Der folgende Beitrag ist zuerst auf Norbert Härings Blog veröffentlicht worden. Transition News durfte ihn mit freundlicher Genehmigung des Autors übernehmen.
In meinem Vorbericht zu Davos hatte ich geschrieben, wie das Weltwirtschaftsforum wegen grassierender Kritik eigene Aussagen leugnet und diese als Erfindung von Verschwörungstheoretikern und Antisemiten darstellt. Und was tun ARD, ZDF und Co.?
Sie plappern zum Auftakt des Davoser Treffens in serviler Haltung und mit fast gleichlautenden Überschriften den gleichen Quatsch nach. Die Gleichrichtung hat zwei Quellen.
In meinem Beitrag hatte ich dargelegt, dass der Slogan «Du wirst nichts besitzen und du wirst glücklich sein» anders als vom Sprecher des Forums behauptet, direkt von einem inzwischen gelöschten Beitrag einer Gastautorin auf der Forums-Netzseite und von einem vom Forum produzierten Video stammt, und nicht von antisemitischen und «verschwörungstheorietischen» Kreisen, was vom Forum angedichtet wurde. Und ich schrieb, dass er der Programmatik des Forums sehr gut entspricht:
Zum Auftakt des Davoser Treffens der Privatjetflieger, die durch Änderung UNSERER Gewohnheiten (nicht ihrer) laut Programm des ersten Tages das Klima retten wollen, titelt das ZDF: «Weltwirtschaftsforum: Davos – Zielscheibe von Verschwörungsmythen».
Der Beitrag ist extrem dünn und lebt von den Floskeln der übrigen Verdächtigen, die in solchen Fällen vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk bevorzugt bemüht werden. Als da wäre, der Diplompolitologe Jan Rathje, vom wissenschaftlichen Institut CeMas, das sich darauf spezialisiert hat, auf Zuruf Kritiker der Mächtigen in pseudowissenschaftlicher Blähsprache als Antisemiten und Verschwörungstheoretiker zu verunglimpfen.
Weder er noch die drei Mitgründer des Instituts mit dem geheimnisvollen englischen Namen «Center für Monitoring, Analyse und Strategie» haben einen Doktortitel. Center-Chefin Pia Lamberti gab zumindest früher an, an einer Doktorarbeit zu arbeiten, aber seit vielen, vielen Jahren scheint das nicht zu klappen. Auf die Frage «Wieso gerade das Weltwirtschaftsforum im Fokus der Verschwörungstheoretiker steht», darf Rathje sagen:
«Grosse ökonomische Zusammenschlüsse wie das Weltwirtschaftsforum sind gerne Projektionsflächen für Verschwörungserzählungen, weil dort verschiedenste Menschen mit Macht zusammenkommen, um sich auszutauschen.»
Er hat noch mehr solche Plattheiten auf Lager, alle unter der nicht weiter hinterfragten Grundannahme, dass das Forum schon ganz in Ordnung ist und nur unser aller Bestes will, was die Kritiker nicht recht verstehen oder einsehen wollen.
Der vom Forum und seinem Chef Klaus Schwab propagierte «Great Reset» werde, so der ZDF-Beitrag, von diesem nur als durch die Pandemie eröffnete Chance betrachtet «Gesellschaften und die globale Wirtschaft gerechter, sozialer und ökologisch nachhaltiger zu gestalten». Aha! Absurd sei dagegen die Behauptung, von Verschwörungsanhängern(!), er sei «ein Signal, dass sich die Welt nun grundsätzlich verändern solle».
Dabei trieft Schwabs Buch vom Great Reset und das Video des Forums zum Great Reset nur so von überaus dramatischen Formulierungen zur Radikalität der notwendigen Veränderungen.
Dummerweise hat Klaus Schwab erst vor kurzem auf ganz grosser Bühne betont, wie radikal er und das Forum die Welt umbauen wollen. Als ich darüber schrieb, habe ich schon vorausgesagt, dass das bald als Verschwörungstheorie verunglimpft werden würde:
Man könnte noch viel mehr an diesem ausgesprochen dummen und ärgerlichen Artikel aussetzen, aber wir wollen es einmal dabei lassen. Sucht man nach der Autorenschaft findet man unter dem Text, dass er von der Nachrichtenagentur dpa übernommen wurde und von der dpa «Faktencheckerin» Veronika Völlinger stammt.
