Horst D. Deckert

Der perverse Ringtausch von Kampfpanzern auf Kosten der Menschen

Dieser Beitrag ist zuerst auf Apolut erschienen. Transition News durfte ihn mit freundlicher Genehmigung des Autors übernehmen.

Frau Baerbock erklärt Russland den Krieg. Also schicken wir jetzt Kampfpanzer und demnächst selbstverständlich Kampfhubschrauber und schliesslich auch Atomwaffen an die ausgelaugte Rumpf-Ukraine. Doch zunächst einmal knallen bei Rheinmetall und Konsorten die Sektkorken.

Heissa, das wird ein freudiges Wiedersehen bei der jährlich stattfindenden internationalen Rüstungsmesse IDEX in Abu Dhabi vom 19. bis zum 23. Februar ! Nachdem die diversen Rüstungs-Werbefachleute aus Politik, Wissenschaft und Industrie sich bei der Münchner Sicherheitskonferenz vom 17. bis zum 19. Februar bereits Küsschen austauschend am Kalten Buffet angewärmt haben , wird es dann in Abu Dhabi konkret: Neue Waffensysteme werden präsentiert. Natürlich. Die Minister können schon mal Probetermine für die neuen Wunderwaffen verabreden. Oder auch schon mal Optionsverträge abschliessen.

Wie wäre es mit einer Prise Streubomben? Und zum Nachtisch abgereichertes Uran? Lange haben die Hersteller von grossen Waffen neidisch auf ihre Kollegen von der Kleinwaffen-Industrie geschaut. Denn für Kleinwaffen gibt es immer was zu tun . Allein im Jahre 2021 tobten mitten in der Corona-Lähmung immerhin stolze 355 bewaffnete Konflikte auf dieser Welt . Für Hersteller von kleinen Distanzwaffen wie Heckler & Koch ein nie enden wollendes Festessen! Das schafft Arbeitsplätze! Wer will sich denn dieser kaufmännischen Vernunft widersetzen?

Aber in all diesen goldenen Zeiten für Kleinwaffendealer guckten die Hersteller von Grosswaffen buchstäblich in die Röhre. Es gab bis zum Jahre 2022 einfach viel zu wenig offene Feldschlachten mit grossem Mordgeschirr: Bodenraketen, Kettenfahrzeuge, schöne Granaten. Vor allen Dingen wichtig ist in dieser Branche, den Kaufinteressenten der diversen perversen Horror-Regierungen die Kampftauglichkeit des eigenen Produktes unter Beweis zu stellen.

Die Besucher der IDEX in Abu Dhabi werden natürlich genau schauen, ob die angebotenen Spitzenprodukte der Todesindustrie das Prädikat combat proven tragen. Also das Zertifikat, dass sie sich in einem realen Krieg bewährt haben. Da sah das für unsere Freunde von der Grosswaffengilde in letzter Zeit etwas mau aus. In Afghanistan herrscht jetzt Friedhofsruhe. Im Irak tut sich auch schon lange nichts Aufregendes mehr. Und in Syrien ist dank der Lufthoheit der russischen Flieger auch gerade tote Hose.

Das hat sich ja nun dank des Ukraine-Krieges grundlegend geändert. Jetzt konnten die heissen Krieger dank Elon Musks Starlink-Satelliten für längere Zeit ganz reale Panzerschlachten in Feinauflösung analysieren. Das Langweilige daran war nur: Russische und ukrainische Familienväter sassen bislang in demselben Panzertyp: nämlich meistens im weltweit meistverkauften Panzer T-72, der noch zu Sowjetzeiten entwickelt, gebaut und vermarktet wurde.

Doch die westlichen Panzer-Dealer wittern Morgenluft. Denn jetzt sind besonders die ukrainischen Panzervorräte soweit aufgebraucht, dass neu Panzer aus westlicher Fertigung endlich zum Zuge kommen. Man spricht von 7.500 zerstörten ukrainischen Panzern. Die Ukraine ist pleite. Also bezahlen wir Steuerzahler aus den NATO-Ländern die neuen ukrainischen Panzer westlicher Fertigung. Wir zahlen bekanntlich gerne und ohne mit der Wimper zu zucken. So gerne wie wir für die Freiheit frieren. Und füllen damit natürlich auch gerne die Kassen der einschlägigen Rüstungskonzerne. Die einschlägigen Konzerne: General Dynamics.

