Horst D. Deckert

Zeuge des Wahnsinns (II): „Das Blut der Unterdrückung“

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Was für ein Tag war der 28. Mai 2021? – Freitag? Ja, aber das ist noch nicht alles. Die „taz“ weiß mehr über jenen Freitag. Er war nämlich außerdem „Internationaler Tag der Menstruation“, ein sogenannter „Aktionstag“. Die unblutige Medienkritik.

von Max Erdinger

„Hormon der Weisheit“ oder „Töchter der Morgenröte“ wären zwei famose Schlagzeilen in der „taz“ gewesen, die frau hätte wählen können, um ihre fabelhaften Gedanken zum „Internationalen Tag der Menstruation“ in die Tastatur tropfen zu lassen. Leider entschieden sich sechs wehrhafte Frauen für die Schlagzeile „Das Blut der Unterdrückung„. Da meinereiner als notorischer Frauenunterdrücker nicht menstruiert, hätte die Schlagzeile besser „Das Blut der Unterdrückten“ geheißen. Oder – weil der „Internationale Tag der Menstruation“ ein „Aktionstag“ ist – „Die aktive Blutschrift“.

Aber es ist natürlich richtig, daß bei einer geglückten Unterdrückung das Blut am besten nur bei den Unterdrückten fließt. Alles andere wäre ja keine Unterdrückung, sondern profaner Aktivkampf am gedenkensreichen Aktionstag. Die sechs wehrhaften Anti-Blutunterdrückungs-Aktivweiber in der „taz“ heißen Julia Neumann, Natalie Mayroth, Ilona Eveleens, Kathariona Wojczenko, Simone Schlindwein und Patricia Hecht. Allein das zeigt schon, wie blutleer Frauen auch im Kopf sind, wenn sie menstruiert haben – und weshalb sie so leicht zu unterdrücken sind: Man braucht sechs blutleere Frauengehirne, um einen einzigen Artikel über das „Blut der Unterdrückung“ zu schreiben. Hoffentlich mußten sich die sechs Blitzbirnen jenes Autorenhonorar teilen, das ein einzelner Unterdrücker dafür erhalten würde, daß er einen anderen Artikel ganz alleine verfaßt hätte. Sonst wäre das Blutsgeschreibsel ein bißchen arg teuer geworden.

Worum geht es?

Um arme, unterdrückte Frauen geht es, die allmonatlich bluten müssen, ohne dafür die gebührende Anerkennung zu finden. Ein Tabu sei die monatliche Regelblutung, schreiben die sechs Unterdrückten. Das stimmt natürlich nicht. In der Fernseh- und Zeitschriftenwerbung wimmelt es nur so vor Reklame für Produkte, die Scheidenausscheidungen saugfähig und diskret aufnehmen. Ob „o.b.-Tampons“, „Always Ultra“ oder „Tena-Lady“: Sogar der unblutige Unterdrücker kennt alle Zellstoffprodukte, die es im Rahmen der allgemeinen Mumu-Mania zu kaufen gibt. Monatsblutung oder Inkontinenz – alles kein Tabu mehr heutzutage.

Richtig ist aber, daß es ein Unterdrücker gewesen ist, der mit seinem Geistesreichtum dafür sorgte, daß kein anderer Unterdrücker mehr auf einem blutverschmierten  Fliesenboden ausrutscht. Wikipedia: „Am 19. November 1931 beantragte der in Denver, Colorado praktizierende Arzt Earle Cleveland Haas Patentschutz für den von ihm entwickelten ersten Tampon mit Einführhilfe, den er „Tampax“ nannte.“ Man sieht: Ungefähr 300.000 Jahre hat es gedauert, bis der erste Tampon zu Unterdrückungszwecken von einem Unterdrücker erfunden wurde, der es satt hatte, auf gefliesten Böden auszurutschen. Das ist höchstwahrscheinlich auch der Grund, warum sich Menschen neuerdings ihr Geschlecht selber konstruieren: Damit man für möglich halten muß, der Erfinder des Tampons könnte sich ein Geschlecht als Frau konstruiert haben. Weil sonst feststünde, daß noch nicht einmal der Tampon von einer Frau erfunden worden ist. Zwar hatte Margarete Steiff den/die Teddybär:in erfunden und Herta Heuwer im Jahre 1949 die Currywurst, aber das ändert nichts daran, daß Frauen es sich eher nicht leisten können, auch nur auf eine einzige potentielle Erfinderin zur Glorifizierung des eigenen Geschlechts zu verzichten. Bei ihrer Teilhabe an den Erfindungen der Menschheitsgeschichte sind Frauen nämlich extrem krass benachteiligt. Weswegen sich die Unterstellung günstig auf das Renommee der Unterdrückten auswirken würde, der Erfinder des Tampons könnte auch eine selbst konstruierte Frau gewesen sein.

