Horst D. Deckert

Grüne Energiewende : Das Desaster um Northvolt offenbart die Sackgasse ideologischer Politik*

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Dagmar Jestrzemski*

Sie galt als Vorzeigeprojekt der „Transformation“: Nun verfällt die versprochene Giga-Batteriefabrik

in Heide zum Milliardengrab
, in dem auch gewaltige Mengen an Steuergeld versenkt wurden.

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 Unter dem vielsagenden Titel „Vom Batteriewahn bis zum Zusammenbruch“ beschreibt die schwedische Wirtschaftszeitung „Dagens industri“ in einem Artikel vom 24. November vergangenen Jahres die erstaunliche Laufbahn des schwedischen Batterieherstellers Northvolt, der in Texas/USA Antrag auf ein sogenanntes Chapter-11-Insolvenzverfahren gestellt hatte. Damit will sich das Unternehmen geschützt vor den Forderungen seiner Gläubiger umstrukturieren. Zu diesem Zeitpunkt war der einstige Hoffnungsträger für die angeblich alternativlose „grüne“ Transformation des Mobilitätssektors mit umgerechnet 5,8 Milliarden Euro verschuldet, während an liquiden Mitteln nur noch knapp 28 Millionen Euro verblieben.

Nach seiner Gründung 2016 hatte das Start-up 15 Milliarden Dollar, umgerechnet 14,5 Milliarden Euro, in Form von Eigenkapital, Krediten und staatlicher Förderung eingesammelt. Im vergangenen Oktober verkaufte Northvolt zuletzt auch noch seinen Anteil am norwegischen Batterierecycler Hydrovolt im Wert von rund 6,8 Millionen Dollar. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens besteht nach eigener Auskunft die Aussicht, 245 Millionen US-Dollar an neuen Investitionsmitteln einzuwerben. Damit könne das operative Geschäft „bis auf Weiteres“ im Stammwerk „Northvolt Ett“ im nordschwedischen Skellefteå weiterlaufen, wo Batteriezellen für Elektrofahrzeuge produziert werden. Anfang Januar entschieden sich die Anteilseigner des Unternehmens gegen eine Liquidierung und für die Fortsetzung des Sanierungsverfahrens.

600 Millionen Steuergeld verbrannt ?

Das Bauvorhaben für die Batteriefabrik im schleswig-holsteinischen Heide mit der Bezeichnung „Northvolt Drei“ bleibt nach Aussage des Deutschland-Chefs Christofer Haux „ein strategischer Grundpfeiler“ von Northvolt. Der Standort genieße höchste Priorität. Nach ursprünglichem Plan soll die „Giga-Factory“ 3000 neue Arbeitsplätze in die strukturschwache Region Dithmarschen bringen und ab 2026 Batterien für knapp eine Million E-Autos im Jahr liefern beziehungsweise eine Akku-Kapazität bis zu 60 Gigawattstunden.

Dafür stellten der Bund und das Land Schleswig-Holstein 2020 mehr als 1,3 Milliarden Euro an staatlicher Förderung in Aussicht. 600 Millionen Euro in Form einer Wandelanleihe mit einer Bürgschaft von Bund und Land erhielt die deutsche Tochtergesellschaft von Northvolt bereits von der staatlichen Förderbank KfW. Aussicht auf eine Rückzahlung der Steuermittel besteht nur für den Fall der erfolgreichen Sanierung. Trotz der heiklen Lage geht der Bau der Fabrik in Heide weiter. Auch die Politik hält an dem Vorhaben fest.

Mit dem Versprechen, man werde die „günstigsten“ E-Auto-Batterien der Welt bauen und Europa damit unabhängig von Herstellern aus China und Südkorea machen, gewann das bewunderte Start-Up seine Kunden und Investoren. „Niemand hat gesagt, dass es leicht werden würde“, kommentierte jetzt der Northvolt-Mitbegründer und Leiter der Investmentgruppe Vargas, Harald Mix, das Insolvenzverfahren. Man sei aber überzeugt, dass die Restrukturierung gelingen werde.

