Horst D. Deckert

Südtirol: Skandal um Freiheitliche, die gegen Amnestie für Freiheitskämpfer stimmten

In Südtirol sorgt das Abstimmungsverhalten der dortigen Freiheitlichen für Kopfschütteln und auch Empörung im patriotischen deutschsprachigen Lager. Der Grund: Die „Südtiroler Freiheitlichen  – Das Liberal-Demokratische Bündnis“ stimmten gegen einen Antrag der Südtiroler Freiheit, die ehemaligen „Bumser/Pusterer Buam“, also die Südtiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre, zu begnadigen.

Freiheitliche setzen auf Österreichs grünen Präsidenten

Aktuell laufen interne Verhandlungen zwischen Italien und Österreich, die „Südtirol-Attentäter“ nach Jahrzehnten des Unrechts zu begnadigen. Zumal sich der Widerstand von der ersten Minute an immer gegen Sachen und nie gegen Personen richtete. Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen (ein Politiker der Grünen) war deshalb vor Kurzem auf Staatsbesuch in Rom. Van der Bellen kündigte dabei an, dass er bei Sergio Mattarella, dem italienischen Präsidenten, die Begnadigungen aufs Tapet bringen werde und zeigte sich zuversichtlich, dass diese auch ausgeprochen wird.

Diesen Umstand nahmen wiederum die Freiheitlichen unter Obmann Andreas Leiter Reber zum Anlass, um im Südtiroler Landtag gegen den Antrag der Südtiroler Freiheit zu stimmen. „Man solle diese Verhandlungen jetzt nicht durch einen Beschlussantrag stören“, so die Argumentation, wobei man betonte, dass das „Nein“ zum Antrag kein generelles „Nein“ zur Begnadigung sei. Man setze eben Hoffnungen in Österreichs grünen Präsidenten, wobei unklar ist, wie ernst es dieser mit den Begnadigungen tatsächlich meint.

Am Ende wurde der Beschlussantrag mit 3 Ja, 22 Nein und 2 Enthaltungen vom Landtag abgelehnt, wobei sich die regierende SVP einmal mehr auf die Seite der italienischen Politik schlug.

Der Antrag forderte konkret: Der Landtag soll sich für eine umgehende Begnadigung/Amnestie der verbliebenen Südtiroler Freiheitskämpfer aussprechen und den italienischen Justizminister, sowie den italienischen Staatspräsidenten auffordern, die ausstehenden Begnadigungen der Südtiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre unverzüglich in Angriff zu nehmen, damit diese in ihre Heimat und zu ihren Familien zurückkehren können.

Andreas-Hofer-Bund droht Freiheitlichen mit Ausschluss

Auf Unverständnis stieß das Vorgehen der Freiheitlichen beim Andreas-Hofer-Bund. Alois Wechselberger, Obmann des Südtiroler Schutzbundes, forderte von den beiden Freiheitlichen Landtagabgeordneten Ulli Mair und Andreas Leiter-Reber bereits im Vormonat eine Erklärung und drohte mit Ausschluss:

„Das jüngste Abstimmungsergebnis (auch) Ihrer Fraktion im Bozener Landtag hat weit über die Grenzen Gesamttirols hinaus hohe Wellen geschlagen. Wir vom Andreas-Hofer-Bund-Tirol (AHBT) wollen vorweg nicht über dieses Ergebnis urteilen, noch wollen wir einen Verfahren einleiten, ohne nicht zuvor auch die Betroffenen angehört zu haben.
Als Obmann des AHBT darf sich Sie beide ersuchen, uns die Beweggründe Ihres Wahlverhaltens möglich präzise darzulegen, um in weiterer Folge Ihrer Willensbekundung rechtlich und moralisch zu würdigen. Ich darf Sie ersuchen, dem Ansuchen unseres Bundes bis zum 15. Juni 2021 – schriftlich/per E‑Mail – nachzukommen. Es liegt in Ihrem eigenen Interesse, an einer raschen und objektiven Aufklärung mitzuwirken.“

Reber vertidigte sich in einem Antwortschreiben wiederum. Ihm gehe es nicht um das Ob, sondern das Wie:

„Nach vier gleichlautenden Begehrensanträgen die in den letzten Jahren nach Rom geschickt wurden, geht es nämlich längst nicht mehr darum ob der Südtiroler Landtag die Begnadigung fordert, wünscht und unterstützt, sondern um das Wie.“

Zudem betonte der Freiheitliche, dass die Forderungen eines „Traditionsvereins“ an den italienischen Staatspräsidenten eher das Gegenteil bewirken würden:

„Ich gehe zudem davon aus, dass es in den letzten Jahren auch mehrere inoffizielle Gespräche von Südtiroler Seite mit Mattarella gegeben hat. Inoffiziell bestimmt deshalb, weil Staatspräsidenten in Sachen Begnadigung ungern auf öffentliches Fingerschnippen geschweige denn auf Rundmails von Traditionsvereinen reagieren. Wer dann noch weiß, dass Italiens Staatspräsidenten vermehrt am Ende ihrer Amtszeit Begnadigungen aussprechen und vor Augen hat, dass Mattarellas Amtszeit in sechs Monaten ausläuft, dann stimmen die Zeichen zuversichtlich. Ausgerechnet in dieser Phase Mattarella vom Südtiroler Landtag aus zum zweiten Mal aufzufordern, alle Freiheitskämpfer zu begnadigen, kann für die erhoffte, aber völlig unübliche Entscheidung nur hinderlich sein.“

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