Horst D. Deckert

Umkehr in der Migrationspolitik gefordert: Sigmar Gabriel gehört jetzt selbst zum „Pack“

Kritiker an der Flüchtlingspolitik der Merkel-Regierung diffamierte der damalige Vizekanzler und frühere SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel einst als „Rechtsradikale“ und „Pack“. Nun scheint er sich diesem „Pack“ selbst angeschlossen zu haben: Ausgerechnet er fordert nun eine knallharte „Wende in der Migrationspolitik“.

Im Interview mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ sprach sich das „SPD-Urgestein“ Gabriel urplötzlich für einen radikalen Kurswechsel beim Thema Zuwanderung aus. Immer mehr Deutsche hätten „Zweifel an der Handlungsfähigkeit ihres Staates, auch abseits des Themas Asyl“, stellte er fest.

Verlogenheit und Opportunismus

Überhaupt gebe es „in verblüffend vielen Bereichen“ negative Erfahrungen, wie etwa in Bildung, innerer und äußerer Sicherheit oder Infrastruktur, ohne dass es darauf Reaktionen aus der Politik gebe, fiel Gabriel weiter auf.

Mit seinen Aussagen führt der einstige Koalitionspartner Merkels einmal wieder trefflich vor, welches Ausmaß an Verlogenheit und Opportunismus den deutschen Politikbetrieb kennzeichnen. Denn alles, was Gabriel jetzt, fünf Jahre und drei Millionen eingewanderte Wirtschaftsmigranten später, fordert, hätte er selbst verhindern können – hätte er auf damalige Kritiker der Groko-Regierung gehört, statt sie zu bepöbeln.

Aus dem Gutmenschen-Koma erwacht

Offenbar ist Gabriel mittlerweile aus dem Gutmenschen-Koma erwacht: Was die Zuwanderung betrifft, lautet seine Diagnose jetzt auf einmal so: „Zu uns kommen die, die fit genug sind für den Versuch, übers Mittelmeer zu fliehen, und vor allem auch genug Geld für die Menschenhändler haben. Meistens sind es junge Männer.“ Weiter sagte er, für alle Europäer wachse die Gefahr, „dass wir übergroße Liberalität nach außen am Ende mit dem Verlust der Liberalität im Innern bezahlen“.

Wer die Grenzen innerhalb Europas offenhalten wolle, müsse sie „nach außen hart und kompromisslos kontrollieren und darf nicht jeden Einsatz von Frontex als unmenschlich kritisieren“. Deshalb kam er zu dem Schluss: „Unsere Regeln aus dem 20. Jahrhundert passen nicht zu den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ – und forderte ein Asylrecht „mit klaren und durchsetzbaren Regeln für die Begrenzung von Zuwanderung“.

Gipfel der Heuchelei

Vor exakt acht Jahren klang das allerdings noch ganz anders: Am 24. August 2015 hatte Gabriel diejenigen, die im sächsischen Heidenau gegen den Umbau eines Supermarkts zu einer Asylbewerberunterkunft demonstrierten, als „Pack“ beschimpft. Später wollte er dies nur auf Rechtsextremisten bezogen haben, aus dem damaligen Zusammenhang war jedoch offenkundig, dass er sämtliche Migrationskritiker einschloss.

Der Gipfel der Heuchelei ist, wenn Gabriel beklagt, dass das Thema Asyl in Deutschland bis heute „leider angstbesetzt und zugleich hochemotional“ sei, als ob er nicht seinen Teil zu dieser Tabuisierung beigetragen hätte.

Der „Pack-Held“

Gabriel, der „Pack-Held”: Zahllose Bürger, die schon vor acht Jahren sagten, dass Merkels grenzenlose Zuwanderungspolitik ein verbrecherischer Wahnsinn sei und katastrophale Folgen für das ganze Land haben werde, wurden von ihm arrogant diffamiert.

Dabei hatten sie nichts anderes getan, als die Zustände beim Namen zu nennen, die er heute selbst kritisiert. Nun macht er sich selbst mit dem vermeintlichen „Pack“ gemein.

Jähes Renegatentum

Gabriel ist damit das typische Beispiel für die Doppelstandards und Inkonsequenz der politischen Kaste: Solange sie in Amt und Würden sind, heulen sie populistisch mit den Wölfen – und sei es wider besseres Wissen. Wenn es dann irgendwann nichts mehr zu gewinnen oder zu verlieren gibt, wandeln sie sich jäh zu Renegaten und sprechen plötzlich die Wahrheit aus.

Oder sie empören sich gar sich in Büchern und im Fernsehen lauthals über Zustände, die sie selbst mit herbeigeführt haben. Auch diese Rückgratlosigkeit ist einer der Hauptgründe, warum immer mehr Bürger das Vertrauen in die Politik verlieren.

Zum Autor: Daniel Matissek ist Journalist mit pfälzischen Wurzeln, arbeitet neben für AUF1 auch für diverse deutschsprachige freie Medien (unter anderem „Journalistenwatch.com“). Gründungsherausgeber des Blogs „Ansage.org“. Schwerpunktthemen: Migrationspolitik, politischer Extremismus, Demokratie und Medienlandschaft. Freund differenzierter Zwischentöne, aber gerne auch leidenschaftlicher Polemiker. Devise: „Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos; es könnte aber auch umgekehrt sein.“

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