Lockheed Martin, Northrop Grumman, BAE Systems, Boeing, Ratheon, Rheinmetall, Diehl, Krauss-Maffei, Nexter und wie sie alle heissen, verzeichnen satte Kursgewinne. Und das schon länger. Denn selbstverständlich war der Ersatz der antiken T-72-Panzer auf ukrainischer Seite durch westliches Geschirr schon lange beschlossen. Es ist immer wieder nur eine Frage, wie man so etwas Unpopuläres den Menschen draussen im Lande verkaufen kann.

Der Soziologe Roland Barthes sprach von der Serum-Methode: die da oben bringen schon mal eine richtig fette Provokation. Alle regen sich auf und mobilisieren gegen die Bedrohung. Dann passiert erst mal wieder eine ganze Zeit lang gar nichts. Und dann kommt die angedrohte Schweinerei mit einem Federstrich und ohne nennenswerten Widerstand aus der Bevölkerung.

Ja, wo sind nach der Verkündung, dass Scholz die Lieferung von Leopard-Panzern aus eigenen Beständen und aus den Beständen anderer Länder genehmigt, die lautstarken Spontan-Demos gewesen? In München gab es wohl Strassenproteste. Aber sonst? Stumm wie die Fische im Aquarium. Dabei geht es um unser nacktes Überleben. Man hat eben ein gutes Kriegs-Marketing betrieben.

Ich glaube, dass Scholz es mit seinem Widerstand ehrlich meinte. Aber das Sagen haben nun einmal grünschnäbelige Flügelstürmer im Auswärtigen Amt. Die dauerpubertäre Sprechpuppe, durch deren Mund mal eben das Tonband abgespielt wurde: «Wir befinden uns im Krieg mit Russland!» Proteste? Aufschreie? Mir nicht bekannt. Ein bisschen Murren in den asozialen Medien. So what?

Ob es zu dem von Baerbock herbeigesehnten heissen Krieg kommt, entscheiden ja auch nicht wir Deutschen, sondern unsere Freunde und Helfer aus Wa(r)shington. Die bevorzugen die Paten-Methode. Sie wollen sich nicht die Finger schmutzig machen. Europa soll sich mal wieder im Bruder- und Schwesterkrieg selber zerlegen und schwächen.

Das hatten wir ja schon mal in zwei vorangegangenen Weltkriegen. Bewährt sich doch. Oder? Und damit sind wir schon bei der aktuellen Panzerfrage. Panzer westlicher Bauart sollen ab jetzt an die Front geschickt werden. Beim Treffen in Ramstein am 20. Januar versprachen die NATO-Verbündeten der Ukraine auf die Schnelle 100 Panzer zu liefern. Und dann schrittweise immer mehr.

Der Bedarf für einen echten Krieg gegen Russland erfordert mehrere tausend neue Panzer. Nachdem Frau Lambrecht aus dem Weg geräumt war, werden jetzt 14 Leopard-Panzer von der Bundeswehr abgezogen. Und nun beginnt tatsächlich ein Wettlauf von Panzerherstellern aus unterschiedlichsten Ländern. Alle wollen dabei sein, und ihren Panzern endlich ein aktuelles combat proven-Zertifikat verpassen lassen.

Da rufen die Engländer: «Hier! Unser Challenger-2-Panzer soll auch dabei sein!» Seltsamerweise will eigentlich keiner die englischen Challenger-Panzer haben. Es mutet schon etwas seltsam an, dass der Challenger 2 an seiner Heckpartie zwei Kraftstofftanks aussen ohne Panzerung trägt. Könnte vielleicht schon für Taliban-Krieger in Sandalen ein leichtes Ziel sein. Auch die Vorder-Armierung ist lückenhaft.

So ist es des Sandalen-Kriegern schon öfter gelungen, mit selbstgebastelten Bömbchen die Challenger-Panzer zu knacken. Aber dafür hat der Challenger eine Kaffe- und Teeküche. Der englische Gentleman-Panzerführer kann also in der offenen Feldschlacht ungestört seinen Five-O’-Clock-Tea zelebrieren. Neulich hat der französische Präsident Macron im Stil des klassischen Kriegs-Marketings verlauten lassen, der Einsatz des französischen Leclerc-Panzers sei «nicht mehr ganz auszuschliessen». Fragt sich nur, ob jemand den wenig kampferprobten französischen Leclerc-Panzer überhaupt haben will.

Dagegen wollen alle den Ukrainern den Leopard-2-Panzer made in Germany andrehen. Da weiss man, was man hat. Dem Hersteller Krauss-Maffei läuft schon das Wasser im Mund zusammen. Der «Leo» ist ein altvertrauter Kampfgenosse seit den Zeiten, als Helmut Schmidt noch Bundeskanzler war. Selbstverständlich wurde Leo seitdem immer wieder den neuesten technischen Entwicklungen angepasst.

