Horst D. Deckert

Gott steh‘ uns bei: Betroffene berichten von der Flutkatastrophe

Während sich die Politiker nach der verheerenden Hochwasserkatastrophe in Deutschland lieber um „politische Aufräumarbeiten“ kümmern, fühlen sich die Bürger im Katastrophengebiet im Stich gelassen. Denn statt Diskussionen, wer helfen darf und wer nicht, braucht es wirkliche Unterstützung.

Seit dem Hochwasser in Westdeutschland zeigt sich, wie wenig lösungsorientiert die politische Klasse tatsächlich ist. Nicht nur, dass das Warnsystem offenbar versagt hat, statt den Betroffenen brauchbare Hilfe zu leisten, versinkt die Politik zunehmend in ihrer eigenen Blase. So dreht sich die Hauptdiskussion darum, ob nicht die „Falschen“ zu Hilfe eilen und „Querdenker“ sich womöglich inszenieren könnten.

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Nur die „Richtigen“ dürfen helfen

Dabei ist es den meisten Menschen in den vom Hochwasser heimgesuchten Gebieten herzlich egal, welcher Religion, Weltanschauung, Herkunft oder sexuellen Orientierung ein potentieller Helfer ist, Hauptsache er packt an und die Arbeit wird erledigt – und posiert nicht mit Schlamm im Gesicht vor der Kamera, um sich als Helfer zu inszenieren oder tritt in Klimastreik, wie es die Greta-Jugend zelebriert.

Wie es den Bürgern wirklich geht, in den Gebieten ohne Trinkwasser, Strom und inmitten von Schlamm, ist nebensächlich, solange die Großaufnahme für den Wahlkampf in den Abendnachrichten ist. Eine der Betroffenen aus Bad Neuenahr hat sich in einer bewegenden Nachricht an den „Wochenblick“ gewandt. Darin schildert sie in drastischen und beklemmenden Worten die Situation in dem Katastrophengebiet:

Diese Arbeit nimmt kein Ende. Heute hat mein Mann mit ein paar Freunden die Wandverkleidungen abgerissen: unter dem Boden der Schaufenster wieder nur Schlamm. Eine Überraschung – auch der alte Keller ist voller Schlamm, wir dürfen ihn nicht betreten, denn die Decke drohe einzustürzen, so die Feuerwehr. Wir brauchen also professionelle Hilfe, aber die gibt es nicht, alles tun die freiwilligen Helfer, es ist ein Skandal ohne gleichen. Wir haben bisher keine Politiker, keine Journalisten gesehen. Wir sind wohl das letzte Geschäft, das noch nicht fertig ist, weil es alt und groß ist, keine Fliesen, sondern Holzdielen von 1900 hat, die haben schon das Hochwasser 1910 erlebt, mit Spanplatten verkleidete Wände… Ein Überbleibsel der alten Welt.

Schlamm, Staub und fehlendes Trinkwasser

Ich habe keine Kraft mehr, das Atmen der verseuchten, stinkenden Schlammluft fällt schwer, noch schlimmer ist aber der Staub, der sich nach paar Tagen Sonnenwetter gebildet hat, da helfen nicht mal die Masken, jedes Auto, das durch die Straßen fährt, und das sind dutzende schwere Fahrzeuge, wirbelt alles hoch. Wie sehen wohl unsre Lungen aus? Das Trinkwasser wird nicht geliefert, die Wasserstationen liefern das Wasser, das man nicht trinken darf, es gibt nur Mineralwasser, und das muß man sich selbst in der Stadt holen. Dazu habe ich keine Kraft mehr. Mein Herz ist sehr schwach geworden, kommt mir vor, als wäre ich 20 Jahre älter. Warum haben wir kein Wasser, obwohl das Haus neben uns Wasser hat?

Hilfe privat organisiert

Bin zu müde, um mich darum zu kümmern, zumal wir überhaupt keine ernstzunehmenden Ansprechpartner haben, alles Leute von auswärts, die hier aushelfen, die sich hier nicht auskennen. Uns geht das Gas zu Ende, Kartuschen sind nicht zu bekommen. Noch niemand hat gefragt, wie es uns geht, ob wir Hilfe brauchen, die ganze Hilfe haben wir privat organisiert. Die privaten Essenausgaben sind verschwunden. Habe zwei Tage nichts Warmes gegessen, das Essen von gestern war widerlich, konnte keinen Biss runterschlucken. Vielleicht, weil ich zu erschöpft bin, da hat man keinen Appetit und keinen Durst.

Wir sind uns selbst überlassen

Irgendwo in der Stadt kann man duschen, habe ich gehört, weiß aber nicht wo. Wäre natürlich schön zu erfahren, aber mir fehlt die Kraft. Wir sind uns selbst überlassen, hätte nie gedacht, dass so etwas möglich ist. Ein paar Sachen, die ich vom Geschäft gerettet habe, 3 edle goldene Spiegel, die ich im 1. Stock zwischengelagert habe, sind geklaut worden, sicher, das Geschäft ist offen… ich staune, dass wir noch nicht zusammengebrochen sind… Ich bin heute bei einer Bekannten zum Waschen, habe gemerkt, ich kann nicht mal Fernsehen, kann die Bilder dieser heilen Welt nicht ertragen. Anderen geht es nicht so beschissen, wie uns, sie sind schon längst fertig und die meisten haben die Stadt schon verlassen. Wenn ich das alles mit eigenen Augen nicht gesehen hätte, hätte ich es nicht geglaubt. Menschenverachtender geht nicht. Habe mit einer Helferin gesprochen, sie hat Kontakt mit den Einsatzkräften, die in Katastrophengebieten arbeiten, sie sagten, sie hätten sowas nicht gesehen. In den Nachbarsorten scheint es besser organisiert zu sein, aber hier… mir fehlen die Worte… Gott, stehe uns bei!

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