Ich wäre geneigt zu sagen, in Sachen Fakten und Checken kann sie noch etwas Nachhilfe brauchen, aber Fakten stehen bei einem Faktencheck viel zu leicht der gewünschten Haltung im Weg und sind daher nicht sehr geschätzt bei Faktencheckern.
Auch die Berliner Zeitung, sonst öfter mal eine selten gewordene Quelle unideologischer Information, druckt den Unsinn unter dem Titel: «Feindbild Davos: Diese Verschwörungstheorien kursieren zum Weltwirtschaftsforum». Autorin, Veronika Völlinger, dpa.
Hervorragend passt der Beitrag dagegen zur regierungspopulistischen Nachrichtenseite ntv.de, die (besonders schlecht) titelt: «Mythen um Weltwirtschaftsforum: Verschwörungsanhänger kreieren Feindbild Davos». Autorenschaft wieder Frau Völlinger, wieder alles drin, womit man Kritik diffamieren kann, natürlich auch Antisemitismus.
Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer wichtiger Medien, die den sogenannten «Faktencheck» von dpa bei sich publiziert haben. Wir wollen es einmal dabei belassen.
Tagesschau kann es selbst genauso schlecht
Die Tagesschau dagegen bringt einen Beitrag des eigenen «Faktenfinders», Pascal Siggelkow: «Verschwörungsmythen: Klaus Schwab, das WEF und der ‹Great Reset›.»
Er weiss zu berichten, «wo so viele einflussreiche Menschen zusammenkommen, sind auch Verschwörungsmythen nicht weit». Auch er ist auf Jan Rathje als Experten gestossen. An dem Politikdiplomer gibt es offenbar kein Vorbeikommen. Er beruhigt uns:
«Es ist nicht so, dass sich dort Menschen treffen, um eine globale Verschwörung auszuhecken, sondern um miteinander zu diskutieren, wie die Zukunft gestaltet werden könnte.»
Natürlich fragt weder er noch Siggelkow sich oder das Publikum, ob das Ergebnis wohl in unserem Sinne ausfallen wird, wenn die Milliardäre und Grosskonzerne dieser Welt unseren Bücklinge machenden Politikern einflüstern, wie die Zukunft gestaltet werden sollte.
Zum Great Reset weiss er, wiederum erstaunlich gleichlautend zur «Faktencheckerin» von dpa: «Die Corona-Pandemie soll als Chance genutzt werden, um Gesellschaften und die globale Wirtschaft gerechter, sozialer und ökologisch nachhaltiger zu gestalten.»
Mit ein paar weiteren zitierten Phrasen von Klaus Schwab sieht der Tagesschau-Faktenchecker die böswillige These hinreichend widerlegt, der Great Reset könnte irgendetwas anderes beinhalten als Friede, Freude und Eierkuchen. Denn, daran gibt es keinen Zweifel, Klaus Schwab würde uns das sonst sagen. Es gibt keinerlei Grenzen für die geheuchelte Naivität von sogenannten Faktencheckern, so viel ist sicher.
Wie kommt es zu der Gleichrichtung?
Wir stellen fest: wenn es gilt, die Regierenden und die noch Mächtigeren gegen grassierende Kritik von einflussreichen, aber unbotmässigen Publizisten und Medien zu verteidigen, sind die Faktenchecker von dpa zu Stelle. Deren Texte werden dann von sehr vielen, auch sehr grossen Medien auf deren eigenen Seiten und Plattformen mehr oder weniger gleichlautend publiziert.
Andere machen ihre eigenen «Faktenchecks» zur Diskreditierung unbotmässiger Kritik, die dann nicht ganz zufällig ganz ähnlich gestrickt sind, oft auf die gleichen «Experten» zurückgreifen und die gleichen Argumente verwenden.
Das kommt daher, dass es unter anderem das International Fact Checking Network und ein EU-gefördertes Factchecking-Programm gibt, die sogenannten Faktencheckern Texte, Argumente und Expertenzitate liefern, bei denen diese sich bedienen können.
Wir sind also schon ziemlich weit damit, dass die Regierenden, wenn die Medien nicht mit ihnen zufrieden sind, sich neue Medien schaffen. Fehlt nur noch, dass sie sich auch ein neues Volk wählen, wenn das heutige aufmuckt.
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Norbert Häring, Jahrgang 1963, ist Wirtschaftsjournalist, promovierter Volkswirt, Blogger und Autor mehrerer populärer Wirtschaftsbücher.
Bei den Bildern handelt es sich um Screenshots von Härings Blog.