Die stählerne Grosskatze von Krauss-Maffei ist für den Westen so ein Renner wie der sowjetische T-72-Panzer für den Osten. Bislang konnten 3’600 Stück in alle Welt verkauft werden. Ein Leo kostet heutzutage etwa sieben Millionen Euro. Dabei kam der Leo relativ selten in die Nähe von realen Kampfgebieten. Umso alarmierender waren die Befunde, als der Leo von der türkischen Armee auf syrischem Territorium gegen Kurden eingesetzt wurde.

Reihenweise gingen die Leopard-2-Panzer in Syrien in Flammen auf. Bärtige Barfusskrieger erwiesen sich beim Leo wieder einmal als wahre Panzerknacker. Wieder einmal agierten die Gegner mit selbst gebastelten Wurfgeschossen, oder sie benutzten erbeutete russische Boden-Boden-Raketen. Diese Blamage des Leopard-2 hat man in westlichen Medien lieber nicht auf Seite eins berichtet. Aber ein Bericht im online-Magazin Telepolis spricht Klartext:

«Anderen Leopard 2 wurden den Fotos nach ein relativ schwach gepanzerter Unterboden und verletzliche Seiten zum Verhängnis. Das konnte anscheinend auch deshalb geschehen, weil das Munitionsmagazin (anders als beim russischen T-14 Armata) vorne links in einem dieser relativ schwach gepanzerten Bereiche untergebracht wurde. Schlägt eine Lenkwaffe dort ein, dann zerstört sie den Leopard 2 buchstäblich ‹mit seinen eigenen Waffen›. Wie ein Judo-Kämpfer, der die Kraft des Gegners für sich nutzt.»

Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Panzer vielleicht nicht gerade als Garantieschein für eine ukrainische Rückeroberung der Krim-Halbinsel angesehen werden kann. Die russische Luftwaffe hat genug Erfahrung und genug Kenntnisse der Schwächen des Leo. Und so hat auch die polnische Regierung keine Probleme, sich in grösserem Massstab von den unsicheren Leopard-Beständen in ihren eigenen Streitkräften zu trennen.

Polen will die Leo-Vorräte so schnell wie möglich komplett loswerden und hat bereits angefangen, das Heer mit K2-Black-Panther-Panzern aus südkoreanischer Fertigung aufzufüllen. Insgesamt hat Polen einen Optionsvertrag über 1000 Black Panther unterzeichnet, und will zudem auch noch etwa 200 Abrams M1-Panzer kaufen.

Der koreanische Schwarze Panther ist vermutlich das modernste und effektivste Kriegsgeschirr für die Feldschlacht, das momentan auf dem westlichen Markt zur Verfügung steht. Das zynische Kalkül der polnischen Regierung: Unter dem Deckmantel der Solidarität Schrott-Panzer in die Ukraine entsorgen und zulassen, dass die ukrainischen Panzerfahrer skrupellos verheizt werden in einer Schlacht gegen überlegene russische Kampfpanzer.

Und dann sind da noch die sagenhaften US-amerikanischen Abrams M1-Panzer. «Sleepy Joe» Biden verkündete ja vor kurzem, auch die USA würden sich an der Selenski-Rettungsaktion mit insgesamt 31 Abrams-Panzern beteiligen. War schon überraschend. Denn das US-Verteidigungsministerium hatte sich bislang mit Händen und Füssen gegen eine milde Gabe von Abrams-Panzern an die Ukraine verwahrt.

Dass die US-Regierung jetzt doch selber Panzer schicken will, hat wohl nur damit zu tun, dass Bundeskanzler Olaf Scholz gesagt hat: «Ich schicke nur Leos, wenn Ihr auch Abrams schickt!» Die Abrams-Bescherung ist wohl nur eine symbolische Geste, damit Olaf Scholz nicht schon jetzt seinen Hut als Kanzler nehmen muss. Man braucht den Olaf noch ein bisschen. Dabei muss man sagen, dass das verteidigungspolitische Establishment in Washington durchaus rationale Gründe für eine Nicht-Entsendung des Abrams-Panzers vorzuweisen hat.

Zum Einen war die Rede davon, dass das eine enorme logistische Herausforderung darstellt, diese Boliden nach Zentraleuropa zu verschiffen. Und dann müssen die ukrainischen Panzerfahrer zeitaufwendig ausgebildet werden. Nun, das liesse sich alles bei gutem Willen noch bewältigen. Aber hinzu kommt, dass Abrams kein gewöhnliches Dieselöl schluckt, sondern teures Kerosin, was sonst nur von Düsenflugzeugen verschlungen wird.

