Horst D. Deckert

Nach Mordaufrufen: Hostpoint nimmt regierungskritische Internetseite unwählbar.ch vom Netz

Am Montag hat der Webhosting-Provider Hostpoint die Internetseiten der Freiheitlichen Bewegung Schweiz (FBS) gesperrt. Betroffen waren anfangs neben fbschweiz.ch ebenso die Seiten wirbestimmen.ch und unwählbar.ch. Inzwischen ist nur noch Letztere gesperrt.

Unwählbar.ch ging am 8. März online – unmittelbar nachdem das Parlament über das Covid-19-Gesetz befand. „Ziel der Seite ist es, der Bevölkerung eine Plattform zu geben, auf der sie die Wiederwählbarkeit der Politiker zum Ausdruck bringen kann. Damit soll mehr Transparenz über die Stimmung im Volk geschaffen werden“, sagt Richard Koller. Der Gründer der FBS und ehemalige SVP-Politiker steht ebenfalls hinter der Seite unwählbar.ch.

Im Rahmen einer Online-Umfrage äusserten zahlreiche Bürger zuletzt ihre Meinung über die gegenwärtigen National- und Ständerate. „Bis Ende letzte Woche gingen rund 85’000 Votes ein“, sagt Koller. Das Resultat der Umfrage: Vernichtend. Weite Teile der Politiker wurden als unwählbar bezeichnet. Besonders verheerend fiel das Urteil für all jene Politiker aus, die sich am 8. März gegen eine raschere Lockerung gestellt haben – darunter die Volksvertreter der SP, Grünen, Grünliberalen bis zu den Mittepolitikern der FDP und CVP. Über das Vorgehen von Hostpoint sagt Koller:

„Am Montagnachmittag erhielt ich die Nachricht, dass Hostpoint den Server mit sämtlichen Websites gekündigt hat.“

Auslöser dafür sei unter anderem ein sexistischer Kommentar gewesen, den ein User am Montagmorgen über eine Politikerin verfasst und der einen regelrechten Shitstorm ausgelöst habe.

Kriegstribunal gefordert

Vereinzelte Kommentare, die auf unwählbar.ch über Politiker verfasst wurden, machten am Montag auch die Runde auf Twitter. Im Visier der Hasskommentare standen insbesondere SP-Politiker. Über Simonetta Sommaruga schrieb ein User:

„Landesverräterin! Sollte wie Berset und andere vor Kriegstribunal und hingerichtet werden!!!“

In einem anderen Kommentar wurde die Todesstrafe auch für Nationalrat Cédric Wermuth gefordert.

Koller sagt, dass er von den erwähnten Kommentaren keine Kenntnis hatte. „Es war ein Fehler, dass die Kommentare noch freigegeben waren.“ Er sagt aber auch, dass der Administrator am Montag um elf Uhr ohnehin alle Hasskommentare gelöscht habe.

Der Gründer der FBS könnte sich aber auch vorstellen, dass möglicherweise ein Provokateur Hass-Kommentare verfasste, um somit eine Rechtfertigung fürs rasche Sperren der Seite zu schaffen. Koller stellt das Vorgehen der Hostpoint in Frage und vermutet, dass einzelne Politiker auf den Webhosting-Provider Druck ausgeübt haben könnten.

Von Hostpoint habe er keine genauere Erklärung für das Vorgehen erhalten. „Ich schrieb dem Provider am Montagnachmittag eine Mail, erhielt jedoch keine Antwort“, sagt Koller weiter. Er hält aber auch fest: „Die Seite wird in wenigen Tagen auf einem neuen Server wieder online gehen.“

Hostpoint sieht keine Zensur

Auf die Frage, weshalb die Seite sofort gesperrt wurde, entgegnet Mauro Landolt, Mediensprecher von Hostpoint: „Auf unwählbar.ch wurde zuletzt mehrfach zu Gewalt gegen Politiker aufgerufen.“ Solche Inhalte verstiessen gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. „Es lässt sich zurzeit noch nicht abschätzen, ob die Seite unwählbar.ch wieder publiziert werden kann“, sagt Landolt weiter.

Hostpoint dementiert zudem, dass Druck auf die Firma ausgeübt worden sei. „Auf die Hasskommentare sind wir über mehrere Twitter-Nutzer aufmerksam gemacht worden“, erklärt Landolt. Und er fügt hinzu: „Es gab keinerlei Einflussnahme irgendwelcher Politiker oder politischer Gruppierungen.“ Anderer Ansicht ist Koller:

„Unwählbar.ch ist natürlich ein Dorn im Auge der herrschenden Kaste in Bern. Die Politiker, die meilenweit von der Bevölkerung politisieren, versuchen uns nun zu zensieren.“

Der FBS-Gründer ist überzeugt, dass die Zensur in den kommenden Wochen und Monaten noch weiter zunehmen wird. „Je mehr Angst die Herrschenden haben, desto stärker wird die Zensur.“ Zum Vorwurf der Zensur entgegnet Landolt:

„Grundsätzlich ist der Website-Inhaber für seine Inhalte selbst verantwortlich. Hostpoint zensiert und überwacht die Inhalte von Kunden-Websites nicht. Wir greifen nur ein, wenn uns Hinweise auf strafrechtlich relevante Inhalte vorliegen bzw. wir auf solche Inhalte stossen.“

Initiative für körperliche Unversehrtheit

Die FBS wurde 2019 gegründet. Für Aufmerksamkeit sorgte die FBS zuletzt mit der Volksinitiative „Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit (STOPP Impfpflicht)“. Seit letztem November sammelt die Bewegung dafür Unterschriften. Unterstützt wird sie dabei auch von Prominenten wie dem Komiker Marco Rima. Ziel der FBS ist es, noch bis Ende Jahr die notwenigen Unterschriften zu sammeln.

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