Horst D. Deckert

Grüner Albtraum*

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Christoph Mörgeli und Beat Gygi (Red. WELTWOCHE Zürich)*

Der «Klimaplan» der Schweizer Umweltschützer ist linksextrem und diktatorisch.

Eine Umsetzung wäre eine Katastrophe für Wohlstand, Markt und Gesellschaft.

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Wieder einmal auf der breiten Ausfallstrasse in Zürich stadtauswärts geschlichen, mit Tempo dreissig, wie seit kurzem befohlen. Die rot-grünen Regierungen in den Schweizer Städten mischen sich immer konkreter ins Alltagsleben ein. Und ins Geschäftsleben, in die Wirtschaft. Dass der private Motorfahrzeugverkehr derart ins Visier der autofeindlichen Verwaltungen geraten ist, zählt heute zu den Hauptsorgen des Gewerbes in den Agglomerationen. Für Handwerker und Lieferanten wird es zunehmend mühsamer und teurer, zu ihren Kunden zu fahren, und Läden in grossen Teilen der Städte verlieren einen Teil ihrer traditionellen Kundschaft.

Es sind nicht nur verengte oder geschlossene Strassen sowie Verkehrsverzögerungen durch raffiniert getaktete rote Ampeln, sondern vor allem auch der laufende Abbau von Parkplätzen, die der Wirtschaft das Leben schwermachen. In Basel sind es zwei Strassen, an denen ein paar Dutzend Parkplätze aufgehoben werden, in Zürich steht die Sihlpost, die einzige dauerhaft geöffnete Post weit und breit, jetzt praktisch ohne Parkplätze da. Sollen die Geschäftsleute doch mit dem Tram kommen, paketbeladen. Vieles läuft in diesen Städten schon so, wie es im Rezeptbuch der Grünen steht.

Spielarten der Enteignung

Zum Glück noch nicht alles. Würde der Plan für eine «klimapositive Schweiz» der Grünen Partei wirklich ernst genommen, müssten die Verantwortungsträger in Politik und Wirtschaft die Bevölkerung zu höchster Alarmbereitschaft aufrufen. Denn die Bürger, ja sogar die Wähler der Grünen dürften sich nicht im Klaren darüber sein, welche Forderungen dieses vierzigseitige Papier enthält. Bei der Verkehrspolitik etwa tönt es so: «An erster Stelle steht für die Grünen die Verkehrsvermeidung.» Genau so, wie es sich jetzt in Zürich, Basel und Bern abzeichnet.

Ausgenommen ist lediglich der öffentliche Verkehr sowie jener von Fussgängern und Velos («sanfte Mobilität»). Ab nächstem Jahr wären nach Wunsch der Grünen Autos mit Benzin- oder Dieselantrieb verboten. Ebenso der Import und Verkauf von Geländewagen von über zwei Tonnen. In den Agglomerationen müssten die gefahrenen Autokilometer halbiert werden. Innerorts herrschte überall Maximaltempo dreissig, auf den Autobahnen hundert. Wörtlich steht im Forderungskatalog der Grünen Partei: «Das Personenauto muss vom privaten Prestigeobjekt zum jederzeit verfügbaren Transportmittel in Gemeinbesitz werden.» Also nicht nur der Individualverkehr, sondern auch das Individualeigentum wird bekämpft. Das alles sind Spielarten der Enteignung.

Das gilt auch für Eigentumsrechte an Immobilien. Bau- und Siedlungszonen sollen reduziert werden, ohne dass das grüne Grundsatzpapier ein Wort über die Zuwanderungs- und Asylpolitik oder die Personenfreizügigkeit mit der EU verliert – ausser dass sozialpolitische Verträglichkeit wohl die Bodenpreise deckeln soll. Pro Person und Jahr wäre nur noch ein Flug erlaubt. Die Finanzmittel müssen von der Strasse auf die Schiene umgeleitet werden. Orte, die mit der Bahn innert acht Stunden erreicht werden können, dürfen nicht mehr angeflogen werden.

Jede Werbung für klima- oder gesundheitsschädigende Produkte ist verboten. Sämtliche «klimafreundlichen» Zwangsmassnahmen sollen selbstverständlich die soziale Sicherheit, die Renten und die Höhe der Löhne in keiner Weise gefährden. Und die befohlenen Massnahmen an den Gebäuden dürfen unter keinen Umständen zu einem «Verlust von bezahlbaren Wohnungen» führen – also: Märkte dürfen nicht spielen. Eine «Klimabank» hat die notwendigen Kredite zur Verfügung zu stellen.

Die Grüne Partei verachtet alles, was mit wirtschaftlich-schöpferischem Antrieb zu tun hat.

Weil auch die Informationstechnologie unseren Planeten belastet, ist eine «digitale Mässigung» angesagt. Konsum und Produktion von Fleisch müssen «stark reduziert» werden. Zement und Beton sind wegen des Energieaufwands Teufelszeug, gibt es doch Baustoffe wie «Holz, Lehm, Ziegelsteine». Die gesamte Stromproduktion muss bis 2035 «erneuerbar» sein. Neben der Wasserkraft – Staudämme aber bitte nicht auf Kosten der «Flussökosysteme»! – liefere diese zu fast einem Drittel die Sonnenenergie. Eine Nutzung von CO2-freier Atomkraft dagegen bleibt für die Grünen ein Tabu.