Abrams nimmt auch andere Kraftstoffe, ist aber dann bei weitem nicht so leistungswillig wie eben mit Flugbenzin. Wo soll man das in der Ukraine so schnell hernehmen? Er schluckt 700 Liter Kerosin auf hundert Kilometer Strecke. Leo braucht «nur» 520 Liter, und zwar gewöhnliches Dieselöl. Der Abrams hat übrigens, genau wie der britische Challenger-Panzer, eine Dorchester-Spezial-Ummantelung aus abgereichertem Uran. Strahlende Panzer sozusagen. Wer einen Abrams kaufen will, muss etwa neun Millionen Dollar auf den Tisch legen.

Die russische Propaganda macht sich derweil über Vadder Abraham lustig: er sei gar nicht wintertauglich. Will Abraham den Berg hochfahren, rutscht er gleich wieder runter. Ausserdem sei Abrams mit seinen 55 Tonnen Gewicht zu schwer für den ukrainischen Matsch. Im Vergleich zu russischen Panzern stimmt das. Der T-72 wiegt gerade mal 41,5 Tonnen. Aber alle westlichen Panzer mit Ausnahme des Black Panther sind alle deutlich schwerer als der Abrams.

Aber der Hauptgrund, der dagegen spricht, den Abrams auch in der Ukraine einzusetzen, ist ein anderer: der Abrams ist im dritten Irak-Krieg im Jahre 2003 eingesetzt worden. Da ist ihm nichts Schlimmes passiert. Denn bevor die US-Landverbände im Irak einfielen, hatte die US-Luftwaffe die irakische Luftwaffe und Luftabwehr komplett vernichtet. In der Ukraine sieht das ganz anders aus. Hier haben die russischen Streitkräfte schon seit dem 24. Februar 2022 die ukrainische Luftwaffe vernichtet und kontrollieren jetzt den Luftraum über der Ukraine.

Zudem hat die russische Seite beim elektronischen Krieg die Nase vorn. So können Funk-Kommunikationen der ukrainischen Seite jederzeit gestört werden. Von diesem Kommunikations-Blackout wären selbstverständlich auch die Abrams-Panzerfahrer betroffen. Die Strategen im Pentagon haben deswegen Angst, dass russische Fliegereinheiten die Abrams-Boliden genauso wegputzen könnten wie in Syrien die Leopard-Panzer.

Das wäre ein sehr schlechter Eintrag in dem Combat-proven-Zertifikat bei der übernächsten Waffenmesse IDEX in Abu Dhabi im Jahre 2024! Von daher ist auch noch gar nicht raus, ob die USA tatsächlich ihre Abrams-Panzer in die grosse ukrainische Blamage schicken wollen, oder ob sich nicht doch noch passende Ausreden finden lassen um den Abram zu hause lassen zu können.

Wenn jetzt tatsächlich der Wettstreit westlicher Panzer-Anbieter in der Ukraine losbrechen sollte, ist ein grosses Chaos vorhersagbar. Das wäre für den Westen eine grosse Blamage, aber für die Menschen, die noch in der Ukraine geblieben sind, eine noch grössere Tragödie als sie sich jetzt schon vor unseren Augen abspielt.

Sollte dabei Deutschland weiterhin eine lebenswichtige logistische Schlagader des NATO-Krieges bleiben, wird sich die russische Seite irgendwann gezwungen sehen, auch deutsche Ziele anzugreifen. Es bleibt uns nichts anderes übrig als massiv auf die Strasse zu gehen und auch im Alltag immer wieder für ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen und für die sofortige Aufnahme von Verhandlungen zwischen den kriegführenden Parteien einzutreten. Die Spaltungen in der Friedensbewegung müssen sofort beendet werden. Es geht um unser aller Überleben.

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Hermann Ploppa ist Politologe und Publizist. Er hat zahlreiche Artikel über die Eliten der USA veröffentlicht.

Quellen und Anmerkungen

https://www.messeninfo.de/R%C3%BCstungsmessen-Y395-S1.html

https://securityconference.org/ und Gegen-Bewegung: https://friedenskonferenz.info/

https://aufschrei-waffenhandel.de/

https://de.statista.com/themen/5861/kriege-und-internationale-konfliktsituationen/#topicHeader__wrapper

https://www.telepolis.de/features/Krieg-ist-kein-Quartettspiel-Leopard-2-Panzer-enttaeuscht-in-Syrien-4620745.html

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