Unzureichende Menstruationsbewältigung

Es gibt Tampons, es gibt Binden und Windeln, notfalls auch Bindemittel bei der Feuerwehr und beim Technischen Hilfswerk, wenn doch einmal etwas Menstruationskultblut danebentropfen sollte, aber das alles ist noch nicht das Gelbe vom Ei, wenn man den Blutsaktivist:innen bei der „taz“ glauben darf. Was man natürlich nicht darf. Die Mumu-Expertinnen: „Zwar feiern einige Kulturen das erstmalige Auftreten der Menstruation, die sogenannte Menarche, als Fest, das auch mit einem positiven Zugang zum weiblichen Körper zu tun haben kann. Weit häufiger jedoch haben Frauen damit zu tun, zu informieren und das Stigma abzubauen, das für potentiell die Hälfte der Menschheit mit ihrer Blutung verknüpft ist. Zum Teil wird das Problem dadurch verstärkt, dass es keine geeigneten Produkte gibt, um die Blutung aufzufangen, oder diese nicht bezahlbar sind, weshalb Mädchen und Frauen auch weiterhin nicht zur Schule gehen oder an anderen Bereichen des sozialen Lebens teilnehmen können.“ – Weiberwahnsinn in Reinkultur. Meinereiner hatte immer einen positiven Zugang zum weiblichen Körper. Nur beim positiven Zugang zum weiblichen Geist hapert es seit jeher, was aber nicht weiter schlimm ist, weil sich der Geist auch woanders finden läßt. Anders als der weibliche Körper. Der ist untrennbar mit der Frau verbunden. Abgesehen davon stellt sich beim Lesen dieses „taz“-Artikels ohnehin die Frage, woran der Segensreichtum des Schulbesuchs oder die Teilnahme der Verfasserinnen am sozialen Leben zu erkennen sein soll. Einen generellen Segensreichtum, der von allen Frauen ausgeht, scheint es da nicht zu geben.

Jedenfalls jammern die Monatsblutaktivistinnen der „taz“ unverdrossen weiter: „Zum Weltmenstruationstag, der 2014 von Frauenrechtsinitiativen ins Leben gerufen wurde, warnt die Hilfsorganisation Care davor, dass die Zahl der aktuell etwa 500 Millionen Mädchen und Frauen, die während ihrer Menstruation ohne Hygieneprodukte auskommen müssen, weiter zu steigen droht. In Äthiopien, Uganda, Niger und Kenia etwa seien bis zu 70 Prozent der Frauen und Mädchen gezwungen, ohne ausreichend sauberes Wasser, Hygieneprodukte oder medizinische Versorgung zurechtzukommen.“ – Ein altbekanntes Problem in Äthiopien, Uganda, Niger und Kenia. Dort haben seit jeher nur 100 Prozent der fiesen Unterdrücker schier unbegrenzten Zugang zu sauberem Wasser, Hygienprodukten und medizinischer Versorgung. Weil sie von frauenblutsverachtenden Medizin-, Wasser- & Seifemännern total unfair bevorzugt werden. So muß es wohl sein, wenn man den „tazler:innen“ nicht ausgesprochenen Mumuzentrismus unterstellen will. Wird man aber müssen, ob man will oder nicht.

Doch nicht nur Hilfsorganisationen machen auf diese Probleme aufmerksam. Diese fünf Frauen haben ihren täglichen Kampf dem Thema gewidmet.„, schreiben die sechs Mumzentriker:innen über fünf andere Mumzentriker:innen – und nennen sogleich auch deren Namen. Stelly Nyanzi, Carolina Ramirez, Line Masri, Aditi Gupta und Roisa Kerry heißen die fünf internationalen Blutschwestern in jenen Weltgegenden, in denen ausreichend sauberes Trinkwasser, Hygieneprodukte und medizinische Versorgung nur den fiesen Unterdrückern zur Verfügung stehen.

