Horst D. Deckert

Bürgermeister von Schuld im Ahrtal nimmt kein Geld von «Querdenkern»

Der Aktivist und HNO-Arzt Dr. Bodo Schiffmann hat zur Hilfe in der Not mit dem Zahlsystem PayPal viel Geld für die Flutopfer im deutschen Ahrtal im Landkreis Ahrweiler gesammelt: «Als ich von der Flutkatastrophe gehört habe, hatte ich sofort die Idee, einen Moneypool zu erstellen – nicht als Querdenker – sondern als Mensch und als Christ», sagt Schiffmann in einem Aufruf vom Freitag, 23. Juli, auf seinem Telegram-Kanal. Gemeinsam mit anderen wurden eine Logistik aufgebaut, Fachleute vor Ort gestellt, ein Lager organisiert und 190 Toiletten zur Verfügung gestellt, die Schiffmann selbst bezahlt habe, wie er selbst sagt.

Doch habe man die Hilfsaktion mit «rechtsoffenen» Querdenkern in Verbindung gebracht. «Beleidigungen, die wir uns schon ein ganzes Jahr hindurch anhören müssen, doch jetzt nimmt es Formen an, die eigentlich kaum noch zu ertragen sind», klagt Schiffmann. Querdenker würden weder etwas Verbotenes machen, noch gebe es eine offizielle Definition dafür. Schiffmann mahnt:

«Es gab in Deutschland eine Zeit, wo an Einkaufsläden Schilder mit der Aufschrift ‹kauft nicht bei Juden› stand. Jetzt heisst es: ‹Nehmt nichts von Querdenkern›.»

Er habe sich für das Spendengeld bei der zuständigen Stelle bei PayPal schlau gemacht. Diese riet ihm zu einer Überweisung der inzwischen auf beachtliche knapp 684’000 Euro angewachsenen Summe an eine Gemeinde, welche ebenfalls über ein Paypal-Konto verfügt. Dies sei der einfachste Weg, der komplette Betrag könnte so direkt überwiesen werden. Doch beim «können» sei es dann vorerst geblieben. Denn ein Bauunternehmer vor Ort habe das Geld erst annehmen wollen, aber dann einen Rückzieher gemacht, nachdem sein Baumaschinenlieferant ihn unter Druck gesetzt habe, falls er mit Querdenkern sympathisiere.

«Nehmt kein Geld von Querdenkern»

«Ich fand die Idee mit PayPal toll», berichtet Schiffmann. Und deshalb habe er den Bürgermeister der von der Flutkatastrophe am stärksten betroffenen Gemeinde Schuld im Landkreis Ahrweiler, Helmut Lussi, kontaktiert. Zwei Tage habe Lussi verstreichen lassen. Schiffmann dazu: «Wir hatten jetzt am Ende eine Frist bis 18 Uhr gesetzt, wo er uns einfach seinen PayPal-Link geben kann und er hätte das Geld bekommen. Für seine Gemeinde, für die Flutopfer direkt vor Ort.»

Lussi habe schliesslich mitgeteilt, dass er das Angebot ablehnen müsse. Es handle sich zwar um sehr viel Geld, doch man habe recherchiert – mit «Querdenkern» wolle man nicht in Verbindung gebracht werden. «Die Menschen vor Ort sollten das wissen», sagt Schiffmann und zeigt einen Ausschnitt eines Artikels von RTL.de mit dem Titel: «Hier weint der Bürgermeister von Schuld um Flutopfer – Gänsehaut – Moment bei Merkels Besuch».

Mit dem Aufruf wendet sich Schiffmann an alle Bürger im Ahrtal und anderen Hochwassergebieten: «Wir brauchen eine Gemeinde, oder auch mehrere Gemeinden, die Flutwasserhilfe für ihre Bürger organisiert hat. Die ein Verwaltungs-Paypal-Konto hat. Und die bereit sind, 683’707 Euro anzunehmen. Ihr könnt diesen gesamten Moneypool haben mit der einzigen Voraussetzung, dass er zu 100% an Flutopfer geht und an nichts anderes.»

Strafanzeigen gegen Schiffmann aus der «Bevölkerung»

Es liege eine Summe von mittlerweile über 700’000 Euro auf dem PayPal-Konto, das niemand anfassen wolle. Hingegen wurden bei der Staatsanwaltschaft Heidelberg mehrere Strafanzeigen gegen Bodo Schiffmann eingereicht, berichtet Report24 in der Onlineausgabe. Aus den Strafanzeigen lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt aber keine konkrete Straftat ableiten, heisst es. Die Anzeigen aus der «Bevölkerung» würden sich auf gespendete Gelder beziehen, die angeblich veruntreut werden könnten. Und weiter:

«In den Krisengebieten waren zuletzt immer wieder Querdenker-Gruppen unterwegs, um zu ‹helfen›. Im vom Hochwasser stark betroffenen Gebiet an der Ahr hatte die Polizei bereits vor Aktivitäten von Rechtsextremisten und der ‹Querdenker-Szene› gewarnt.»

Schiffmann dazu in einem neuen Videobeitrag vom 26. Juli auf Telegram: «Ich find das gut, denn jetzt hat der SWR schon wieder den Fehler gemacht, dass er über uns berichtet hat – und das ist ganz wichtig. (…) Die Menschen werden darauf aufmerksam und das ist genau das was wir dringend brauchen: Aufmerksamkeit.»

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