Die verhängnisvolle Schrift der Grünen Partei Schweiz über die «Klimakatastrophe» und die davon abgeleiteten Forderungen stammt aus dem Jahr 2021, wobei der Zürcher Nationalrat Bastien Girod der bekannteste Autor ist. Auch die Genfer Nationalrätin Delphine Klopfenstein Broggini sowie ihr Amtskollege Kurt Egger aus dem Thurgauischen, der Berner Grossrat Jan Remund und Urs Scheuss, stellvertretender Generalsekretär der Grünen, haben am Papier mitgeschrieben. Beflügelt von ihrem Erfolg bei den nationalen Wahlen vom Herbst 2019, erhob dieses Autorenkollektiv mit nachfolgender Unterstützung der Delegierten einen ganzen Strauss von Maximalforderungen. Ziel sei eine «klimapositive» Schweiz ab 2040, die im In- und Ausland netto zur Reduktion der Emissionen in der Atmosphäre beiträgt.

Besonders einschneidend sind die Forderungen nach einem «grundlegenden Wandel» in Wirtschaft und Gesellschaft, nach drastischen Staatseingriffen. Es gehe um nicht weniger als die «historische Verantwortung an der globalen Klimaerwärmung» unseres Landes. Diese Verantwortung besteht bekanntlich aus einem Tausendstel des weltweiten menschengemachten CO2-Ausstosses, global irrelevant. Nur würde diese Erkenntnis auch die Grünen und deren Politik irrelevant machen. Grüne Politik heisst immer mehr Auflagen für Gebäude und Fahrzeuge, staatlich befohlene Beratungen, eine Bürokratisierung von allem, was mit Energieanwendungen zusammenhängt, und Hunderttausende schikanierte KMU.

Unser Finanzplatz wird wegen des Rohstoffhandels für 2 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich gemacht. Beim Abbau seltener Metalle sehen die Grünen nichts als «verbrecherische Praktiken», «Morde», «Vergewaltigungen» oder «Kinderzwangsarbeit». Kein Wort davon, dass die Rohstofffirmen in der Dritten Welt für Arbeitsplätze, mehr Wohlstand, Bildung und Gesundheit sorgen. Den Finanzinstituten und Pensionskassen ist selbstverständlich vorzuschreiben, wie sie «nachhaltig» und klimafreundlich investieren sollen. Der Bundesrat komme mit seinem Vorschlag von «netto null» CO2-Ausstoss etwa fünfzehn Jahre zu spät.

Das Papier der Grünen verschweigt, dass schon die Temperaturen der vorindustriellen Zeit starken Schwankungen unterworfen waren und das heutige Wärmeniveau erheblich übertroffen haben. Die heutige Erwärmung ist im Rückblick auf die zurückliegenden Tausenden von Jahren weder einzigartig noch dramatisch. Der Bericht instrumentalisiert extreme Wetterereignisse, zeichnet die Apokalypse aus Wassermangel, Migration, Wirtschaftskrisen und Kriegen. Dabei ist die Bedeutung des Klimawandels für die Migrantenströme absolut nicht nachgewiesen. Dieser Alarmismus wird begleitet vom erheiternden Satz: «Wir wollen keine Katastrophen-Rhetorik betreiben.»

In einem hat die Partei recht

Die Grüne Partei verachtet alles, was mit wirtschaftlich-schöpferischem Antrieb zu tun hat, und will vor allem Genügsamkeit, Einschränkung, Gürtel eng schnallen. Wohlstand soll nicht mit materiellem Besitz und Bruttoinlandprodukt in Verbindung gebracht werden. Angesagt seien Bescheidenheit und Gerechtigkeit, um das Ende des Erdölzeitalters, der konsumorientierten Gesellschaft, des ständigen Wirtschaftswachstums und des individuellen Profits einzuläuten. Unsere Leistungsgesellschaft sei klimaschädigend, besser sei Teilzeitarbeit und dafür «mehr Freizeit, Kreativität, ziviles Engagement und soziale Kontakte».

Statt in den Konsum müsse das Geld in den Klimaschutz gesteckt werden. Woher die Mittel und der technische Fortschritt bei der grünen Forderung nach «drastischer Reduktion der Arbeitszeit» bei «30 Stunden pro Woche und Person» kommen sollen, bleibt ein Geheimnis. Sollten die Schweizer nicht sofort ihren Konsum zugunsten des Klimaschutzes reduzieren, würden sie eben künftig ihren Lebensstandard massiv senken müssen: «Faktisch können wir sozusagen wählen zwischen selbstbestimmter und künftiger erzwungener Suffizienz [Nachhaltigkeit].» Grünes Nullsummenspiel statt erfinderischer Entwicklung.

Zur Klimakrise gesellt sich laut den Grünen eine Gesundheitskrise – obwohl die Menschen noch nie so alt und die medizinische Versorgung noch nie so perfekt war wie heute. In einem hat die Partei allerdings recht: Die konkrete Umsetzung ihrer Forderungen hätte einen massiven Wohlstandseinbruch zur Folge.

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)*  Anmerkung der EIKE-Redaktion  :

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der WELTWOCHE Zürich : | Die Weltwoche, 12. Mai 2022, S.28-29 ;  EIKE dankt der Redaktion der WELTWOCHE und den Autoren Beat Gygi und Christoph Mörgeli für die Gestattung der ungekürzten Übernahme des Beitrages, wie schon bei früheren Beiträgen :  http://www.weltwoche.ch/Hervorhebungen und Markierungen v.d. EIKE-Redaktion.

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