Die Covid-19-Pandemie hat das Dilemma vergrößert. Kenias Schulen waren beinahe ein Jahr lang geschlossen, was für viele Mädchen ein Jahr ohne Binden bedeutete.“ – hoffentlich hatten sie wenigstens ausreichend Gesichtsmasken zur Verfügung. Ohne die solchen wären sonst ohnehin ganz schnell die fehlenden Binden überflüssig geworden – und damit auch das Gejammer über ihr Fehlen. Roisa Kerry aus Kenia: „Ich sprach nie mit meiner Mutter über die Periode. Wenn ich sie bekam, kaufte ich Watte, weil die anderen Mädchen in der Schule das auch so machten. Meine Schwester, die vier Jahre jünger ist, hörte ich eines Tages meine Mutter um Geld fragen, um Binden zu kaufen. Ich war damals entsetzt, dass man über so etwas sprechen konnte.“ – tjaaa, das Entsetzen, die Hysterie – ein ewiges Frauenproblem. Gottlob haben irgendwelche Unterdrücker das Riechsalzfläschchen erfunden, sonst lägen die Entsetzt:innen bis zum heutigen Tage bewußtlos auf dem gefliesten Boden herum, die Unterdrücker wären reihenweise über sie drübergestolpert und hätten sich das Genick gebrochen, womit dann den bewußtlosen Blutsunterdrückten jeder Grund zum Jammern abhanden gekommen wäre.

Noch einmal Roisa Kerry: „Menstruation braucht einen multisektoralen Ansatz.“ – es scheint sich hier um einen Mangel in den weniger entwickelten Ländern zu handeln. In Deutschland kann jede Feministin, wenn sie ihre Tage hat, in den Drogeriemarkt gehen und nach „eine Packung multisektoraler Ansatz, bitte“ verlangen. Warum sie trotzdem immer nur Tampons, Binden, Slipeinlagen und dergleichen einkauft, ist dem thumb-fiesen Unterdrücker ein völliges Mysterium.

Vorteil für die Blutsmensch:innen

In der „taz“ liest man natürlich wieder nur darüber, welchen Tort die Menstruation für die Blutsbenachteiligten darstellt. Das ist typisch. Dabei hat die Menstruation auch gewisse Vorteile, die geeignet sind, die Nachteile durchaus aufzuwiegen. Bei Gericht zum Beispiel. Sollte dort eine Blutsperson angeklagt sein, in völliger geistiger Umnachtung ihren unblutenden Unterdrücker gemeuchelt zu haben, kann das durchaus mit einem „menstruellen Syndrom“ entschuldigt werden, sollte sie bei der Tatbegehung ihre Tage gehabt haben. Wenn am Tatort nicht nur das Blut des Gemeuchelten zu finden gewesen ist, stehen die mildernden Umstände praktisch schon fest. Aber nicht nur dann. Auch das „prämenstruelle“ – und das „postmenstruelle Syndrom“ dienen bisweilen als strafmildernde Begleitumstände der Tat. Das heißt, daß Frauen wegen ihrer Menstruation jederzeit als nicht ganz zurechnungsfähig durchgehen. Jedenfalls vor Gericht. Und spätestens deshalb stellt sich die Frage, warum Frauen im fruchtbaren Alter, nur, weil sie gerade keine Straftat begangen haben, dennoch völlig unkritisch in den Redaktionsbetrieb eingebunden (Binde, binden, eingebunden) werden oder zu Volksvertreterinnen gewählt werden dürfen. Aber gut: Logik ist ja auch nur ein patriarchalisches Instrument zur Unterdrückung der blutigen Frau, wie Feministinnen ganz genau wissen. „Feministin“ ist das zeit(un)geistige Synonym für „Übermensch“.

Im Grunde bleibt nur eine einzige Frage übrig: Ob das menschliche Auslaufmodell für die längste Zeit der 300.000-jährigen Geschichte des homo sapiens – also quasi „schon immer“ – seinen Unterdrückern mit dem Genöle in den Ohren gelegen hat, sie seien lieblose, unproduktive und stinkfaule Despoten, weil sie ihm noch nichts erfunden haben, womit es sein Monatsblut daran hindern könnte, auf den gefliesten Boden zu tropfen? Und daß sie gefälligst auch selbst einmal zu Schrubber und Putzlappen greifen könnten? Wer hat eigentlich den Schrubber und den Putzlappen erfunden? Und für wen? Aber lassen „wir“ das. Das sind sehr unzeitgemäße Fragen, weil Frauen Karriere im Beruf machen sollen, obwohl sie so heftig bluten müssen – und obwohl dieses Problem noch immer nicht zu ihrer vollsten Zufriedenheit gelöst worden ist. Von ihren Unterdrückern. Von wem auch sonst?

Jedenfalls: Vergessen Sie Corona, Impfung, Notstandsgesetze, Grundrechtsentzug und CO2-Steuer samt „Klimalockdown“ wenigstens am „Internationalen Tag der Menstruation“. Einmal im Jahr könnten Sie schließlich an das ganze Blut denken, das Frauen allmonatlich vergießen, um unterdrückt zu sein.

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