Der 2. Teil der Sprechstunde AUF1 zum Thema Hausdurchsuchung befasste sich vornehmlich mit den Fragen der AUF1-Zuseher. Diese wollten vor allem wissen, welche Rechte man bei einem ungebetenen Besuch durch die Staatsmacht hat und wie man sich bei der Beschlagnahme von Gegenständen verhalten soll. Zwei erfahrene Rechtsanwälte und eine frühere Polizeibeamtin nahmen dazu Stellung und gaben Empfehlungen.
Im zweiten Teil der Sendung „Hausdurchsuchung! Wie verhalte ich mich richtig?“ waren erneut der Gründer der österreichischen Rechtsanwälte für Grundrechte, Anwälte für Aufklärung und des ACU Austria (außerparlamentarischer Corona Untersuchungsausschuss Austria), der MFG-Mitbegründer Dr. Michael Brunner, und der Freiburger Fachanwalt für Strafrecht, Dubravko Mandic, sowie die ehemalige Polizeibeamtin und jetzige AUF1-Moderatorin Birgit Pühringer zugegen. Moderiert wurde die Sprechstunde von AUF1-Moderatorin Sabine Petzl.
Muss man sofort die Tür öffnen?
Ein Zuseher stellte die Frage, ob ein Betroffener sofort die Tür zu öffnen habe, wenn die Polizei klingelt. Die Antwort der Rechtsanwälte war salomonisch: Grundsätzlich sei man dazu verpflichtet, jedoch könne man oft noch wertvolle Minuten herausschinden, um sich entweder anzuziehen oder den Hund einzusperren. Mandic meinte, dass man auch allfällige brisante Gegenstände wie Datenträger oder Unterlagen verstecken könne. Es komme sogar nicht selten vor, dass die Polizei die Tür aufsprenge, was den Überraschungseffekt komplettiere. Sollten die Ordnungshüter „nur“ klingeln, dann sollte der Betroffene diesen zumindest signalisieren, dass er gleich öffne. Gegebenenfalls könne er auch sagen, dass er schon seinen Anwalt angerufen habe.
Zeugen herbeiziehen!
Rechtsanwalt Dr. Brunner ergänzte, dass bei einer Hausdurchsuchung ein Anwalt oder zumindest ein Zeuge herbeizuziehen sei, um den Beamten klarzumachen, dass sie sich an die Gesetze zu halten haben. Eine solche habe „verhältnismäßig, angemessen und respektvoll“ zu sein, und zwar „unter möglichster Schonung der durchsuchten Räume und der Person“. Sollte dies nicht so passieren, sollte man den Beamten auffordern, die Missstände ins Protokoll aufzunehmen, um damit zu dokumentieren, „dass die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt worden sind“. In solch einem Fall könne man auch eine Beschwerde beim zuständigen Gericht einlegen. Und gegen Beamte, die sich unangemessen verhalten, könne man eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder Disziplinaranzeige einbringen. Eine derartige Vorgangsweise könne man, so Brunner, „bereits während der Hausdurchsuchung zum Thema machen“.
Und die ganze Sendung „Sprechstunde AUF1“ zum Thema Hausdurchsuchung sehen Sie hier:
Was nicht beschlagnahmt werden darf
Wenn die Polizei vertrauliche Korrespondenz mit dem Rechtsanwalt oder dem Arzt beschlagnahmen will, dann sollte man sie darauf hinweisen, dass derartige Unterlagen der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen und ohne gerichtlichen Beschluss nicht verwertet werden dürfen. Bei Verstößen dagegen sollte man darauf drängen, dies ins Protokoll aufnehmen zu lassen. Rechtsanwalt Mandic ergänzte noch, dass es in Deutschland ein Formular gebe, auf dem man der Beschlagnahme widersprechen könne. Dann müsse der Richter darüber entscheiden. Andernfalls bestehe die Möglichkeit, dem Anwalt nach der Beschlagnahme diesen Vorgang mitzuteilen, damit er dann einen Widerspruch bei Gericht einbringe.
Private und geschäftliche Unterlagen trennen!
Rechtsanwalt Dr. Brunner wies darauf hin, dass von einer Beschlagnahme potentiell betroffene Geschäftsleute oder Ärzte und Advokaten schon im Vorhinein darauf achten sollten, ihre privaten und dienstlichen Unterlagen zu trennen. Dies gelte vor allem für Datenträger. Schließlich seien diese Berufsgruppen tagtäglich auf die Benutzung ihrer Unterlagen angewiesen und im Falle der Beschlagnahme in ihrer Arbeit wesentlich beeinträchtigt. Auch sollte man Sicherungskopien anfertigen und diese an sicheren Orten aufbewahren. Wenn die Polizei rechtlich geschütztes Material dennoch beschlagnahmt, empfahl Rechtsanwalt Dr. Brunner, die Beamten höflich, aber energisch auf die Rechtslage hinzuweisen, insbesondere darauf, dass solch eine Vorgehensweise auch Amtshaftungsansprüche auslösen könne.
Datenauswertung dauert oft sehr lang
Birgit Pühringer als ehemalige Polizeibeamtin ergänzte zu dieser Thematik, dass nach einer Beschlagnahme von Datenträgern speziell ausgebildete Beamte als Datensicherer zum Einsatz kämen, wobei auch eine forensische Auswertung erforderlich sei. Doch dies nehme viel Zeit in Anspruch. Aufgrund der Masse der Datenträger und Datenmengen sowie der Beschuldigten könne die Erfassung all dieser Daten mehrere Monate dauern. Man solle auch danach fragen, was mit den beschlagnahmten Gegenständen passiere. Darüber hat die Staatsanwaltschaft zu entscheiden. Möglicherweise müssen diese sogar vernichtet werden.
Muss auch der Tresor geöffnet werden?
Auf eine Zuseher-Frage, ob man bei einer Hausdurchsuchung auch den Tresor öffnen müsse, antworteten die Studiogäste, dass man dazu grundsätzlich verpflichtet sei. Voraussetzung sei, dass dies vom Durchsuchungsbefehl umfasst sei. Sollte der gesuchte Gegenstand weitaus größer sein als der Inhalt des Tresors, dann liegt kein nachvollziehbarer Grund vor, diesen öffnen zu lassen, erklärte Dr. Brunner. Auch in solch einem Fall sei es angebracht, Verstöße protokollieren zu lassen.
Besteht Ausweispflicht?
Abschließend wurde auch diskutiert, ob man im Falle einer Hausdurchsuchung seine Identität preisgeben müsse. Rechtsanwalt Mandic verwies auf die Ausweispflicht in Deutschland und hinterfragte den Sinn einer solchen Verweigerungshaltung. Demgegenüber erklärte Dr. Brunner, dass es in Österreich keine Pflicht gebe sich auszuweisen. Nur wenn ein gesetzlich anerkannter Grund existiere, müsse man seine Identität angeben. Und einen solchen zu benennen, dazu sei der Beamte verpflichtet.
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