.B. Pfarrpersonen, die ich kontaktiert habe, nicht wirklich interessiert: «Gehet hin in Frieden.» Das Grossmünster Zürich hat 2022 in dieser Hinsicht den Vogel der Verlogenheit abgeschossen. Darauf habe ich an Weihnachten aufmerksam gemacht (siehe hier und hier).

Gemäss einer Sotomo-Umfrage ist derzeit eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung für eine Lockerung bei der Weitergabe von Schweizer Kriegsmaterial. 55 Prozent finden, Drittstaaten sollten Waffen aus Schweizer Produktion an die Ukraine liefern dürfen. Was sagen Sie dazu?

Die profitorientierten und damit kriegstreiberischen Massenmedien haben einen manipulativen Einfluss auf die Bevölkerung. Sie orientieren kaum über die Milliarden, welche die USA in die Ukraine investiert haben. Auch informierten sie nicht, dass Victoria Nuland («Fuck the EU») 2014 entschieden hat, wer neuer Präsident wird. Wer weiss schon, dass sowohl Merkel wie Hollande Minsk ll (2015) missbraucht haben, um das korrupteste Regime von Europa hochzurüsten. Die Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht.

Sie schreiben auf Ihrem Flyer: «Machen wir uns bewusst, dass jeder, der die Mordinstrumente exportieren will, ein Volksverräter ist.» Übertreiben Sie es mit dieser Wortwahl nicht ein wenig? Sie wiegeln die Massen gegen die politische Elite auf.

Nein. Wer den Zweck der Schweiz mit Füssen tritt, sollte sich vor Gericht verantworten müssen. In Artikel 2 der Bundesverfassung heisst es, dass sich die Schweiz «für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung» einsetzt. Export von Mordinstrumenten wird vom höchsten Gesetz der Schweiz verboten. Seit Jahren haben wir uns nicht darum gekümmert – leider!

Die Waffenindustrie findet – ganz egal was die Politik macht – doch immer ihre Wege, um ihre Produkte zu verkaufen. Auch deshalb riefen Pazifisten wie Max Daetwyler und Max Rotter im November 1917 die Bevölkerung zu einer Grossdemonstration «gegen die Munitionserzeugung» in Zürich auf. Dies mit dem Ziel, Munitionsfabriken stillzulegen. Was halten Sie von dieser Strategie?

Klar, das wäre ein Weg. Das momentane Wirtschaftssystem kollabiert aber ohne Kriege, Pandemien und Krisen. Die «nachhaltige» UNO-Agenda 2030 verlangt unter Ziel 8 ein dauerhaftes BIP-Wachstum: Das ist nachhaltig krank – und kaum jemand kritisiert es! Wir brauchen ein Geldsystem, das den Graben zwischen «Hunger» und «Reichtums-Extremismus» reduziert. Schaffen wir das nicht, hört der als Normalität konditionierte Wachstums-Wahn nicht auf.

*************

Zur Person:

Alec Gagneux hat als erster zu den Mahnwachen gegen die Corona-Massnahmen des Bundesrates aufgerufen und gilt in der Szene als Aktivist der ersten Stunde. Gagneux, Ing. HTL, engagiert sich im Rahmen von Entwicklungsprojekten für würdige Familienplanung und Solarenergie, für faires Geld und gegen den Wachstumszwang. Er ist Gründer des Sommer WEFF Davos und betreibt die Webseiten www.fairch.com und www.weff.ch.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Weitere Infos zur Mahnwache finden Sie hier.

* Schweizer Haushalte haben die höchsten Schulden weltweit.

Ähnliche Nachrichten