Horst D. Deckert

«Big Agriculture» und das Ende der letzten Bauern

Am 13. Juni wird die Schweiz über zwei Initiativen abstimmen, welche die Landwirtschaft betreffen: sauberes Wasser und Verbot von Pestiziden. In den letzten Wochen wurden die Felder des Landes mit Nein-Bannern zugepflastert. Weinende Landwirte traten vor Kameras und Mikrofone, um die Bürger zu ermutigen, ein Nein in die Urne zu legen.

Doch machen wir uns keine Illusionen: Ob wir nun Ja oder Nein zu diesen beiden Initiativen sagen, am Ende werden die Bauern «gehängt». Oder bestenfalls wie Hunde an der kurzen Leine gehalten. Seit die Tech-Giganten beschlossen haben, die Landwirtschaft zu übernehmen, ist ihr Schicksal besiegelt.

Wie «Big Ag» in einer noch nie dagewesenen Mobilisierung die landwirtschaftliche Welt in ihren Dienst genommen hat

Ziel dieser neuen Akteure ist es, «Big Data» und «Big Ag» – Big Agriculture, die Konsolidierung der Landwirtschaft in Konzerne, Anm.d.Red. – zu verschmelzen. Amazon, Microsoft, Apple und Alibaba haben sich mit Agrargiganten wie Syngenta, Cargill und Bayer-Monsanto sowie mit grossen Einzelhändlern wie Walmart zusammengetan. Dies, um die Landwirtschaft auf Informations- und Datenverarbeitungstechnologien umzustellen.

So erwarb Microsoft FarmBeats, Apple kaufte Agworld, Amazon übernahm WholeFood, Facebook schnappte sich Reliance Jio, während Agrochemie-Firmen digitale Plattformen wie Cropio, Climate Fieldview oder Xarvio kauften.

Im Juni 2019 wurde diesbezüglich unter der Leitung der Landwirtschaftsplattform des WEF (Food Action Alliance) eine in unverständlichem Jargon verfasste Absichtserklärung zwischen der UNO und dem WEF unterzeichnet. Allerdings musste diese angesichts des Aufschreis der nicht konsultierten UNO-Sonderorganisationen (FAO, WFP und IFAD) zurückgezogen werden.

Doch seither ging es sprunghaft vorwärts. Die Landwirtschaft ist nach dem Militär zum zweitgrössten Nutzer von Flugdrohnen geworden (Kartierung, Bodenanalyse, Besprühen der Felder). Die Konzerne übernahmen die Kontrolle über das CGIAR (Konsortium der internationalen Agrarforschungszentren mit 1500 Wissenschaftlern). Dieses wurde verbunden mit diversen öffentlichen Forschungszentren (rund 5000 Forscher, elf Milliarden Dollar Budget).

Landraub durch internationale Konsortien

Die heutige vielfältige Landwirtschaft soll durch ein rein bilaterales System zwischen dem Privatsektor und dem öffentlichen Forschungssektor ersetzt werden. Staaten, internationale Organisationen, NGOs, Bauern- und Verbraucherverbände sollen ausgeschaltet werden. Und die UNO schaut einfach nur zu.

Zurzeit werden weltweit riesige Landwirtschaftsflächen von grossen internationalen Konsortien und Investmentfonds aufgekauft. Sie setzen auf zunehmende Bodenerosion, auf Klimaerwärmung, auf das Bevölkerungswachstum und die grüne Transformation, um Land und Süsswasser im Wert von Billionen Franken zu sehr niedrigen Preisen zu kaufen.

Verschuldet, erdrückt, entlassen

Die Bauern werden gezwungen sein, teure Anwendungen zu kaufen, um ihren Weizen zu pflanzen und ihr Vieh zu züchten. Bis zum Hals verschuldet, dazu ausgepresst von Händlern, welche die gesamte landwirtschaftliche Wertschöpfung selber einstecken, werden sie von ihrem Land vertrieben und bald in die Vororte der Grossstädte abwandern müssen. Die Felder werden transnationalen Konzernen gehören und von kalifornischen oder chinesischen Ingenieuren mit ferngesteuerten Drohnen bewirtschaftet werden.

Dies ist das Schicksal, das die Bauern erwartet, egal ob sie in der Schweiz, im Sahel, in Amerika oder in Indien leben. Nur die Werbung im Fernsehen wird sich nicht ändern: Wie in Disneyland wird der letzte Bauer in seinem Sennen-Kostüm dem Publikum weiterhin weismachen, dass das Ei, die Butter und das Steak, das sie verzehren, reine Produkte der Liebe und des frischen Wassers aus unserer Gegend sind.

Dieser Text wurde uns von «bonpourlatete.com» zur Verfügung gestellt, dem führenden alternativen Medium der französischsprachigen Schweiz. Von Journalisten für wache Menschen.

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