Intransparenter Mutterkonzern

Größter Anteilseigner des schwer angeschlagenen Unternehmens ist Volkswagen. Weitere Großinvestoren sind die US-Investmentgesellschaft BlackRock und die US-amerikanische Großbank Goldman Sachs. Als zweitgrößter Investor schrieb Goldman Sachs seine Beteiligung indes bereits ab. BMW als Miteigentümer und Kunde hat schon im August seinen Auftrag für E-Autobatterien im Wert von zwei Milliarden Euro storniert. Als Grund gab der Autobauer Qualitätsprobleme und einen zweijährigen Verzug im Zeitplan an.

Der Betrieb im Stammwerk Northvolt Ett in Skellefteå startete Ende 2021. In der „Giga-Factory“ sollten bis 2024 Lithium-Ionen-Batterien für 300.000 Elektroautos produziert werden, unter anderem für Fahrzeuge der Marken Volvo und BMW. Nach Angabe des Kölner Portals Sifted.eu „für angehende Gründer*innen“ wurde im Mai 2022 die erste Batterie an einen namentlich nicht genannten Kunden aus der Autoindustrie geliefert. Im Nachhinein ist man geneigt, dies als ein frühes Signal für ein intransparentes Gebaren der Firmenleitung zu bewerten. Von Anfang an hinkte die Zellherstellung in Schweden den erklärten Produktionszielen hinterher.

Habeck: Habe es zu spät erfahren

Die Politik ließ sich von all den beunruhigenden Meldungen nicht bremsen. Ende März 2024 gaben Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck dennoch in Heide den Startschuss für den verzögerten Bau der 4,5 Milliarden Euro teuren Batteriefabrik. Wenig später drangen Schlag auf Schlag hanebüchene Details über die substantielle Krise bei Northvolt ans Licht. Im Juli meldete Northvolt für 2023 den Verlust von einer Milliarde US-Dollar. Der Plan zum Bau einer Fabrik für Kathodenaktivmaterial im schwedischen Borlänge wurde aufgegeben, das Forschungszentrum R&D in Kalifornien verkauft, der Bau einer Batteriezellenfabrik in Toronto/Kanada abgesagt. Allein in Schweden wurden 1600 Mitarbeiter entlassen, davon 1000 in Skellefteå. Ferner „überprüfte“ die Unternehmensleitung die Rahmenbedingungen für die Fabrik in Heide.

Auf Wahlkampftour in seinem Bundeswahlkreis Flensburg-Schleswig erwähnte Habeck am 9. Februar in Kappeln das gefährdete Projekt nicht. Zuvor hatte er auf Nachfrage erklärt, von den technischen und finanziellen Problemen bei Northvolt „erst weit nach Vertragsschluss“ im Januar 2024 erfahren zu haben. Gegenüber dem NDR äußerte er die Hoffnung, dass weitere Investoren in das im Bau befindliche Werk in Heide einsteigen würden: „Ob das dann wirklich dazu führt, dass am Ende alles steht, das kann ich heute nicht sagen. Da ist eine Dynamik drin, und hoffentlich passiert es auch.“ Mittlerweile stellt sich umso dringlicher die Frage, seit wann die Bundesregierung über das sich abzeichnende Scheitern des hoch verschuldeten Vertragspartners von Bund und Land im Bilde war.

Laut Berichten von „Battery-news.de“ und „InsideEVs.de“ vom 10. September war das Werk mit der Bezeichnung „Northvolt Ett Upstream 1“ in Schweden, wo das Kathodenaktivmaterial, die sogenannten „Slurries“, hergestellt werden sollte, zu dem Zeitpunkt bereits stillgelegt. Die Kathode beeinflusst als zentrale Komponente der Lithium-Ionen Batteriezelle maßgeblich deren Kosten, Energiedichte, also die Speicherfähigkeit und Sicherheit.

Schweden-TV deckte Fiasko auf

Northvolt räumte indes ein, dass es bei „Upstream 1“ Schwierigkeiten bei der Produktion der „Slurries“ gegeben habe, weshalb die Produktion „vorübergehend“ gestoppt worden sei. Die Pläne für die Zellproduktion im Stammwerk in Skellefteå blieben davon aber unberührt. Ein schwedisches Team vom öffentlich-rechtlichen Fernsehsender SVT hatte zuvor bei seinen Recherchen aufgedeckt, dass die Herstellung von Kathodenmaterial im Werk Upstream 1 misslungen war.

