Horst D. Deckert

Papst-Begräbnis So verhält man sich angemessen auf einer Trauerfeier, Herr Söder!

Das Selfie von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf dem Weg zur Beisetzung von Papst Franziskus löst nach wie vor eine Welle der Empörung in den sozialen Netzwerken und in den Medien aus. Statt der gebotenen Pietät und Zurückhaltung überwog bei den höchsten Repräsentanten des deutschen Staates der Drang zur Selbstinszenierung. Söder und Steinmeier grinsen auf ihrem Selfie wie zwei pubertierende Youngster auf Klassenfahrt. Es fehlt nur noch die Dose Hansa-Pils in der Hand.

In einem Moment, der Höchstmaß an Pietät und Respekt verlangte, albern zwei der höchsten Repräsentanten unseres Staates wie Pennäler herum. Statt der ernsten Atmosphäre einer Papstbeisetzung gerecht zu werden, inszenieren sie sich selbst – ein Akt der gottlosen Verwahrlosung politischer Kultur, wie Frédéric Schwilden treffend in der WELT bemerkt.

Während sich Steinmeier und Söder mit einem Lächeln ablichten ließen, bewiesen andere deutsche Vertreter in Rom mehr Würde und Ernsthaftigkeit. Wie es anders geht, zeigten die AfD-Abgeordneten Petr Bystron und Nicole Höchst, die ebenfalls nach Rom gereist waren. Fernab jeder Selbstinszenierung verhielten sie sich bei den Feierlichkeiten ausgesprochen staatsmännisch. Kein Griff zum Smartphone, keine aufgesetzte Lässigkeit: Stattdessen demonstrierten sie durch ihr stilles, respektvolles Auftreten die Haltung, die man von gewählten Volksvertretern in solchen Momenten erwarten darf.

Es ist ein bedrückendes Zeichen für den Zustand unserer politischen Klasse, dass es ausgerechnet oppositionelle Abgeordnete sind, die in einer solch sensiblen Situation mehr Würde und Anstand zeigen als die Hüter der verfassungsmäßig höchsten Ämter. Rom hat der deutschen Öffentlichkeit ein ungewolltes, aber wertvolles Lehrstück über Staatskunst und Selbstbeherrschung erteilt.

Immer wieder wird der AfD von Regierungsparteien vorgeworfen, sich rüpelhaft und unanständig zu verhalten. Doch konkrete Belege dafür bleiben meist aus; stattdessen dominieren pauschale Anschuldigungen. Währenddessen sind es immer wieder die Vertreter der Regierungsparteien selbst, die mit ihren Auftritten negativ auffallen.

Nur ein Tag vor dem Selfie-Eklat von Söder und Steinmeier bezeichnete die Berliner Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) in einem Beitrag auf der Plattform X Tesla-Fahrzeuge als „Nazi-Auto“. Diese Aussage stieß auf breite Kritik, insbesondere aus Brandenburg, wo sich die Tesla-Fabrik in Grünheide befindet. Ein Nutzer der Plattform X kommentierte es mit dem Satz: „Wer solche Vergleiche anstellt, der degradiert die KZs zu einem Parkplatz.“

Trotzdem bleiben solche verbalen Entgleisungen von Regierungspolitikern meist folgenlos. Sie offenbaren jedoch eine bedenkliche Doppelmoral im politischen Diskurs und vor allem im Umgang der Medien mit der Opposition.

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