„Große Mengen an Schrott“

Laut Mitteilung eines Eingeweihten, der anonym bleiben wollte, wurden die Hallen „gesäubert“. Es seien „große Mengen an Schrott“ produziert worden. Zahllose Müllsäcke wurden demnach abtransportiert. Ursache der Misserfolge sei eine Kombination von fehlerhaften Maschinen, unerfahrenem Personal und unrealistischen Zielen. Das bei Northvolt Ett verwendete Kathodenmaterial wurde demnach aus Fernost angeliefert, zumeist aus China. Am 5. Januar aktualisierte Northvolt seine Homepage dementsprechend. Vermutlich erfolgte die Schließung der Fabrik bereits im vergangenen Sommer.

Durch Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters wurde im vergangenen Oktober überdies bekannt, dass bei Northvolt Ett Schwierigkeiten mit der Batteriezellenherstellung aufgetreten sind. Beispielsweise wurden in der Woche ab dem 21. Oktober nur 22.000 Zellen ausgeliefert, während Northvolt gegenüber Reuters am 24. September als Zielmarke die Herstellung von 100.000 Batteriezellen pro Woche angegeben hatte. Für das im Bau befindliche Werk in Heide hatte Northvolt seinerzeit die Zusage der Politiker auf kommunaler, Landes- und Bundesebene mit dem Versprechen erhalten, nach dem Hochlauf der Produktion ab 2026 jährlich bis zu eine Million Batteriezellen herzustellen.

Im Oktober berichtete Tagesschau.de, dass Northvolt aufgrund der „operativen und finanziellen Situation“ eine „neue Priorisierung“ habe vornehmen müssen. Die Produktion von Upstream 1 „pausiere“. Durch den Import des Kathodenmaterials aus Fernost steige zwar der „CO₂-Abdruck“ jeder Batterie um zehn Kilogramm pro Kilowattstunde. Bei einem Lkw mit einer 500 Kilowatt-Batterie seien das fünf Tonnen zusätzliches CO₂ pro Fahrzeug. Interessant ist auch der Kommentar eines Spediteurs, der das nicht schlimm fand: „Die Zellen werden ja wenigstens in Schweden hergestellt, mit sauberem schwedischem Strom.“ Das sei doch sehr positiv.

Versagen auf ganzer Linie

In der Rückschau wird ein Versagen des intransparent wirtschaftenden Unternehmens auf ganzer Linie sichtbar. Während die Verantwortlichen in der Politik spätestens seit September im Bilde waren, wurden die Bürger und Wähler erst nach der Bundestagswahl, am 28. Februar, durch Berichte auf tagesschau.de und im Hörfunk auf NDRInfo über die hanebüchenen Erkenntnisse der schwedischen Reporter informiert. Die Überschrift des tagesschau-Artikels „Wie grün sind die Northvolt-Batterien wirklich?“ führt jedoch in die Irre.

Denn abgesehen davon, dass kein selbst produziertes Kathodenmaterial in die Batterien für E-Fahrzeuge verbaut wurde, konnten die schwedischen Reporter trotz intensiver Nachforschung auch keinen einzigen mit einer Batterie von Northvolt fahrenden Lkw ausfindig machen. Dies, obwohl der schwedische Lkw-Hersteller Scania nach eigenen Angaben diese Batterien in 800 Lkw verbaut hat. Im Januar hat Northvolt seine Abteilung für Lkw-Batterien an seinen Kunden und Geldgeber Scania verkauft. In der Abteilung sind rund 300 Menschen beschäftigt. Die Standorte sind Stockholm und Danzig.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion :

Dieser Aufsatz ist zuerst erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung; 14.03.2025, S.12 ; EIKE dankt der PAZ-Redaktion sowie der Autorin Dagmar Jestrzemski für die Gestattung der ungekürzten Übernahme, wie schon bei früheren Artikeln :   https://www.preussische-allgemeine.de/  ; Hervorhebungen im Text:  EIKE-Redaktion.

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